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Wenn einer eine Reise tut

70 Kulturreisen hat Paul Huggel geplant und durchgeführt. Seine letzte führte im Juni „Vom Rhein zur Nordsee“. Sie wird im September wiederholt.

„Wenn einer eine Reise tut, so kann er was erzählen“, schrieb Mathias Claudius im Jahr 1786. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Paul Huggel erzählt begeistert. Er organisiert und leitet Reisen, weil er seine Erlebnisse mit Freunden teilen will. Der Erfolg hat ihn angespornt, für eine regelmässig wiederkehrende Gästeschar immer neue Reiseziele zu planen. 25 verschiedene Reisegebiete waren das in 17 Jahren, insgesamt 70 Reisen hat er durchgeführt.

Paul Huggel ist dauernd unterwegs. Privat reist er mit der Bahn und auf Kulturreisen mit dem Bus. Rekognosziert er mal nicht gerade für eine Reise, so erkundet er eine Stadt oder organisiert einen Anlass für die SAC -Senioren. Heute empfängt er mich in seinem üppig blühenden Garten, den er liebevoll pflegt, und lässt sich ausfragen.

Die Holländer sind ein Volk auf Rädern. Velopark in Amsterdam.

Brigitte Poltera: Hans Manz hat 1969 die Geschichte von Konrad geschrieben, ein Bilderbuch über einen Jungen, der sich von Geburt an nur auf Rädern wohlfühlte. Kannst du dich mit diesem Jungen identifizieren?

Paul Huggel: Eigentlich nicht. Ich neige eher zu „nur wo du zu Fuss warst, warst du wirklich!“ Die Reise zum Ziel ist allerdings auch wichtig. So bin ich eh und je viel gereist und gewandert.

Wann hat dich die Reiselust gepackt? Ist sie mit deinem Beruf verknüpft?

Ich war während 23 Jahren Lehrer an der Berufsschule Horgen und habe mit den Lehrlingen Exkursionen und mehrtägige Abschlussreisen durchgeführt. Durch diese Reisen ist auch eine freundschaftliche Beziehung zum Carunternehmen Bührer gewachsen.

Reiseleiter Paul und Ruth Huggel mit Willy Sigrist-Bührer, Chauffeur und Unternehmer (v.l.)

Seit 1998 organisierst du Kulturreisen für die Region Zimmerberg. 70 Reisen sind es insgesamt, die du geplant und zusammen mit Bührer durchgeführt hast. Nach welchen Grundsätzen hast du Reiseziele und Routen gewählt?

Ich bin viel in Europa herumgereist. Sehr oft dachte ich dabei, es wäre eine schöne Aufgabe, diese Länder oder Städte weiteren Gästen zu zeigen und sie zu begeistern. So entstand die Idee für die Kulturreisen.

Gleich in der Woche nach meiner Pensionierung führte ich mit meiner Frau Ruth zusammen die erste Kultureise ins Burgund durch. Ich brauchte nicht lange zu rekognoszieren. Ich kannte das Burgund gut. Diese Reise führten wir dreimal durch. Der Erfolg bewog mich, weiterzumachen. Die nächste Reise führte in die Bretagne. Wir wiederholten sie viermal.

Nach Piemont und Côte d’Azur, Sizilien und Flandern boten wir eine Reise ins Harzgebirge an. Die Reaktion auf den Harz war verhalten. Wir haben erfahren, dass „klingende“ Ziele besser ankommen. Die Reise nach Sizilien haben wir in leicht abgeänderter Form insgesamt sieben Mal durchgeführt.

Das Internet hat die Planung erleichtert, das Natel die Kontakte zwischen Reiseleitung, Reisegruppe und Chauffeur während der Reise enorm vereinfacht.

Welche Vorbereitungen braucht so eine Reise?

Wenn man eine Reise wirklich seriös und vertieft vorbereiten will, dauert die Rekognoszierung mindestens ebenso lange wie die Reise selbst. Der Aufwand ist sehr gross. Mehrere Reisen ans gleiche Ziel sind anzustreben. Meine Frau Ruth und ich haben alle Ziele im Voraus privat bereist.

Habe ich mich in ein zu anspruchsvolles Ziel verrannt, dann hat mich Ruth auf den Boden der Realität zurückgeholt und sich für praktikablere Angebote und für die schwächeren Reiseteilnehmer eingesetzt.

Du bist durch ganz Europa gereist: Italien, Frankreich, Spanien, Deutschland, Dalmatien, Polen, Österreich, Griechenland, die Fjorde in Norwegen, Ostsee mit Petersburg. Gab es eine Lieblingsreise?

Im Hafen von Amsterdam

Alle Reisen hatten ihre eigenen Reiz und Charme. Etwas Besonderes waren die drei Reisen nach Griechenland, weil unsere in Griechenland lebende Tochter uns während vier Tagen begleitet hat.

Wir waren 2011 dabei und haben durch Barbara Einblick in ein Stück griechischen Alltag erhalten. Davon zehren wir heute noch. Wie  sonst könnte eine Gruppe von 40 Leuten einen Kontakt zur einheimischen Bevölkerung schaffen?

Die einheimische Bevölkerung meidet grosse Gruppen, ausser in Notfällen, da kann man auf sie zählen. Der Reiseleitung muss informieren. In Frankreich werden Reiseleiter und Chauffeur als Personal behandelt und an separaten Tischen bedient.

Wieso hast du die Rheinfahrt nach Holland und das Deltaprojekt als Ziel deiner letzten Reise gewählt?

Der Mittelrhein und die Lorelei fehlten noch in meinem Angebot. Holland habe ich auf einer Veloreise entdeckt. Statt der klassischen Touristenziele wählte ich für die letzte Reise das Thema „Holland im Kampf mit dem Meer“ mit Geschichte und Besichtigung von Dämmen und Poldern.

Philipsdam-Schleusen mit Kammern zur Trennung von Süss- und Salzwasser, ein Teil des Deltawerkes, das die Interessen des Umweltschutzes und der Wasserwirtschaft berücksichtigt und das heute als modernes Weltwunder bezeichnet wird.

Erinnerst du dich an schwierige Situationen?

Der Benzinstreik in Frankreich. Wir fuhren mit vollem Tank über die Grenze und bezweifelten, dass die Streikenden acht Tage lang durchhalten würden. Wir täuschten uns. Bevor wir auf dem Trockenen sassen, ging Willy, unser Chauffeur, überall auf Treibstoffsuche, derweil wir irgendwo unsere Mahlzeiten mit Picknicks improvisierten. Ein polnischer Chauffeur gab uns 20 Liter Diesel, der für 80 km reichte. Der Pole füllte seinen Tank mit Heizöl (was an und für sich verboten ist).

Belastend sind Krankheiten und Unfälle der Gäste. Vor schweren Unfällen blieben wir glücklicherweise verschont. Mühsam war, dass ich am zweiten Tag einer Frankreichreise auf einem harmlosen Weg auf Rollkies den Fuss brach, in Clermont-Ferrand operiert werden und heimkehren musste.

Rathaus von Middelburg

Zu deinen Kunden zählt eine treue Gästeschar aus der Region Linkes Seeufer. Du hast immer wieder betont, dass du Kulturreisen und keine Seniorenreisen organisierst. Worin unterscheidet sich die Kulturreise von der Seniorenreise?

Kulturreisen sind aktive Reisen, sie dienen der Wissenserweiterung und setzen Interesse und eine aktive Beteiligung voraus. Seniorenreisen widmen sich mehrheitlich dem Entspannen, dem Geniessen von Freizeit, dem Busfahren und dem schönen Essen.

Zu deiner letzten Reise „Vom Rhein zur Nordsee“ kamen 40 Leute, der Reise wegen und auch um sich bei dir für deine langjährige Arbeit zu bedanken. Du wirst sie im September wiederholen, denn es haben sich nochmals 40 Interessenten angemeldet. Was macht deinen Erfolg aus?

Das fragst du am besten meine Gäste.

Sie loben die familiäre, freundschaftliche Atmosphäre, deine sehr gute Vorbereitung, die Informationen über Land und Leute, das Essen und die Hotels. Auch alleinstehende Frauen geniessen die Gesellschaft. Welches sind deine besten Erfahrungen? Von welchen Erinnerungen wirst du zehren?

Dank dieser Reisen habe ich ganz Europa intensiv kennen gelernt. Ich konnte meine Begeisterung an andere Menschen weitergeben.

Westkapelle, Blick vom Dünenweg auf die Nordsee

Welche Ratschläge gibst du einem künftigen Reiseleiter mit auf den Weg?

Persönliche Begeisterung für ein Reiseziel, gute Vorbereitung, ein vertrauenswürdiger Busfahrer, Geduld mit den Gästen und eine hilfsbereite, gute Seele im Hintergrund (wie meine Frau Ruth).

Wirst du nun sesshafter? Welche Hobbies wirst du weiter pflegen?

Ich fühle mich auch zu Hause wohl. Ich werde auf eine andere Art weiter reisen.

Bilder:
Bild 2 mit Reiseleitung: Marianne Reiner
übrige Bilder Franz Poltera

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