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Bibliothek für alle Sinne

Der technische Fortschritt und steigende Nutzerzahlen halten die SBS Schweizerische Bibliothek für Blinde, Seh- und Lesebehinderte auf Trab.

Seniorweb sprach mit Roswitha Borer Amoroso, Marketingleiterin der SBS Schweizerische Bibliothek für Blinde, Seh- und Lesebehinderte:

Judith Stamm: Mir fällt auf, wie innovativ sich Ihre Institution, die „SBS Schweizerische Bibliothek für Blinde, Seh- und Lesebehinderte (SBS)“ durch die Jahrzehnte hindurch neuen Bedürfnissen angepasst und immer wieder neue Techniken adaptiert hat. 1977 haben Sie als Pionierleistung die ersten Musikalien in Brailleschrift übertragen. 1979 haben Sie angefangen, Lehrmittel in Blindenschrift herzustellen. Sie besitzen eine Grossdruckbüchersammlung und haben auch eine Ludothek aufgebaut, um nur Einiges zu nennen.

Roswitha Borer: Ja, die Bibliothek bietet verschiedene Medien für unterschiedliche Lesebedürfnisse an. Das zeichnet die SBS aus. Am beliebtesten bei Seniorinnen und Senioren mit einer Sehbeeinträchtigung sind unsere Hörbücher. Hörbücher machen mit fast 40`000 Titeln auch den grössten Teil unseres Sortiments aus. Alle Bücher kommen bequem nach Hause, per Post oder online.

Claudia Schätzle im Tonstudio.

Da waren offenbar immer wieder unternehmerisch denkende  Menschen an der Entwicklung der Bibliothek beteiligt?

Die Gründung geht auf Dr. h.c. Theodor Staub (1864 – 1960) zurück. Er erblindete mit sieben Jahren, erlernte mit 15 Jahren die Blindenschrift, absolvierte eine Berufslehre in Stroh- und Tuchflechten sowie Holzdrechseln. An der Universität Zürich besuchte er natur- und geisteswissenschaftliche Vorlesungen. Dann wurde er Lehrer für Blindenschrift und Naturkunde an der Blinden- und Taubstummenanstalt Zürich. 1903 gründete er die „Schweizerische Blinden-Leihbibliothek“, unsere „Urmutter“.

Wie kam die SBS zur heutigen Vielfalt der Medien, die sie anbietet?

Bis heute sind es vor allem die Betroffenen, die ihre Wünsche und Bedürfnisse an uns herantragen. Diese nehmen wir auf und entwickeln neue Produkte. So haben wir seit 2013 auch den „Buchknacker“, ein Angebot speziell für Kinder und Jugendliche, die nicht wegen einer Sehbehinderung, sondern wegen Dyslexie (Legasthenie) Leseschwierigkeiten haben.

Mit diesem Gerät werden die CDs gebrannt.

Sie sind auch technisch auf dem neuesten Stand, wie ich feststelle.

Ja, der technische Fortschritt hält uns auf Trab. Wir leihen z.B. Bücher mit Grossdruck aus wie eine klassische Bibliothek. Seit 2013 haben wir aber auch eine Online-Bibliothek. Da kann man Hörbücher und E-Books herunterladen und auf dem Mobiltelefon oder Tablet hören bzw. lesen. Wir versorgen damit den deutschsprachigen Raum der Schweiz.

Als ehemalige Politikerin habe ich etwas ganz Spezielles entdeckt. Sie bieten Abstimmungsunterlagen für Bund, Kantone und Gemeinden als Hör-CDs an!

Für den Bund machen wir das seit den 80er-Jahren. Unterdessen haben fast alle Kantone nachgezogen. Auch Gemeinden bieten ihren seh- und lesebehinderten Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern diese Dienstleistung an. Auch der Kanton Luzern macht mit. Auf seiner Website können bei Abstimmungen die Unterlagen in Form einer Audio-Datei heruntergeladen werden.

Mit diesem Gerät können die CDs langsamer und schneller abgespielt werden.

Wie produzieren Sie diese Angebote für Abstimmungen?

Wir benützen immer das entsprechende, offizielle „Abstimmungsbüchlein“. Wenn z.B. beim Bund der Text auf der Website aufgeschaltet ist, ist er ja öffentlich. Dann können wir ihn übernehmen, aufsprechen und auf eine CD brennen. Diese wird dann von uns per Post verschickt. Wir bemühen uns, dass die CD sicher gleichzeitig mit den gedruckten Abstimmungsunterlagen zu den Adressaten kommt. Manchmal sind wir sogar noch etwas früher.

Wie kommen denn Betroffene zu einer solchen CD?

Interessierte können sich direkt bei uns melden. Wir haben einen eigenen Nutzerservice, der unseren Kundinnen und Kunden mit Informationen und Auskünften zur Verfügung steht.

Sicher benötigen Sie für die Herstellung Ihrer verschiedenen Angebote hochqualifizierte Mitarbeitende?

Das ist so. Für die Produktion neuer Hörbücher z.B suchen wir laufend passende Stimmen. Wir beschäftigen nur professionelle Sprecherinnen und Sprecher. Diese müssen über eine fundierte Ausbildung und Berufserfahrung verfügen.  Auch bei der Übertragung von Blindenschriftbüchern sind qualifizierte Fachpersonen am Werk.

Grossdruckbuch, Hörbücher auf CD.

Im Jahresbericht 2016 schreiben Sie, dass sich 825 blinde, sehbehinderte und lesebehinderte Menschen neu als Nutzer angemeldet hätten. Kennen Sie die Zahl für 2017 schon?

Ja, die ist sehr erfreulich. Es haben sich während des Jahres 2017 über 1000 neue Nutzerinnen und Nutzer angemeldet. Das zeigt uns, dass wir mit unseren Angeboten auf dem richtigen Weg sind. Wir erhalten auch immer wieder Echos. Unsere Kundinnen und Kundinnen teilen uns ihre Zufriedenheit und ihre Freude mit. Wir bauen für sie die Brücke zu den grossen Schätzen der Literatur, vom Kriminalroman bis zu den Klassikern der Weltliteratur. Diese Rückmeldungen motivieren uns immer neu für unserer Arbeit!

Frau Borer, ich danke Ihnen für das Gespräch!

Fotos: Josef Ritler 

SBS Schweizerische Bibliothek für Blinde, Seh- und Lesebehinderte, Grubenstr. 12, 8045 Zürich. Tel 043/ 333 32 32 oder nutzerservice@sbs.ch.

www.sbs.ch.

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