Kann Donald Trump das in Helsinki ausgesprochene Wort zurücknehmen?
Ist es nicht so, dass alles, was einem guten Leben dient, schon einmal gesagt worden ist? Griechen und Römer widersprachen falschen Ansichten. Sie rügten die sich immer wiederholenden Fehler und überlieferten uns die Texte. Donald Trump hat sich in Helsinki lange mit Wladimir Putin ausgesprochen. An der Pressekonferenz schmeichelte er Putin, dass er glaube, dass Russland sich nicht in den amerikanischen Wahlkampf 2016 eingemischt hätte. Er fügte noch bei, dass er den eigenen Geheimdiensten misstraue. Kaum hatte er dies gesagt, erhob sich in seinem Heimatland ein Sturm der Entrüstung. Was war da falsch an meiner Aussage, mag sich Trump naiv gefragt haben. Was er sagte, war sträflich. Sofort bereitete ihm seine Entourage eine Entschuldigung vor. Er las den Text bei einer Pressekonferenz vor und führte aus, er habe im Grunde genau das Gegenteil sagen wollen von dem, was er gesagt habe. Das hiess, er misstraue Putin und sei davon überzeugt, dass seine Geheimdienste gut gearbeitet hätten. Dann fügte er noch hinzu, vom Text abweichend, es seien eben noch andere feindliche Gruppen im Spiel gewesen. Damit machte er klar, „dass er eigentlich an seiner ursprünglichen Verschwörungstheorie festhielt“ (NZZ, 19. Juli). Er widerrief damit im Grunde den Widerruf.
So einfach aber kann er nicht aus seiner Lüge davonschleichen. Schon der Dichter Horaz, der 65 Jahre vor. Chr. geboren und acht Jahre vor der christlichen Zeitrechnung gestorben war, prägte in seiner „Ars Poetica“ den Satz: „…das Wort, das du gabst, kennt keine Rückkehr.“ Diese treffende Beobachtung hat zweitausend Jahre überlebt und gilt auch heute noch, angesichts der Medienkonferenz, die in alle Welt ausgestrahlt wurde, erst recht. Die Entschuldigung ist unglaubwürdig. Was der Amerikaner gesagt hat, hat er gesagt und bleibt an ihm haften. Er kann noch so wütend twittern, er hätte sich versprochen. Niemand wird dem Gehör geben.
Horaz, der bedeutende römische Dichter, der zwischen den Fronten der damaligen Politik stand, wusste, dass es in der Politik schon immer Lügner gab. Sie sterben nicht aus. In Amerika ist nun mit Trump ein besonders interessantes Studienobjekt in Erscheinung getreten. Einer, der viel sagt, aber die Zunge nicht beherrscht. Er müsste den Psalmvers beten: „Herr gibt meiner Zunge eine gute Wache.“ Horaz schreibt in seiner „Ars Poetica“: „Steht die Sprache des Sprechers nicht in Einklang mit seiner Lage (Haltung), wird sich unter römischen Rittern und Fussvolk Gelächter erheben.“
Hätte Trump nicht so viel Macht, könnte man lachen über seine Worteskapaden, die ihm sein Narzissmus und seine Ichbezogenheit eingeben. Eines Tages, wenn er nicht mehr der mächtigste Mann der Welt sein wird, wird über ihn ein grosses Gelächter ausbrechen. Er wird für Karikaturisten immer ein dankbares Sujet bleiben und den Kabarettisten für Lachnummern dienen, – ganz so, wie es zu allen Zeiten und nach dem Zeugnis des Horaz bei den alten Römern war.