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Essbares einst und jetzt

Das Forum Schweizer Geschichte in Schwyz widmet sich der Esskultur in unserem Land

Unser täglich Brot in allen möglichen Varianten von der Herkunft und Erzeugung der Nahrungsmittel über Kochkünstler und Tischsitten bis zur Industrialisierung zeigt die Wechselausstellung. Die Klassiker aus unserem Land – Fondue und Birchermüesli – dürfen natürlich ebensowenig fehlen wie das Franck Aroma, die Maggiwürze oder die Toblerone. Eine Reliefkarte der Schweiz zeigt, wo welche Käsespezialitäten produziert werden, mit Ausnahme eines Sauerkäses aus der Ostschweiz sind alles Labkäse, welche die alten Eidgenossen noch nicht herstellen konnten, welche aber mindestens so viel kulinarischen Ruhm der Schweiz begründen wie die Schoggi.

Käsekarte der Schweiz, Maggiwürze und Toblerone: Kulinarisches Erbe der Schweiz

Trotz der Fast-Food-Ernährung, die im Alltag immer häufiger wird, gehört zur Vorstellung Essen ein Tisch. So hat die Kuratorin Pia Schubiger verschiedene Tische mit den Themen rund ums Essen und die Ernährung gedeckt. Wir essen notwendigerweise regenmässig und häufig, daher wissen wir auch gut über Nahrungsmittel Bescheid. So begegnen wir alten Bekannten neu, zum Beispiel der Kartoffel in einem Film. Oder dem Apfel in unzähligen, zumeist ausgestorbenen Varianten – hier Modelle in Sterilisiergläsern, die Pro-Specie-Rara-Modellsammlung, welche an der Expo 02 ausgestellt war.

Die Speisen von reich und arm seit dem 15. Jahrhundert zeigt die Medienstation „Was liegt auf dem Teller?“. Bis weit ins 20. Jahrhundert assen die breiten Massen kaum Fleisch, aber Gemüse, Milchprodukte wie Ziger und vor dem Import der Kartoffel aus der neuen Welt Getreidebreie. Die besser Betuchten leisteten sich viel Fleisch und exotische Speisen, die in wenigen Jahrzehnten im Zug der Globalisierung zu billigen Massenartikeln wurden. Frische Ananas, oder ein Poulet, welche bei der Durchschnittsfamilie noch in den 50er Jahren allenfalls auf die Festtafel gehörten, sind heute für alle erschwinglich.

 

120 Apfelmodelle Vivaria. Teil der Ausstellung Manna an der Expo 02

Was wäre eine Ausstellung über Essen ohne Kochen? Historische Rezeptsammlungen unter Glas und neuere zum Blättern drin liegen auf einem weiteren Tisch, während Grafik aus historischen Küchen oder eine Porträtgalerie aller Schweizer Sterneköchinnen und -köche zum Studium einlädt.

Dann geht es zu Tisch: Ein Wunder, das bestickte Tischtuch aus dem frühen 16. Jahrhundert. Gleich daneben die Geschichte der Esswerkzeuge gezeigt mit Objekten: zunächst der Holzlöffel, gefolgt vom Messer. Erst viel später erscheint die Gabel am gedeckten Tisch. Ein Gemälde der Familie Bodmer aus dem 18. Jahrhundert gesteht nur den Eltern und den älteren Söhnen Messer und Gabel zu, die Mädchen und die Kleinkinder bekommen nur ein Messer neben ihrem Teller. Erstmals ausgestellt ist ein Wunder der Porzellankunst: das berühmte Einsiedler-Service von 1775, hergestellt in Kilchberg, ein Geschenk der Zürcher Regierung an das Kloster Einsiedeln, gut 100 Jahre später zum Verkauf angeboten. Der eine der beiden Sammler, welche das wertvolle Service unter sich aufteilten, war Heinrich Angst, der spätere Direktor des Landesmuseums.

Madame Tricots Metzgerei-Installation mit gestrickten Fleischwaren

Differenziert abgehandelt wird die brennende Frage nach dem Fleischkonsum. Dazu gibt es einen optischen Schwerpunkt: In hellem Licht bietet eine Kleinmetzgerei in ihrer Auslage anmächelige Fleischstücke, Würste und eine Pastete, an den Fleischhaken im Hintergrund Schinken und Spanferkel an. Wir treten näher und sehen: Alles ist gestrickt von Madame Tricot, die sämtliche Spezialitäten irgendwann selbst gegessen hat. Das gehört zum Konzept. Das Museum bietet einen Workshop an, in denen die Strickkünstlerin zeigt, wie man mit Nadeln und Wolle Süsses fabrizieren kann.

Rund um diese Metzg finden wir seriöse Informationen zum Fleischkonsum: Um 1950 essen Schweizers 31.5 Kilo Fleisch pro Kopf und Jahr, nicht einmal vier Jahrzehnte später, 1987, sind es 71 Kilo, dann kam die Trendwende. Heute liegt der Fleischkonsum bei 52 Kilo pro Kopf. Aber weltweit wird er massiv steigen – trotz der schädlichen Treibhausgase aus Viehzucht, trotz des Anbaus von Futtermittel anstelle von Lebensmitteln. Nachdenken über die Welternährung oder Food Waste ist erlaubt.

Neben Informationstafeln, Bilderschauen oder Objekten aus Küche und Konservenfabrik gibt es auch Kunst: Von Conrad Gessners Zeichnung der im 16. Jahrhundert noch völlig unbekannten Tomate bis zu einem der grossen Eat Art Bilder von Daniel Spoerri.

Essen der Zukunft aus der Slideshow «Was liegt auf dem Teller?»: Insekten, Laborfleisch, Mikroleaves © Schweizerisches Nationalmuseum

Am Ende des Parcours erwartet die leicht erschöpften Ausstellungsbesucher der „Genusstisch“. So bald im Garten von Schloss Prangin geerntet werden kann, bekommt Schwyz Pakete mit Gemüse und Früchten. Vorerst gibt es aus der benachbarten Schokoladefabrik Felchlin Kuvertüre zum probieren, das sind Knöpfe aus heller oder dunkler Schoggi, welche die Konditoren für ihre Spezialitäten brauchen. Vorkoster für künftiges Essen waren beim Medienrundgang ein paar mutige Frauen und Männer: aus drei noch mit Futtermittel beschrifteten Schraubgläsern (erst vom 1. Mai an darf es Nahrungsmittel heissen!) pickten sie getrocknete Grillen, Mehlwürmer oder Heuschrecken. (Mein Geschmackserlebnis: man kann‘s essen, es ist knusprig und schmeckt nicht unangenehm.)

Zur Ausstellung ist die mehrsprachige Publikation Was isst die Schweiz? erschienen, mit Essays von Daniel Di Falco, Rudolf Trefzer, Paul Imhof und Dominik Flammer sowie mit dem Rezept für die Armensuppe aus der Hungerzeit von 1770 und jenem fürs originale Birchermüesli zum Nachkochen. Mit einem Wettbewerb sucht das Museum Familienrezepte, die von Generation zu Generation weitergegeben werden. Einsendeschluss ist der 31. August.

Fotos: Mara Truog © Schweizerisches Nationalmuseum
Teaserbild: Dampfkochtopf SIGG um 1950 © Schweizerisches Nationalmuseum

22. April bis 1. Oktober
Informationen zu der Ausstellung und zum Forum der Schweizer Geschichte finden Sie hier.

Gern weisen wir auf die Spezialführungen für die Generation 60+: jeweils mittwochs um 14 Uhr am 17. Mai, 21. Juni und 20. September, mit Gratis-Eintritt.

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