StartseiteMagazinKultur"Was auf dem Spiel steht" - Alles?

«Was auf dem Spiel steht» – Alles?

Der Hamburger Historiker Philipp Blom liest uns mit seinem neuen Buch die Leviten, aber so charmant, dass wir in unserer Selbstgefälligkeit nur halbwegs erschrecken – oder doch?

„ Wir leben in Gesellschaften, in denen die Zukunft keine Verheissung mehr ist, sondern eine Bedrohung. Die reichen Demokratien wollen keine Zukunft, sie wollen behalten, was sie bereits haben. Gleichzeitig sehen wir die ersten Zeichen einer epochalen Transformation durch Klimawandel und Digitalisierung. Was auf dem Spiel steht, ist nichts weniger als die Existenz eines demokratischen, liberalen Zusammenlebens – und vielleicht unsere Zivilisation.“ 

Dass sich Philipp Blom als Historiker nicht mehr mit der Vergangenheit beschäftigt, wie er es mit seinen Sachbüchern zur Aufklärung, zum Ersten Weltkrieg, zur Zwischenkriegszeit und zur Kleinen Eiszeit von 1570-1700 tat, macht hellhörig. Doch wem die Zukunft davonrennt, braucht auch keinen Blick zurück auf die düsteren Kapitel der Menschheitsgeschichte zu werfen, denn wir scheinen als Masse weder lernfähig noch bereit zu sein, die Konsequenzen aus den Irrläufen der Geschichte zu ziehen und das Ruder herumzureissen, bevor es zu spät ist.

Doch was kann ein Plädoyer für eine neue Aufklärung schon bewirken, wenn sogar der amerikanische Präsident den Klimawandel für ein Ammenmärchen hält? Sein Besuch am WEF in Davos – mit einem gigantischen logistischen Aufwand an verschleuderten Ressourcen – ist Beweis genug, dass Grossmannssucht und seine selbstgerechte „America first!“-Strategie alle Warnrufe in den Wind schlägt. Auch die von Rekord zu Rekord eilenden Passagierfrequenzen auf unseren Flughäfen belegen, dass wir mit unserem ökologischen Fussabdruck den Treibhauseffekt nur noch anheizen. Und auch die Schwellen- und Entwicklungsländer eifern unserem Wohlstand in einem Masse nach, dass der Klimakollaps immer wahrscheinlicher wird.

Was kann dagegen z. B. folgendes Zitat Bloms ausrichten?

„Apokalyptische Szenarien sehen eine nahe Zukunft mit katastrophalen Bevölkerungseinbrüchen durch Kriege, antibiotika-resistente Pandemien, Seuchen und Hunger in den bevölkerungsreichsten Gebieten, die oft auch zu den ärmsten der Welt gehören.“

Eigentlich gar nichts, denn wir wissen es ja alle schon lange, dass wir über unsere Verhältnisse leben und nicht bereit sind, eine Kehrtwende einzuleiten. Aber immer mehr Populisten tauchen in unseren westlichen Demokratien als Rattenfänger mit wohlfeilen Rezepten auf, um andere für die Missstände verantwortlich zu machen – nur nicht uns selbst.

Das Motto für das WEF 2018 lautet: „Gemeinsame Zukunft in einer zerbrochenen Welt“. Tönt schön, nicht wahr. Und es ist ja durchaus denkbar, dass das Davoser Forum jenseits von Trump Zeichen zu setzen weiss, welche die so dringend benötigte Erkenntnis zur Umkehr und zu uneigennütziger Solidarität begünstigt. Wenn Philipp Blom der Überzeugung wäre, dass sein eindringlicher Weckruf für die Katz ist, hätte er das Sachbuch wohl nicht zu Papier gebracht. Er bekennt sich gegen Schluss, wie er selbst schreibt, zu folgendem „pathetischen und seltsam altmodischen“ Aufruf:

„Wenn genug Menschen die Geduld, die Ausdauer, den Mut, die Bereitschaft zum Verzicht, die Ironie, die Leidenschaft, die Wachheit, die Menschlichkeit und die Solidarität haben, wenn sie sich weigern aufzugeben, kann aus diesem Anfang wieder eine Stimme werden, die laut und überzeugend genug ist, um ein neues Narrativ (ein sinnstiftendes Motiv) zu schaffen.“

Sein Wort in Gottes Ohr? Auszuschliessen ist es nicht, doch die Sensibilität der Problematik gegenüber steigt auch dank dem Spiegel, den uns Philipp Blom ungeschminkt und ohne Augenwischerei vorhält.

Philipp Blom: Was auf dem Spiel steht, © Carl Hanser Verlag München 2017

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