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Mit Begeisterung Stadtgärtner

„Stadtgärtnerei“ bedeutet leuchtende Blumenrabatte in der Stadt und hängende Blütenpracht an der Kapellbrücke. Thomas Schmid, Leiter der Stadtgärtnerei Luzern, erzählt Seniorweb von seiner vielfältigen Tätigkeit.

Judith Stamm: Herr Schmid, seit 2001 leiten Sie die Stadtgärtnerei Luzern. Was haben Sie für einen Hintergrund?

Thomas Schmid: Ich bin gelernter Gärtner und habe mich vielfach in meinem Beruf bis zum Gärtnermeister aber auch berufsübergreifend weitergebildet. 2012 – 2014 machte ich noch einen MBA an der Hochschule Luzern und erhielt eine Auszeichnung für Leistungs- und Sozialkompetenz. Dass ich seinerzeit, mit 32 Jahren die Stadtgärtnerei übernehmen konnte, war für mich ein berufliches Highlight. Und die Begeisterung für meine Aufgabe hält immer noch an.

Ich bin verheiratet und habe drei Töchter im Alter von 14, 16 und 18 Jahren. Meine Frau, ich gestehe es, bekommt von mir trotz bestem Einvernehmen ganz selten Blumen geschenkt!

Judith Stamm und Thomas Schmid beim Rundgang durch das Blumen-Treibhaus.

Ihre Mitarbeitenden sind überall anzutreffen: im Friedhof, auf den Kinderspielplätzen, hoch auf den Bäumen, auf den Fussballplätzen, aber auch in der Stadt in Blumenrabatten kniend.

Ja, man könnte fast sagen, überall, wo es in der Stadt blüht und grünt, sind die Stadtgärtner mit grosser Kompetenz und viel Einsatzfreude am Werk! Apropos Mitarbeitende: Jedes Jahr treten 6 Lernende in unseren Betrieb ein. Berufsnachwuchs auszubilden und unser Wissen für die Branche zur Verfügung stellen, ist uns sehr wichtig. Auch Menschen ein Arbeitsumfeld zu bieten, welche allenfalls eher geringere Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben, scheint uns zentral. Hier arbeiten wir in verschiedenen Projekten zusammen mit verschiedenen Institutionen.

«Wir arbeiten naturnah und nachhaltig»

Ich habe gehört, dass es auch für einen Gärtnereibetrieb den Unterschied zwischen „bio“ und „konventionell“ gibt.

Daniela Felber bedient die computerunterstützte Bewässerung.

Das ist in der Tat so. Die Stadtgärtnerei ist zwar kein biozertifizierter Betrieb. Aber wir arbeiten naturnah und nachhaltig. So wird bei uns fast kein Torf verwendet. Und die Schädlinge bekämpfen wir mit Nützlingen (lebende Organismen, die andere Organismen auffressen). Unser Wasserkreislauf ist geschlossen. Wir fangen das Regenwasser in einem Tank auf, bereiten es auf und leiten es unseren Pflanzen wieder zu. Natürlich nicht mit Giesskännchen. Sondern computerunterstützt können wir innert weniger Minuten über 40`000 Pflanzen bewässern und erst noch die angemessene Menge an Düngemittel beigeben.

Ihre Beete sind voll von Pflanzen in allen Stadien, von den Knospen bis zu offenen Blüten. Gedeihen die alle in einem „Einheitsklima“?

 

 

Geranien bereit für dje hängende Blütenpracht an der Kapellbrücke.

Unser Treibhaus ist so konzipiert, dass wir es mit Zwischenwänden in einzelne kleinere Treibhäuser unterteilen können. So können die Pflanzen im geeigneten Klima wachsen, bis sie robust genug sind, nach draussen verpflanzt zu werden. Unser Leiter der Produktionsgärtnerei, Christoph Schoch, ist ein sehr erfahrener Mann, der mit den Wachstumsbedingungen für alle Pflanzen bestens vertraut ist.

Die Stadtgärtnerei pflegt ja auch unsere Bäume. Hin und wieder müssen Sie auch Bäume fällen. Aber letztes Jahr schenkte Ihnen „JardinSuisseZentralschweiz“ zum eigenen hundertjährigen Jubiläum 45 Jungbäume.

Ja, einen Baum fällen wir immer erst nach einem ganz gründlichen Abwägen. Nicht jeder Baum, der jemanden „stört“, wird einfach gefällt. Wir mussten aber im letzten Winter einen Urmammutbaum an der Kreuzbuchstrasse fällen, der erst 80 Jahre alt war. Durch sein Wurzelwachstum verursachte er immer wieder Schäden an einer Mauer. Schliesslich war es mit dem Flicken der Mauer nicht mehr getan. In so einem Wurzelwachstum steckt eine ungeheure Kraft. Es hat uns weh getan, ihn zu fällen, aber es musste sein.

Die geschenkten Jungbäume hegen und pflegen wir jetzt in der eigenen Baumschule. In 3 – 5 Jahren sind sie dann stark genug und werden in der Stadt eingepflanzt. Es hat auch Obstbäume darunter. Die wachsen dann weiter beim Richard Wagner-Museum, beim Utenberg und an der Museggmauer. Die Früchte gehören der Öffentlichkeit.

Und wie steht es bei uns mit den „Neophyten“? In einer Sonntagszeitung habe ich gelesen, dass in Zürich Stadtrat Filippo Leutenegger diesen Eindringlingen den Kampf angesagt hat.

Zuerst muss man immer wieder daran denken, dass diese Pflanzen früher verkauft wurden. Gerade die „Goldrute“ wurde als Bienenpflanze angepriesen. Erst mit der Zeit hat man die negativen Eigenschaften und vor allem den Verdrängungsmechanismus entdeckt. Auch in Luzern dämmen wir diese Pflanzen zurück. Wir können aber nur auf den städtischen Grundstücken direkt Einfluss nehmen. Gegenüber Privaten ist viel Aufklärungsarbeit nötig, welche verschiedene Institutionen wahrnehmen.

«Der Löwe ist unser besonderes Sorgenkind»

Sie haben ja nicht nur mit Pflanzen zu tun, sondern auch mit Tieren: mit Schafen, mit Fledermäusen, mit kleinen grünen Raupen, und, wer würde das glauben, sogar mit einem ausgewachsenen Löwen!

Ja, der Löwe ist unser besonderes Sorgenkind! Er muss immer wieder von Taubenkot und anderem Schmutz gereinigt und auf Abnützungserscheinungen untersucht werden! 1821 wurde er in Sandstein gehauen, das ist nicht gerade die härteste Gesteinsart. Aber wir scheuen keine Mühe für unseren Löwen, verfügen sogar über ein entsprechendes Budget. Denn, was wäre Luzern ohne seinen Löwen, ohne sein Löwendenkmal.

Und dem Vernehmen nach weiden im Friedhof Friedental Schafe?

Ja, das ist so. Ein Schäfer lässt jeweils für drei bis vier Wochen auf Wiesenflächen im Friedhof Friedental seine Schafe weiden. Und im sogenannten „alten Friedhof“ haben unsere Baumpfleger der Fledermausbeauftragten geholfen, auf den Bäumen neue Fledermauskästen anzubringen. Was die kleine grüne Raupe anbelangt, den Buchsbaumzünsler, den werden wir nicht los. Den können wir nur immer wieder mit biologischen Mitteln bekämpfen.

A propos Friedhof: Sie waren auch beteiligt an den Verhandlungen, die zur Schaffung eines Grabfeldes für Muslime und Musliminnen im Friedental geführt haben?

Ja, das war die Frucht von langen und langwierigen Verhandlungen. Da waren die Vereinigung islamischer Organisationen im Kanton Luzern (VIOKL) dabei, die Stadtverwaltung mit verschiedenen Ressorts, Gemeinden rund um Luzern, die sich beteiligten, und natürlich auch die Landeskirchen. Ich bin stolz, dass heute Muslime und Musliminnen in Luzern ihr eigenes Grabfeld haben. Nicht verschweigen will ich, dass es zeitweise zu einer wüsten Mailkampagne kam von seiten Unbelehrbarer, die dem Anliegen gegenüber negativ eingestellt waren. Aber eine wichtige Rolle spielte auch, dass der Stadtrat von Luzern diesem Wunsch gegenüber von Anfang an offen war. Wir haben heute in Luzern für alle grossen Religionsgemeinschaften ein ihnen gemässes Bestattungsangebot.

«Die Proteste haben Wirkung gezeigt»

Ein Aufschrei ging durch die Bevölkerung, als es hiess, auch Kinderspielplätze sollten ins städtische Sparpaket eingebunden werden. Das hätten Sie doch sicher nicht übers Herz gebracht, an der Instandhaltung und Betreuung der Spielgründe für unsere Jugend zu sparen?

Da kann ich nur sagen: Ende gut, alles gut. Die Proteste haben Wirkung gezeigt. Das Stadtparlament hat uns den entsprechenden Kredit sogar auf zehn Jahre hinaus aufgestockt. Darüber sind wir sehr froh. Bei den Kindern zu sparen ist wirklich am falschen Ort gespart.

Blick ins Treibhaus der Stadtgärtnerei Luzern mit seinen rund 40 000 Pflanzen.

Wie gehen Sie und Ihre Mitarbeitenden grundsätzlich mit dem Spardruck um? „Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht“ heisst ja ein Sprichwort.

Das stimmt genau. Bei uns fällt die Arbeit an, wenn sie anfällt. Die Natur richtet sich nicht nach unseren Budgetvorgaben. Allerdings konnten im Laufe der Jahre durch technische Verbesserungen Einsparungen erzielt werden. Ständig werden auch unsere Abläufe optimiert.

Aber wir müssen uns immer bewusst sein, dass wir unsere Infrastruktur für die Nachwelt intakt erhalten wollen. Unsere Parks, unsere Alleen, unsere Grünflächen sollen gut gepflegt und betreut werden. Was ich bei den Kindern sagte, trifft auch auf den Erhalt von Pflanzen, Sträuchern und Bäumen zu. Die Menschen sind nun mal nicht die Herren sondern die Diener der Natur!

Und nun die letzte Frage: wie gut sind Ihre Beziehungen zu Petrus?

Zum Glück haben wir gar keine Beziehungen zu Petrus! Ich kann mir den Verhandlungsmarathon lebhaft vorstellen, den es gäbe bei der jährlichen Festlegung des Wetters für Luzern! Auch das Wetter, das sich nicht immer unseren Wünschen anpasst, lehrt uns eine gewisse Bescheidenheit gegenüber der Natur!

Herr Schmid, ich danke Ihnen für das Gespräch!

Bilder: Josef Ritler

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