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Erneuerung ist angezeigt

Karin Keller Sutter und Gerhard Pfister würden dem Bundesrat gut anstehen.

So viel kann man jetzt schon voraussagen: Doris Leuthard wird am nächsten Sonntag nicht das Handtuch werfen. Sie wird die No-Billag-Initiative schadlos überstehen, möglicherweise sich über das Resultat gar freuen können. Einen Kampf zumindest wird sie damit wohl überstanden haben. Die ätzende Kritik in den Medien wird aber nicht versiegen, das nervende Politgepolter unter der Bundeskuppel an ihrer Politik wird während der Frühlings-Session aber nicht verstummen. Im Gegenteil: Der Post-Auto-Skandal ist noch lange nicht ausgestanden, die Erneuerung der SRG erst angedacht. Ihre CVP-orientierte Personalpolitik wird ihr weiterhin unter die Nase gerieben. Doch sie wird das mit ihrem fröhlichen Lachen überstehen, sie wird letztlich gestärkt aus den Affären, die ihr angedichtet werden, hervorgehen und mit erhobenem Haupt die Landesregierung wohl in diesem Jahr verlassen und zu neuen Ufern aufbrechen.

Und es zeichnet sich ab, dass auch Bundesrat Johann Schneider-Ammann es mit ihr gleich tun wird. Hoffentlich auch zum gleichen Zeitpunkt. Gemeinsam also. Das wäre vernünftig und würde eines bewirken, was dringend nötig ist: eine Erneuerung der Landesregierung. Frische Kräfte, neue Ideen. Eben neue Köpfe braucht das Land. Und siehe da: Sie stehen bereits auf dem Teppich: die St. Galler Ständerätin Karin Keller Sutter und der CVP-Parteipräsident und Nationalrat Gerhard Pfister.

Karin Keller Sutter, die im Jahre 2010 Johann Schneider Ammann, vor allem FDP-Intern, den Vortritt lassen musste, hat in der Zwischenzeit an politischer Statur markant gewonnen. Als Regierungsrätin von St. Gallen markierte sie die Hardlinerin in der Ausländer- und Flüchtlingspolitik. In der kleinen Kammer holte sie sich mit ihre Dossierfestigkeit, mit ihrer lösungsorientierten Art, die sie selbst mit Paul Rechsteiner, dem strammen Sozialdemokraten aus ihrem Kanton pflegt, vor allem auch in der Sozialpolitik Anerkennung und Respekt.

Gerhard Pfister, der mit totalem Engagement seine Partei aus dem Tief zu führen versucht, der mit einer Wertediskussion, die das Christliche wieder in den Vordergrund rücken soll, nicht so richtig vorankommt, braucht eine neue Herausforderung, genau wie seine Partei. Gerhard Pfister, der interessanterweise über den deutschen Schriftsteller Peter Handke doktorierte, bewies im Literaturclub des Schweizer Fernsehens, dass er auch anders kann als politisieren: nämlich nachdenklich, tiefgründig analysieren, philosophieren. Er setzt sich nicht nur mit Initiativen, Referenden, der Gesetzesarbeit, mit parlamentarischen Vorstössen und der kräfteraubenden Arbeit eines Parteipräsidenten auseinander. Er beschäftigt sich auch mit der aktuellen Literatur, mit dem, was zurzeit gedacht und publiziert wird, weltweit. Und es scheint mir, dass er nie ganz in den tiefen Niederungen des Politgezänks angekommen ist. Seine politische Haltung ist klar: wirtschaftsfreundlich, katholisch-konservativ mit sozialer Verantwortung gepaart, gradlinig. Seine Partei dagegen aber ist weit breiter aufgestellt. Sie braucht eine Brückenbauerin, einen Brückenbauer, die oder der die weit auseinanderstrebenden Flügel der CVP umfassen, auf Kurs bringen kann. Auf einen Kurs, den auch die Wählerinnen und Wähler nachvollziehen können.

Der Bundesrat dagegen braucht einen CVP-Politiker, der die Niederungen der Politik kennengelernt hat, der aber weit darüber hinaus zu denken in der Lage ist, der gelernt hat, dass nur über konsensuelles Handeln eidgenössische, aber auch europäische Politik erfolgreich betrieben werden kann. Gerade jetzt, wo es um ganz wichtige Weichenstellungen geht, um das Verhältnis der Schweiz zu Europa, um einen institutionellen Rahmenvertrag, wo selbstbewusstes Handeln, aber auch Gewandtheit, Weltläufigkeit angezeigt sind.

Die Schweiz bekommt von der EU nichts, wenn sie nicht auch etwas bietet. Es ist ein ständiges Geben und Nehmen. Das ist seit Jahrtausenden so und wird sich nicht verändern.  Gerade heute besinnen sich viele Staaten wieder verstärkt auf ihre Eigenständigkeit und setzen vor allem auf den innerstaatlichen Erfolg. Nur, unser Wohlstand basiert nicht auf Verträgen mit einzelnen Staaten, sondern auf dem globalen Markt. Eine Politik, die nur auf den Erfolg im Innern bedacht ist, trägt also nichts dazu bei, um das Verhältnis mit dem wichtigsten Handelspartner, der EU, im Interesse des Wohlstands zu regeln. Der Bundesrat muss aus der Sackgasse heraus, sich einigen. Der neue Aussenminister übt noch, neue Kräfte könnten die Blockade lösen.

Dazu ist ein gemeinsamer Rücktritt von Doris Leuthard und Johann Schneider Ammann notwendig. Die Geschlechterfrage wäre geklärt, eine lange Phase eines Wahlkampfes wäre unnötig. Die Kontinuität wäre sichergestellt.

Die eidgenössischen Räte tagen in den nächsten drei Wochen. Unter der Bundeshaus-Kuppel wird es neben den Geschäften der Session zwei Themen geben: Wie will der Bundesrat das Verhältnis zur EU regeln und wie halten es Doris Leuthard und Johann Schneider Ammann mit ihrem Rücktritt? Für Spannung ist also gesorgt.

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