StartseiteMagazinKolumnenHier die Guten, dort die Bösen

Hier die Guten, dort die Bösen

Alte Deutungsmuster: Was hat die Terrororganisation IS mit dem manichäischen Weltbild zu tun?

In «The European», einem Meinungs- und Debattenmagazin, war nach den Terroranschlägen am 13. November in Paris zu lesen: «Mit der Typisierung des IS als Terrororganisation wird der Konflikt moralisch aufgeladen. Hier die Guten, dort die Bösen. Diesem manichäischen Weltbild ist der Westen schon seit Jahrhunderten verhaftet. Man fällt in alte Deutungsmuster zurück».

Die Frage ist: Wie kann man diesen jungen, vermummten Gestalten, die der IS vor allem in Europa für sich gewinnen konnte, das manichäische Weltbild vermitteln? Die sind doch alle kriminalisiert ausgebildet, sagt man; interessieren sich für die Kriegskasse und für Waffen, aber wenig oder gleich gar nicht für Religion und Religionsphilosophie.

Beispiel Manichäismus

Das war einst eine von Persien und Indien aus weit verbreitete Weltreligion, die von Mani gegründet wurde. Der kam im Jahr 216 n. Chr. zur Welt und starb im Alter von 57 Jahren im Iran. Auf Grund einer Berufung in göttlicher Gestalt vertrat Mani die Vorstellung von der Wiederkehr des «wahren Propheten», der «Lichtgestalt». Der habe sich, lehrte Mani, nicht in verschiedenen Gestalten verkörpert, sondern in Zarathustra, Buddha und Jesus. Vermutlich hat sich Mani als die letzte irdische Erscheinung der Lichtgestalt verstanden. Er war überzeugt, die Botschaften all jener Religionsstifter zusammenfassen zu können, um sie zu überhöhen.

Auf seinen Reisen bis Indien und China traf er mit den verschiedensten Religionen des Ostens zusammen. Seine Grundgedanken waren: Die zwei sich gegenüberstehenden Elemente «Licht und Finsternis». Dieser dualistische Ausgangspunkt ins Menschenbild übertragen lautet dann vereinfacht: Hier die Guten / Dort die Bösen.

Der nach ihm benannte Manichäismus sah die Welt als das Erzeugnis eines bösen Gottes an, aus dessen Zwängen der Mensch nur durch schroffste Askese in die Lichtgestalt des guten Gottes aufsteigt. Darum gilt es, die Sinnlichkeit auszurotten. Vor allem war der Geschlechtsverkehr verpönt, denn – so die Begründung – die Menschheit soll nicht fortgepflanzt werden, weil dadurch immer nur neues Elend entsteht. Entschieden nahm man Partei für die Verstossenen, Verworfenen und Geächteten, auch für die biblischen Gestalten: Kain, Esau, Hagar oder Judas. Die Begründung: Sie dienen (so die «reine Lehre») in Wahrheit als Werkzeuge einem höheren Prinzip.

Manis Anhänger erkannten in ihnen Geist von ihrem Geist. Denn schon bald, bedingt durch die „Ketzergesetze“ der römischen Kaiser, war man gezwungen, «unterirdisch» zu überleben. Mani, der als Ketzer verlästerte Mensch, stellte sich auf die Seite der ehedem Verketzerten, Verstossenen und Verachteten. – Mit dem gemeinsam empfundenen Schicksal drückte der Religionsstifter seine Solidarität aus.

Zur späteren Lehre des Mani zählt das typisch gnostische Weltbild von Licht und Finsternis, die sich dauernd kämpfend gegenüberstehen. Daraus leitete man ab, dass ein Schisma besteht zwischen Finsternis (=Hölle) und Licht (=Paradies). Entsprechend diesem Weltbild gibt es für das Menschenbild ein schlichtes Deutungsmuster: Für die bösen Ungläubigen die Hölle und für die guten Gläubigen das Paradies. So lässt sich jedes vernünftige Argument nach wie vor aus dem Weg räumen. Der Ungläubige hat keine Chance, gehört zu werden. Denn als Ungläubiger ist er nicht erhörungswürdig und somit auch nicht entscheidungsfähig.

Übrigens: Die kirchliche Polemik richtete sich im 3. Jahrhundert gegen die neue Weltreligion aus dem Osten. Man warf Mani vor, sein jenseitsbezogenes Denken führe direkt zur Weltverachtung. Man stemmte sich gegen die damals gängige Parole des Manichäismus «Die Weltmächte sind zu verachten». Auch lehnte man deren hierarchische Organisation entschieden ab; regte sich über deren strenge Ethik auf und kritisierte die Lehre von einem ‚finsteren Weltgehäuse‘, in dem die Eingeschlossenen keinen Ausweg finden.

Gegenwärtig

Am 2. Mai 2011 schrieb die Sozialpädagogin Gabi Schmidt in einem «Offenen Brief» – im Internet nachzulesen: «Mit seinem manichäischen Schwarz-Weiss-Denken, den einfachen Erklärungsmustern, klaren Regeln, simplen Lösungen … durch die scheinbare Aufwertung des verletzten Egos bieten salafistische Netzwerke jungen Leuten, die nach Orientierung, nach Rechtleitung und Anerkennung suchen, einen aus Sicht der Angeworbenen plausiblen Ausweg aus ihrer Misere an. Jetzt gehört man zu Allahs auserwähltem Volk und steht als Rechtgläubiger endlich auf der Seite der Gewinner».

Sonst hin: Für den ideologischen Nihilismus des islamischen Staates ist schon das Leben selbst eine einzige Provokation.

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