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Als ob wir zu den Siegern gehörten…

Friedfertig war die Welt noch nie, schon eher ein Pulverfass. Und alsogleich haben die Scharfmacher und Heilsverkünder wieder Hochkonjunktur und weisen uns den Weg.

Wissen Sie noch, für wen Sie im Nahen Osten Partei ergreifen wollen? Wie die Syrien-Tragödie zu beenden wäre? Wie wir das Flüchtlingsdrama menschlich lösen könnten? Ob der nächste Präsident der USA eine Frau sein soll oder wie wir uns in Sachen Zuwanderung gegenüber der EU verhalten wollen-sollen-können? Wenn Sie den Kopf schütteln, sind Sie nicht alleine. Die Probleme sind dem gordischen Knoten gleich fast unlösbar geworden, überfordern uns gewaltig und Argumente dafür und dawider zeigen diametral unterschiedliche Ansätze.

Und immer dann, wenn die Sackgasse droht und niemand mehr an einen Konsens glaubt, treten sie auf, die Scharfmacher und Heilsverkünder aus Ost und West. Wir erfahren dann, dass ein Land ums andere die Grenzen vor den Flüchtlingsströmen schliessen will, dass nur noch Zäune und Mauern das eigene Volk vor der Unzumutbarkeit von Verzweifelten schützen können. Schon brennt ein Asylheim in Sachsen – und ein Mob von geifernden Hassspuckern klatscht frenetisch auf offener Strasse.

„Wehret den Anfängen!“ ist längst zur hohlen Phrase verkommen, denn am Anfang waren es immer sog. unbescholtene Bürger, die nur ihre Meinung sagen oder sich für ihre Rechte einsetzen wollten. Die das Land vor Fremdbestimmung schützen und die eigene Kultur verteidigen wollten. „Ihr müsst nur mich wählen“, hiess es dann, „und ihr werdet mit mir und unserer Partei die Sonne aufgehen sehen, die niemals untergeht.“

Ja, die wohlfeilen Rezepte, die einfachen Schlagworte haben immer dann Hochkonjunktur, wenn der mit Anstand und Fairness angestrebte Kompromiss zu mühsam erscheint und nicht subito realisiert werden kann. Auch hierzulande lachen sich viele ins Fäustchen, wenn die EU Auflösungstendenzen zeigt, wenn Angela Merkel sich allein auf weiter Flur gegen die Kontingentierung von Flüchtlingsobergrenzen zu Wehr setzt. Wir erhoffen uns, dass Grossbritannien der EU Konzessionen abtrotzt, damit wir dann Brüssel auch zeigen können, „wo de Bartli de Moscht holt.“ Überheblichkeit kann aber auch ins Auge gehen.

Der Vorwahlkampf in den USA bestätigt uns, dass ein Clown mit dicker Brieftasche ungestraft den grössten Schwachsinn verzapfen und die Auferstehung der „heilen Weltmacht Amerika“ hochjubeln kann, ohne dass die kreischenden Fähnchenschwinger auch nur einen Gedanken an die Substanz der Propaganda verlieren wollen.

Und jetzt lesen wir vom „legislativen“ Wettrüsten auch der skandinavischen Länder gegen die Asylflut. Auch die Spirale der „militärischen“ Auf- und Nachrüstung zwischen Russland und Amerika und im Nahen Osten scheint wieder beängstigende Ausmasse anzunehmen. Und auch unsere Rüstungsindustrie ist erfinderisch im Unterwandern von Ausfuhrbestimmungen. „Wenn wir nicht liefern, dann tun es andere.“ So einfach ist das. Ja leider, nicht die einfachen Lösungen taugen zu gerechten und friedensstiftenden Ausmarchungen, nur der Dialog, so kontrovers und anstrengend er auch sein mag. Hinter jedem Sieger steht ein Verlierer.

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