Im Zürcher Schiffbau bringt Barbara Frey „Yvonne, die Burgunderprinzessin“ von Witold Gombrowicz in rein männlicher Besetzung auf die Bühne.
Prinz Philipp, der verwöhnte Thronfolger eines fiktiven Königreichs Burgund, verlobt sich aus einer Laune heraus mit Yvonne, einem abstossend hässlichen Mädchen aus dem Volk. Der Hof ist schockiert, zeigt sich aber, um einen Skandal zu vermeiden, vorerst mit der Wahl des Prinzen einverstanden. Doch das apathische Verhalten der zudem meist stummen Yvonne wird vom König, der Königin und dem ganzen Hofstaat als peinliche Provokation empfunden. Der Schein der Würde, der Majestät und Überlegenheit muss gewahrt werden, die bestehenden Konventionen müssen erhalten bleiben. Nur ein „Mord von oben“ kann den Hof von der unerwünschten Person befreien. Anlässlich eines festlichen Banketts zu Ehren der „Burgunderprinzessin“ wird ein grätenreicher Fisch serviert. Wie geplant und erhofft verschluckt sich Yvonne an einer Gräte und erstickt. Die alte Ordnung ist wieder hergestellt.
Geschrieben hat Witold Gombrowicz das Königsdrama, das seine shakespeareschen Züge nicht verleugnet, 1935. Erfolgreich uraufgeführt wurde es erst 22 Jahre später, 1957 in Krakau. Das Stück wird dem absurden Theater zugeordnet. Eine höfische Gesellschaft wird blossgestellt. Sie bedient sich eines Schwächeren, um über die eigenen Unzulänglichkeiten hinwegzutäuschen. Es darf nicht sein, was keinen Nutzen bringt. Ob höfisch oder nicht. Gombrowicz schafft es, mit dem absurden Spiel der Überdrehung tiefe Verunsicherung herzustellen.
Doppelbödiges Stück
Und überdreht agiert wird gehörig in der Inszenierung in der Schiffbauhalle des Zürcher Schauspielhauses. Gespielt wird in einer rein männlichen Besetzung, was die Aufführung vieldeutig macht. Der Hausherrin und Regisseurin Barbara Frey gelingt es vortrefflich, mit einem fabelhaft aufspielenden Ensemble die ganze Hohlheit und Aufgeblasenheit dieser dekadenten Gesellschaft satirisch sichtbar zu machen. Gezeigt wird ein doppelbödiges Stück, das weder Komödie noch Tragödie ist und das in geradezu bösartiger Direktheit die Masken von den Gesichtern reisst. Das Premierenpublikum war begeistert und bedankte sich mit lang anhaltendem Applaus.
Hohl und aufgeblasen: der Hofstaat mit König, Königin, Prinz, Diener und Hofdamen.
Mit Ausnahme von Philipp besteht der Hofstaat aus lauter aufgeputzten Marionetten, die einander ständig nachäffen. Sicht- und erlebbar gemacht wird eine groteske Hofwelt, die an Hohlheit und Dummheit nicht zu übertreffen ist. Als Kontrapunkt steht Yvonne, die mit ihrer Passivität und Apathie zur Provokation wird. Weil sie nicht mitspielt, müssen die anderen sich aufspielen. Und sie tun das mit gehöriger Slapstick, mit viel Dramatik und begleitet von operettenhaften Klängen. Immer wieder gibt es Gelächter, die gemein und hämisch sind. Der König entsinnt sich seines Mordes an einer ehemaligen Geliebten, die Königin spottet über ihre eigenen Gedichte, die, so entdeckt sie, Yvonne gleichen. Immer absurdere Verdächtigungen kommen auf. Alle, der König, der Kammerdiener, die Königin, der Prinz versuchen jeder auf eigene Faust, Yvonne zu töten.
Vorzügliche Rollenporträts
Gespielt wird in einer kargen halbrunden Arena mit mehreren stoffverhangenen Eingängen. Da ist nicht viel von höfischer Atmosphäre zu spüren, die Bühne erinnert eher an eine altertümliche Kampfarena (Bühnenbild: Bettina Meyer). Geboten werden vorzügliche skurrile Rollenporträts: Gottfried Breitfuss spielt die hässliche Yvonne in weissem Unterrock und mit blonder Perücke erschütternd echt und komisch zugleich, Michael Maertens gibt einen glaubhaft gelangweilten und lautstark schwadronierenden Prinzen Philipp, Markus Scheumann eine dämonisch-zänkische Königin mit hoch aufgesteckter weisser Perücke und Rainer Bock einen jämmerlichen und rechthaberischen König. Auch die übrigen Mitwirkenden halten die geforderte Stimmung souverän durch.
Yvonne (Gottfried Breitfuss) beim Todesmahl, argwönisch beobachtet vom Hofstaat. (Bilder: Matthias Horn)
Weiter Spieldaten: 13., 14., 19., 22., 23. Januar, 3., 4., 11., 13., 23., 25., 26., 28. Februar, je 20 Uhr.