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Raus aus der Isolation

Einsamkeit im Alter ist ein Problem. Trotz aller Aktivitäten, die in Dörfern und Städten für Ältere angeboten werden, trotz der vielen Möglichkeiten, die Senioren heute haben.

Wer sich ungeliebt, überflüssig, ja, von der Welt vergessen meint, der fühlt sich wie Rapunzel. Eingemauert in einen hohen Turm ohne Türe und Treppen, ohne Kontakte nach draussen. Nur anders als im Märchen ist es sehr unwahrscheinlich, dass ein Prinz hoch zu Ross die Erlösung aus der Isolation bringt. Das muss schon selber an die Hand genommen werden.

Wer einigermassen gesund, mobil und noch bei Kräften und trotzdem einsam ist, der ist selber schuld, ist eine harte Aussage. Aber leider wahr. Denn wer von sich aus aktiv wird, sich selber um Kontakte zu anderen bemüht, zuhören und mitfühlen kann und tolerant ist gegenüber neuen Lebensentwürfen, kurz, Menschen gern hat, der wird immer Gesellschaft haben. Es lohnt sich, in Beziehungen zu investieren und so seinem Leben einen Sinn zu geben, denn Einsamkeit wirkt sich auch auf die Gesundheit und damit auf die Lebenserwartung aus.

Selbstgewählte Einsamkeit

Wobei Einsamkeit nicht nur negativ zu sein braucht. Wer gerne für sich ist, sich selber genügt und kaum Gesellschaft sucht, der ist zwar einsam, aber nicht unglücklich. Solche Menschen gibt es. In der USA wurde im Frühling ein Mann entdeckt, der 27 Jahre lang in den Wäldern des US-Bundessstattes Maine gelebt hatte.

Was er zum Leben braucht, holte er sich aus nicht bewohnten Ferienhäusern. Als er von der Polizei gefasst und ins Gefängnis gesteckt wurde – er war ja schliesslich ein Dieb – verweigerte er sich seiner Umwelt. Er mochte die Einsamkeit lieber als reden, sich erklären und als soziales Wesen funktionieren zu müssen.

TV-Konsum macht einsam

Das ist die absolute Ausnahme. Die Menschen sind soziale Wesen, möchten aufgenommen sein im Kreis Gleichgesinnter, akzeptiert werden. Möchten lachen mit andern, diskutieren, nachdenken. Weshalb dann ist Einsamkeit so verbreitet? Vielleicht, weil man in den eigenen vier Wänden via Medien genug Unterhaltung bekommt oder zu hohe Anforderungen an Andere stellt.

Wer immer jammert, dass sich eh niemand um einen kümmert, die Welt an sich schlecht ist, früher alles besser war und man alles im Leben schon gesehen und erlebt hat, der wird wohl wirklich irgendwann einsam. Eine negative Lebenseinstellung macht nicht nur unglücklich, sie sabotiert auch Freundschaften.

Um dieser selbstgewählten – oder selbstverschuldeten – Isolation zu entrinnen, braucht es eine neue Sichtweise. Nach einer Scheidung oder einem Todesfall zum Beispiel kann man sich als Verlierer oder als vom Schicksal gebeutelt fühlen. Oder man erkennt die Chance, Neues kennen zu lernen, seine eigenen Vorstellungen zu leben, ohne Verpflichtungen. Das braucht Mut, Selbstvertrauen und eine gute Portion Durchsetzungskraft.

Aktiv werden lohnt sich

Und es gibt Kraft. Auch wenn es vorerst nur kleine Schritte sind: Mal in der Wohngemeinde ein Angebot für Senioren besuchen, den Nachbarn zu einem Kaffee einladen, an eine Lesung, einen Sportanlass gehen oder der gestressten Mutter von nebenan anbieten, mit den Kindern auf den Spielplatz zu gehen.

Für viele sind das schon grosse Hürden. In einer Gemeinde im Zürcher Oberland wurde ein Spaziergang-Projekt getestet: Wochentag und Treffpunkt standen fest, der Rest sollte sich spontan entwickeln. Leider kam fast niemand und nach einem halben Jahr wurde der Versuch eingestellt. Sicher nicht, weil es im Städtchen keine einsamen Menschen gibt.

Der französische Poet und Pilot Antoine de Saint-Exupéry schreibt in einem seiner Gedichte: «(…) Gib mir nicht, was ich mir wünsche, sondern das, was ich brauche. Lehre mich die Kunst der kleinen Schritte.» Dank solch kleiner Schritte findet man vielleicht aus der Einsamkeit heraus. Nicht grad wie der Baron von Münchhausen, indem man sich mit Schwung am eigenen Haarschopf aus dem Isolationsgrau befreit, aber doch so, dass man sagen kann: Ich bin zwar viel allein, aber dank meiner Kontakte, meinem Umfeld, das mich interessiert und den Menschen, die ich gern habe, fühle ich mich selten einsam.

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Rund 1,2 Millionen Menschen in der Schweiz sind über 75 Jahre alt. Davon fühlt sich jeder Dritte laut einer Gesundheitsbefragung des Bundesamts für Statistik aus dem Jahr 2012 häufig oder manchmal einsam. Unter dem Titel «Einsamkeit» veröffentlicht die Seniorweb-Redaktion bis Mitte August eine Serie zur Einsamkeit im Alter mit hilfreichen Hinweisen und Tipps, wie Sie Ihr Beziehungsnetz ausweiten, sich mehr engagieren und wo Sie Hilfe holen können.

Links zu bereits erschienenen Beiträgen:

– Macht Facebook einsam? (Josef Ritler)

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