Schüler und Lehrlinge übernehmen Arbeiten in Haus und Garten, Botengänge, PC- oder Smartphone-Support, motiviert und zuverlässig, mit korrekt geregeltem Arbeitsverhältnis.
„Ich muss noch den Garagenplatz frei räumen“, erklärt meine 92-jährige Kollegin im Fitnesszentrum. Über Nacht ist Schnee gefallen. Darum ist sie heute mit dem Rollator unterwegs, sicherheitshalber. „Schnee schippen? Aber doch nicht Sie?“, frage ich. „Doch“, sagt sie, aufmüpfig, und dann resignierter: „Es ist schwierig, Hilfe zu finden, und organisatorisch aufwändig, jemanden anzustellen.“
Dabei suchen hunderte von Schülern und Lehrlingen eine Arbeit, einen kleinen Job, um etwas Sackgeld zu verdienen. Man müsste die Anbieter und Nutzer zusammenbringen.
Marktlücke Jugend-Jobbörse
Jugendarbeiter Rafael Freuler hat die Marktlücke erkannt und mit seinem Team in Winterthur eine Jugend-Jobbörse aufgebaut. Die Börse wurde in den bestehenden Jugendinfo-App integriert. Damit werden Jobs zwischen Jung und Alt vermittelt.
Die Jobbörse fördert den Dialog zwischen den Generationen, den Zusammenhalt im Quartier und die berufliche Integration der Jugendlichen. Da die Jugend-Jobbörse in Winterthur als Generationenprojekt läuft, werben die Jugendarbeiter vor allem bei Seniorenorganisationen. Die Werbung ist sehr wichtig.
Für das Projekt Sackgeldjobs hat die Jugendinfo Winterthur im Jahr 2015 einen Preis des Migros-Kulturprozent für Ostschweizer Generationenprojekte erhalten.
Einfachere Anstellungsbedingungen für Sackgeldjobs
Letztes Jahr hat der Bund die Anstellungsbedingungen leicht angepasst: Sackgeldjobs müssen nicht mehr der SVA gemeldet werden, sofern der Jugendliche nicht über 25 Jahre alt ist und der Lohn CHF 750 im Jahr nicht übersteigt. Diese Gesetzesänderungen erleichtern die Vermittlung von Sackgeldjobs, bestätigt Rafael Freuler von der Jugendinfo Jobbörse Winterthur.
Was sind Sackgeldjobs?
Der Inhalt des Arbeitsangebotes ist offen und umfasst alles, was ein Jugendlicher leisten kann, wie Schnee räumen, Garten pflegen, Pflanzen giessen, Tiere füttern, Einkaufen, Kinder hüten, bei den Aufgaben helfen. Begehrt sind bei Seniorinnen und Senioren der Support beim Computer oder beim Smartphone, wie Rafael Freuler erstaunt feststellt. Möglich sind auch wiederkehrende Arbeiten. Es gibt Erwachsene, die einen Jugendlichen für ihre betagten Eltern anstellen.
Wer kann einen Sackgeldjob ausüben?
Vermittelt werden Jugendliche von 13 bis 18 Jahren, Lehrlinge und Schüler. In Winterthur werden nur Jugendliche vermittelt, welche die Jugendarbeiter kennen. Die Jugendarbeiter führen mit jedem Arbeitswilligen ein persönliches Gespräch. Die Jugendlichen brauchen eine schriftliche Einwilligung der Eltern. Zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber wird für jeden Job ein Arbeitsvertrag abgeschlossen und von beiden Partnern unterschrieben.
In Winterthur sind rund 90 Jugendliche angemeldet, die sich für einen Job bewerben. Etwa 60 bis 70 sind sofort vermittelbar, d. h. mit ihnen wurden Gespräche geführt und es liegt das Einverständnis der Eltern vor. Sie können sich via ein App über die Stellenangebote informieren.
Zu Jugendinfo Winterthur gehören sieben Jugendhäuser in Quartieren der Stadt. Das Projekt läuft seit Oktober 2015. Bis heute wurden nur positive Erfahrungen gemacht. Die Jugendlichen arbeiten motiviert und zuverlässig.
Wie kommt man zu einem Helfer oder einer Helferin?
Interessenten melden sich über eine Telefonnummer oder über das App der Jugendinfo Winterthur. Wer eine Arbeit anbieten kann, ist hochwillkommen. Es gibt heute mehr Arbeitssuchende als Stellenanbieter. Zur Zeit werden pro Woche 4 bis 5 neue Jobs vermittelt.
Wie viel kostet die Hilfe?
In Winterthur wird ein Stundenlohn nach Alter des Jugendlichen empfohlen, d. h. 13 Franken für einen 13-Jährigen oder 17 Franken für einen 17-Jährigen. Der Arbeitgeber bezahlt den Jugendlichen direkt. Für die Vermittlung fallen keine Spesen an. Die Infrastruktur bezahlt die Stadt. Bei Unfällen ist der Jugendliche durch seine private Unfallversicherung versichert.
Angebote in vielen Gemeinden und Regionen
Börsen für Sackgeldjobs werden heute in vielen Gemeinden und Regionen angeboten. Träger sind meistens Jugendorganisationen. Es gibt keinen eigentlichen Dachverband.
Einige Organisationen stellen den Jugendlichen den Zutritt zu einer Homepage und die Nutzung der Infrastruktur gratis zur Verfügung, damit sie in ihren Gemeinden oder Regionen eine Jugendjob-Börse aufbauen können (wie jobs4teens.ch, sackgeldbörse.ch). Jugendinfo Winterthur arbeitet zusammen mit jobs4teens, einem Angebot der Pro Juventute des Kantons Bern.
Jugend-Jobbörse Jugendinfo Winterthur
Bild aus jobs4teens.ch