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Im gleichen Takt weiter?

Wie frisch Pensionierte den neuen Lebensabschnitt angehen können, ohne in das bekannte Loch zu fallen

Man steht vor der Pensionierung oder ist frisch pensioniert. Was nun? Die Erwerbsarbeit und/oder die Arbeit, welche man für die Familie geleistet hat, gehört der Vergangenheit an. Was könnte dem Leben neuen Sinn verleihen, wenn man nicht zu den Glücklichen gehört, die weiterarbeiten können, ohne dies zu müssen. Oder zu den weniger Glücklichen, die weiterarbeiten müssen, weil die Rente nicht reicht. Als regulär pensioniertes Individuum am Ende seiner Arbeitskarriere braucht man bei der Sinnfrage nicht lange nachzudenken – selbstverständlich möchte man weiterhin aktiv sein, sich nützlich machen, etwas unternehmen. Was denn sonst? Niemand möchte in eine Sinnkrise geraten, womöglich einen Pensionierungsschock erleiden. Also im gleichen Takt weiter wie bisher: aktiv unterwegs mit einer vollen Agenda, getaktet mit dem schnellen Puls der Zeit, stets erreichbar. Sei es mit Betreuungsaufgaben für die Grosskinder, Freiwilligenarbeit im Quartier, ehrenamtlicher Tätigkeit für eine Organisation, der aufgeschobenen Weltreise oder mit dem persönlichen, zeitintensiven Hobby.

Weitermachen oder Innehalten

Gerade Männer, die hundert Prozent gearbeitet haben und stets leistungsorientiert lebten, fürchten leere Momente wie der Teufel das Weihwasser. Viele stürzen sich in Aktivismus, sind mehr eingespannt als vor der Pensionierung, nur um dann nach ein paar Monaten oder einem Jahr doch in ein Loch zu fallen. Spätestens dann, wenn sie realisieren, dass die Kräfte nicht ausreichen, um das sich selbst auferlegte Leistungsprogramm im gleichen Masse weiter zu absolvieren. Oftmals ist dieser verspätete Pensionierungsschock begleitet von gesundheitlichen Problemen. Unser individuelles Unvermögen, weniger zu tun und das Tempo zu drosseln ist Ausdruck einer Gesellschaft, welche Leistung und Aktivität über alles stellt. „Du sollst nicht ruhen“, lautet ihr Gebot, „auch am siebten Tage nicht.“ Niemand soll sich diesem Mantra entziehen können, es erhält seine Gültigkeit bereits im Vorschulalter und wird auch mit der Pensionierung nicht hinfällig. Schwierig bis unmöglich also, sich diesem gesellschaftlichen Konsens zu entziehen, nur weil man die Schwelle von 64 oder 65 überschritten hat.

Mit den Ressourcen im Einklang

Trotzdem oder gerade deshalb stellt sich die Frage, wie man den Übergang von der Erwerbsarbeit oder einer intensiven Familienarbeit in die Pensionierung selbstverträglich gestalten kann. So, dass man den Leistungsdruck, das „Funktionieren müssen“ langsam ablegen und zu Formen der Sinngebung finden kann, welche dem neuen Lebensabschnitt besser entsprechen. Die schlechte Nachricht lautet: Die Umstellung des inneren Kompasses auf „weniger und langsamer“ braucht Zeit. Manchmal mehrere Jahre. Das hört niemand gern, denn es bedeutet, dass man immer wieder hinschauen muss, ob man mit den Ressourcen im Einklang steht. Möglicherweise, ja wahrscheinlich muss man immer wieder „nachjustieren“. Die gute Nachricht: Sich Zeit nehmen können ist das grosse Privileg, welches einem die Pensionierung verschafft. Jetzt hat man Zeit, die einem immer gefehlt hat. Die Kunst ist, die richtige Balance zu finden zwischen aktivem und passivem Sein.

Herausfinden wie weiter

Dabei gibt es die richtige Art nicht, sich mit der Pensionierung und dem damit verbundenen Mehr an Zeit anzufreunden. Man muss selbst herausfinden, was es an Aktivität, an (ständigen) Verpflichtungen, Verantwortung noch verträgt. Was für den einen zu viel ist, füllt die andere in keiner Weise aus. In dieser Übergangsphase können existenzielle Fragen auftauchen, die einem gehörig verunsichern mögen. Etwa: Was ist aus meinen Träumen und Visionen geworden? Bin ich zufrieden mit meinem Leben? Was bin ich mir allenfalls schuldig geblieben? Was ist mir noch wichtig, was ist entbehrlich geworden? Habe ich die Ressourcen, um die Dinge zu tun, die ich gerne tun würde? Wie geht es mir eigentlich mit meinem Älterwerden? Kann ich es annehmen? Dass es keine alllgemein gültigen Antworten auf diese Fragen gibt (obwohl eine Fülle von Ratgeberliteratur genau das suggeriert) mag unangenehm sein, aber für die vorangegangenen Lebensabschnitte hatte man ja auch keine Gebrauchsanleitung zur Hand.

Der Autor (67) bietet Gespräche mit Menschen an, die vor der Pensionierung stehen oder bereits im Ruhestand sind. Er arbeitete als Journalist und Erwachsenenbildner und hat Seminare zur Stressbewältigung für Gruppen und Organisationen gegeben. 2017 ist sein Buch «In Glücksmomenten bin ich weder alt noch jung» erschienen.

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