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Hat die SVP übernommen?

Erstmals hatte der Bundesrat ein Heimspiel in Davos.

Jetzt sind sie wieder auf der Heimreise, nicht die ganz Grossen dieser Welt, so doch die aus der zweiten Reihe, sieht man von Angela Merkel ab, die auch diesmal Davos ihre Aufwartung machte. Natürlich waren sie auch da, die Wirtschaftsgrössen dieser Welt, die Politologen, die Philosophen, Denker und Kritiker, die Publizisten und Journalisten, mit denen sich Klaus Schwab, der WEF-Erfinder, so gerne umgibt. Und auch die von der Strasse liessen sich in der Landschaft Davos blicken. Davos war einmal mehr das „Dorf“ dieser Welt.

Und doch diesmal war Davos mehr: Es war gar Spiegelbild der aktuellen Weltpolitik. Denn: Die Abwesenden prägten das Bild. Trump war an Washington gebunden, weil er immer noch glaubte, die Demokraten in die Knie zwingen, sie so unter Druck setzen zu können, dass sie ihm die 5,7 Mia Dollar für seine Mauer zu Mexiko doch noch zusprechen würden. Doch weit gefehlt. Die Demokraten blieben – zumindest vorerst – hart. Macron sah sich an Paris gebunden, weil die „Gelben-Westen“ nicht nachgeben. Mit einer landesweiten Gesprächsoffensive versucht er zu beruhigen, in dem er die Regionen Frankreichs besucht, die Präfekten, die Bürgermeister, die mächtigen Männer und Frauen in den Provinzen um sich versammelt und herauszufinden versucht, wo der Schuh tatsächlich drückt? Oder versucht er mit einer Charmeoffensive, das zu überkleistern, was er bisher sträflich vernachlässigt hat: soziale Gerechtigkeit? Theresa May sah sich an London gebunden, weil ihr der Lead in den Brexit-Wirren zusehends aus den Händen gleitet. So wurde das WEF diesmal nicht von den Grossen beherrscht.

Einmal wurde es überstrahlt von einem jungen Mädchen: von Greta Thunberg aus Schweden. Ihr Satz: „Handelt, als würde euer Haus brennen. Denn das tut es“, wird das WEF 2019 überleben, in die Annalen eingehen und in der Zukunft tausende, abertausende junge Menschen animieren, es ihr gleichzutun: Die Welt vor der Klimakatastrophe zu schützen.

Und umso präsenter war diesmal auch unser Bundesrat am WEF, allen voran Ueli Maurer, der Bundespräsident, der sich auf dem internationalen Parkett plötzlich pudelwohl zu fühlen scheint. 20 Staatschefs- und Regierungspräsidenten, Finanzminister und 11 Topmanager hat er zu Gesprächen in „seiner Suite“ empfangen, sekundiert von Guy Parmelin, dem neuen Wirtschaftsminister, und zog für einen SVP-Politiker die ungewöhnliche Bilanz: Die internationalen Kontakte waren für die Schweiz äusserst positiv.

Schon orakelt der Tagesanzeiger: „Jetzt hat die SVP übernommen“. Und genauer im Untertitel: „Erstmals laufen die Fäden der Schweizer Wirtschaftspolitik bei SVP-Bundesräten zusammen“. Und was machten Ignazio Cassis und Alain Berset in Davos: Gute Mine zum bösen Spiel? Von Aussenminister Cassis ist überliefert, dass er sich nicht so freute über Maurers Avancen Saudi-Arabien gegenüber. Und Alain Berset hat noch nicht ganz Abschied genommen von seinem bundespräsidialen Jahr, war er doch allein unterwegs und stellte fest, dass er bei all den Gesprächen Verständnis für das Zögern des Bundesrates zum Rahmenabkommen mit der EU auslösen konnte. Hat er im Stillen mehr erreicht als Maurer auf der grossen Bühne? Offensichtlich: Der Bundesrat hat im „Weltdorf Davos“ erstmals den Heimvorteil voll ausgenutzt. Trump, Macron und May sei Dank.

Haben unserer Bundesräte aber auch die Voraussetzungen geschaffen, um mit der EU tatsächlich nachverhandeln zu können, wie allerorts gefordert wird. Wird sich Brüssel bewegen? Oder hat die österreichische Aussenministerin Karin Knessl recht, die in Davos lakonisch unterstrich: „Was wir mit der Schweiz vereinbart haben, muss umgesetzt werden.“

Eines ist so oder so sicher: Viel Spielraum hat die Schweiz nicht. Es wird sich auszahlen, dass der Bundesrat nicht eilfertig handelte, dass er sich Zeit nimmt für die zurzeit laufenden Konsultationen zum Rahmenabkommen mit der EU. Kommt Zeit, kommt Rat.

Und schon lange ist nicht mehr so intensiv über das Verhältnis der Schweiz zur Welt, zu Europa diskutiert worden. Und noch nie waren SVP-Bundesräte so unmittelbar in die Debatte involviert. Je höher der Kenntnisstand, desto klarer wird sich die Balance zwischen den Vor- und den Nachteilen eines Abkommens herauskristallisieren.

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