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Jetzt gilt es ernst

Für Tausende von Kindern – und in fünf Wochen werden wir es wissen: Rentenreform Ja oder Nein.

Die Ferienzeit geht zu Ende. Es wird jetzt für viele, für tausende von Kindern und Jugendlichen ein neues Kapitel aufgeschlagen: Der erste Tag in einer Krippe, der Eintritt in den Kindergarten, Besuch der ersten Klasse, Übertritt in die Sekundarschule, in ein Gymnasium, Start in die Berufswelt mit dem Beginn einer Lehre, der erste Schritt in eine Universität. Die grosse, auch bange Frage für ganz Kleine und auch für die schon ganz respektabel erwachsenen jungen Menschen lautet: Was erwartet mich? Selbst die Kleinsten sind nervöser als sonst, kribbelig ist ihr Verhalten schon am Tag, ja Tage davor. Mit der Freude mischt sich auch Angst vor der Zukunft.

Und wir Erwachsenen, gar schon aus dem Berufsleben Ausgeschiedenen ist in den nächsten fünf Wochen eine wichtige Frage zur Zukunft gestellt: Wollen wir die Rentenreform, wie sie vom Parlament zuhanden der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger verabschiedet worden ist, annehmen oder nicht? Wohl oder übel werden wir in den nächsten fünf Wochen mit Berichten, Kommentaren, Interviews, Gesprächen, Inseraten, Plakaten, Screens in den Bahnhöfen, an wichtigen Plätzen über das Ja oder das Nein zur Rentenreform geradezu überhäuft werden. Gegner und Befürworter werden uns ihre Argumente schmackhaft machen wollen. Und jetzt schon ist klar: Befürworter und Gegner werden nicht nur mit Fakten argumentieren, sondern auch Fakten biegen, werden Behauptungen in die Welt setzten, die weder bewiesen noch durch wasserdichte Statistiken abgestützt sind. Befürworter und Gegner werden sich befehden, werden einander Unredlichkeiten mit unredlichen Argumenten vorwerfen. Machen wir uns nichts vor: Das gehört zum politischen Spiel. Das können wir beklagen, ändern können wir es nicht.

Und doch: Wir haben zu entscheiden. Wir haben abzuwägen, wir müssen die Argumente dafür oder dagegen gewichten. Das ist unsere staatsbürgerliche Pflicht. Von besonderem Interesse ist, dass auch der zustande gekommene Kompromiss als Kompromiss heftig in Zweifel gezogen wird. Es gibt anscheinend gute und schlechte, gar „faule“ Kompromisse, je nach Standpunkt, vom dem aus man einen Kompromiss betrachtet. Für Gerhard Schwarz, den Vordenker der „richtigen“ Liberalen in der Schweiz, ist der Rentenkompromiss ein „ganz fauler Kompromiss“, wie er in der „Neuen Zürcher Zeitung“ schreibt. Er verkennt, dass der Kompromiss im Parlament demokratisch zustande kam – wenn auch knapp – und dies, obwohl die Bürgerlichen mit ihren „liberalen“ Parteien FDP und SVP die Mehrheit im Parlament haben. Er behauptet, dass ein Ja zur Reform den Weg zu einer Sanierung der Vorsorge verhindere, ein Ja „werde die Flexibilisierung des Rentenalters und die fairere Lastenverteilung zwischen Jung und Alt auf viele Jahre hinaus ausbremsen“. Als pensionierter Chef von Avenir Suisse sollte er eigentlich in seine Analyse miteinbeziehen, dass wir seit 1948 zehn AHV-Revisionen zustande brachten, die AHV zu dem machten, auf das wir stolz seine können: zur besten Altersvorsorge in der ganzen Welt.

Leider erlahmte der Reformwille in den letzten 20 Jahren; es kam im Parlament kein tragfähiger Kompromiss mehr zustande. Und das Stimmvolk verweigerte eine Schwächung der zweiten Säule, wollte aber auch keinen markanten Ausbau der AHV. Heute liegt zwischen den beiden Vorhaben ein Kompromiss vor, ein freundeidgenössischer Kompromiss, dem das Parlament nun doch noch zugestimmt hat. Bundesrat und Parlament sind so oder so verpflichtet, nach dem 24. September daran zu gehen, die zwölfte, die nächste Reform der AHV sofort an die Hand zu nehmen, wie es Bundesbern ab 1948 immer tat, alle fünf bis sechs Jahre. Verdient haben dies all die jungen Menschen, für die in diesen Tagen ein neues Kapitel aufgeschlagen wird.

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