Die Kunden vom Warenhaus Otto’s in Sursee wundern sich. Der Künstler Wetz erstellte mitten im Laden das Kunsthaus Sursee. Da wird in einem Beutel Schnee von gestern verkauft.
Der verstorbene Otto Ineichen, Gründer der bekannten Ladenkette, der beim Start vor Jahrzehnten nach Lawinen-und Murgängen die Kunden mit Ausschusswaren versorgte, war mit der Idee von Wetz, Kunst in seinem Laden zu zelebrieren, einverstanden. Er stellte damals 2×2 Meter Ladenfläche zur Verfügung. Daraus wurden 6×6 Meter, das Kunsthaus Sursee sozusagen, ein blau angestrichener Würfel inmitten von Möbeln und anderen Waren, die der Mensch so braucht.
Am Dienstag 17. April 2018 wurde das Kunsthaus eröffnet. Und Wetz war voller Enthusiasmus, in schwarzen Kleider gehüllt und mit Krawatte, die er sonst nur an der Erstkommunion oder an der Beerdigung des Grossvaters getragen hatte.
Warum Kunst in einem Warenhaus? Ist das nicht Provokation? Wetz dazu:“Die Kunst muss zu den einfachen Menschen, sie ist nicht nur elitär. Und Kunst kann keine Wirkung erzielen, wenn sie nicht gesehen wird.“
Wetz mit der Flasche Urin
Nach dem Spaziergang durch den Bazar, vorbei an Frauenhöschen und Hemden, an Pampers-Packungen und neben Wareninseln hindurch, neben Textilien, Haushaltgeräten und Kosmetika vorbei, steht man plötzlich vor dem Kunsthaus und staunt nur noch. Hier stehen Kunstwerke verschiedener Künstler. Wetz nimmt ein Glas in einem Holzrahmen mit gelber Flüssigkeit zur Hand und erzählt von den beiden Künstlern Adrian Rast und Valentin Beck, die den Besucher-Urin glorifiziert haben „Urin als Gegenleistung von KLB-Besuchern, die dafür Eingemachtes mit nach Hause nehmen durften.“
Die Besucher wurden effektiv darum gebeten, ihren Urin in Flaschen abzufüllen. Das Kunstwerk wird in einer Spezial-Edition fürs Kunsthaus Susee im Otto’s dargestellt. Wetz findet das toll und der Sohn von Otto Ineichen, Mark lächelt verschmitzt und fragt sich, was er mit Wetz noch alles erleben wird.
Eine Packung Schnee von gestern für 168 Franken
Da stellt der Künstler Silas Kreienbühl eine goldene Verpackung aus. Im Innern gut verpackt soll Wasser sein. „Schnee von gestern. Neuschnee bei der Elge in Neudorf“ für 168 Franken zu erwerben.
Und Wetz verkauft für Fr. 37.90 „Verpackte Verpackung. Tier-Ausstopf-Holzwolle schön verpackt.“
Bei einem Papiersack mit Kohle und der Werbung für den Film „Köhlernächte“ steht:“Dieses Produkt kostet dekoriert 3x mehr als normal. Sie unterstützen damit das Kunsthaus Sursee.“
Im Innern des Kunsthauses – Eintritt 1 Franken, Kinder zahlen 20 Rappen – kann ein Regal mit unnützen Gegenständen, unordendlich angeordet, gekauft werden. An der Decke hangen goldene Weihnachtsglocken, Lindt-Hasen und anderer Krimskrams. Vier ausgestopfte, teils einbandachierte Schafe schauen auf die Besucher herunter. Die Schafe sind das Markenzeichen von Wetz, der auch schon die Kuh Lotti ausgestopft hat, die im Ausleih für eine Ausstellung über 20’000 Franken kostet und die er nicht mal für 1 Million Franken verkaufen würde.
Wetz mit seinen Schafen im Innern des Kunsthauses
An der Wand hängt auch seine eingerahmte Bilanz des letzten Jahres, mit der bitteren Feststellung, dass er wiederum Vorsätze nicht eingehalten hat. Dass er nur 10.5 x zu viel getrunken und mit dem Rauchen auch noch aufgehört habe. „Wie soll man da noch echt psychisch gesund bleiben?“
So erstellt Wetz seine Jahresbilanz
Sechzehn Jahre lang hat Wetz gebraucht, die Familie Ineichen von seiner Idee zu überzeugen.
An der Vernissage am Abend in einem Fabrikareal intonierte eine Musik sein liebster Walzer „Eine Herde weisser Schafe“ immer und immer wieder. Wetz malträtierte das Schlagzeug.
Fotos: Josef Ritler