Geld und Gletscher

Die Gletscher schmelzen, die Meeresspiegel steigen – dem Alpinen Museum der Schweiz, das dies dokumentiert, wird die Finanzierung einschneidend gekürzt.

Krasser könnte das Paradoxon nicht sein: Im Herbst dieses Jahres erhält das Alpine Museum der Schweiz den Prix Expo 2017 der Akademie der Naturwissenschaften für seine Ausstellung «Wasser unser» – im Juli dieses Jahres kam vom Bundesamt für Kultur die Nachricht, dass der Zuschuss des Bundes für das Museum um 75% gekürzt wird. «Es macht keinen Sinn, dass der Bund die Aufbauarbeit der vergangenen Jahre mit der Kürzung gleich wieder zunichte macht», kommentiert Michael Fässler vom Team des Alpinen Museums diese Entscheidung stellvertretend für eine grosse Zahl von Kulturschaffenden und -interessierten. Erst 2010/11 war nämlich beschlossen worden, die Finanzen aufzustocken und daraufhin ein breit gefächertes Programm zu erarbeiten.

Rettungsaktion alpsEin Unterstützungskomitee, dessen Mitglieder die verschiedensten gesellschaftlichen Sphären der Schweiz abbilden, wurde im August gebildet. Es hat bis heute mehr als 9’800 Unterschriften gesammelt. Daneben versuchen Stiftungsrat und Patronatskomitee auf allen Ebenen, bei den Finanzverantwortlichen des Bundesamtes für Kultur ein Umdenken zu bewirken.

Michael Fässler definiert Position und Aufgabe des Alpinen Museums der Schweiz mit folgenden Worten: «Es gibt gegenwärtig wenige Herausforderungen, die nicht in irgendeiner Weise mit den Alpen zu tun haben. Die Berge insgesamt nehmen in der Schweiz eine Fläche von 66% ein. Aber: Was in den Bergen geschieht, wird zu einem grossen Teil in den Städten entschieden. Deshalb müssen gerade die Städter, die «Unterländer» über die Probleme informiert sein.»

Weiter erklärt er: «Das Alpine Museum der Schweiz versteht sich als Plattform, wo der Diskurs über alle wichtigen Aspekte der Berge zwischen und in verschiedenen Gruppen der Gesellschaft stattfinden kann. Das Alpine Museum bietet dazu die sinnlichen Erfahrungen, stellt die notwendigen Fragen, auch die heiklen. Und wir arbeiten für die ganze Schweiz, von Genf bis Romanshorn. Das Alpine Museum ist keine Berner Institution.»

Wasser unser PlakatDie aktuelle Ausstellung «Wasser unser» ist das beste Beispiel für Arbeitsweise und Zielsetzung des Alpinen Museums. Das Thema schauen wir aus der Perspektive des Jahres 2051 an – und dadurch wird die Dringlichkeit hervorgehoben, dem Wasser, seiner Qualität, seinem Vorkommen und seiner gerechten Verteilung schon heute als DEM Lebenselement schlechthin gerecht zu werden.

Der Titel «Wasser unser» spielt darauf an: Was das Vaterunser einem Christen bedeutet, bedeutet Wasser für unser aller Leben. Das Alpine Museum dreht die übliche Blickrichtung um. Während sonst Ausstellungen auf Vergangenes zurückschauen und Bilanz ziehen, projiziert «Wasser unser» die heute absehbaren Fakten in die Zukunft, indem es sich auf die Erkenntnisse der Wissenschaftler stützt, der Glaziologen, der Klimaforscher, aber auch der Soziologen und Touristikfachleute. Was es bedeutet, wenn sich die Gletscher immer weiter zurückziehen und damit die Berghänge instabil werden, können wir im Museum ganz konkret erfahren. Zum Thema gibt es eine virtuelle Gemeinderatssitzung, an der wir uns beteiligen können; wir können einer Wanderleiterin für virtuelle Bergerlebnisse zuhören oder eine Audio Adventure Tour zu sprudelnden Wasserfällen und Mangobäumen unternehmen. Eine andere Sequenz führt uns vor Augen, wie prekär die Wasserressourcen in trockenen Gebieten der Erde sind.

alps Wasser MenschenrechtWasser ist seit 2010 ein Menschenrecht. Schrittweise soll die Vision vom Zugang zu sauberem Wasser für alle zur Realität werden. (Foto: © David Schweizer / Alpines Museum der Schweiz)

Der Reiz dieser Ausstellung liegt darin, dass sie die harten Fakten des Klimawandels mit futuristischen Möglichkeiten eines kreativen Umgangs mit diesen Veränderungen verbindet. Trotzdem fällt das Konzept nicht in die Niederungen der Banalität. Der Gletscherforscher Wilfried Häberli betont in einem Video, «dass wir den Rückgang der Gletscher nicht als kleines romantisches Nebenelement sehen sollen. Vielmehr erleben wir das Umkippen eines Dominosteins im Wassersystem. 2051 ist erst der Anfang der ernsthaften Herausforderungen.» Eindrucksvoll ist dargestellt, dass die Veränderungen in den Bergen nicht von einem Tag auf den anderen gekommen sind. Eine Etappe der Ausstellung führt uns die wichtigsten Überschwemmungen in der Schweiz der letzten Jahrzehnte vor Augen.

«Fiktion und Forschung» werden in sechs Szenarien kombiniert, unterlegt durch zwölf literarische Zukunftsgeschichten. Ruth Schweikert, deren «Wasserpartitur» den Rundgang eröffnet, hat zusammen mit einigen Studentinnen des Bieler Literaturinstituts den verschiedenen Etappen der Ausstellung einen literarischen Unterbau geschaffen.

Alps RettungsaktionDer letzte Ausstellungsraum bietet Gelegenheit zur Reflexion über die Wasser-Zukunft. Fragen regen an, Erfahrungen, Wünsche, Ängste und Hoffnungen an die Nachgeborenen zu formulieren. Die Botschaften werden in eine Boje gelegt, die das Alpine Museum auf dem «Lago della Piazza» im Gotthardgebiet auswassern wird. Im Jahr 2051 soll der Inhalt der nächsten Generation übergeben werden.  (Foto: © David Schweizer / Alpines Museum der Schweiz)

Wer das Alpine Museum der Schweiz in seinem Kampf ums Überleben unterstützen will, kann das auf der Webseite «Rettungsaktion» tun. Sie erhalten dort ebenfalls Auskunft zu den wichtigsten Fragen zur finanziellen Situation des Alpinen Museums der Schweiz nach dem Entscheid des Bundesamtes für Kultur.

Die Ausstellung dauert noch bis 7. Januar 2018.

«Wasser unser» | Dialogische Führungen:
14. November 2017, 18 Uhr. «Literatur und Zukunft» mit Gianna Molinari, Autorin
28. November 2017, 18 Uhr. «»Wasserkraft und Landschaftsschutz» mit Silva Semadeni, Nationalrätin und Präsidentin Pro Natura

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