StartseiteMagazinKulturEin Abenteurer aus Freiburg

Ein Abenteurer aus Freiburg

Das Museum in Bulle, der Geschichte des Greyerzer Landes gewidmet, lädt ausnahmsweise zu einem Ausflug nach Argentinien ein, wohin ein Freiburger Bürger ausgewandert ist.

«Ich wollte etwas von der Welt sehen und die Fauna, vor allem die Vögel, der anderen Kontinente kennen lernen.» — Louis de Boccard (1866-1956), aus einer alteingesessenen Freiburger Patrizierfamilie stammend, wandert 1889 als 23jähriger nach Argentinien aus. Er führt ein abenteuerliches Leben als Naturforscher, nimmt an mehreren Forschungsreisen teil, schreibt darüber und sammelt seine Fotos aus verschiedenen Ländern Lateinamerikas. Den Nachlass von Louis de Boccard konnte das Musée gruérien 2017 dank finanzieller Unterstützung erwerben und 2018 restaurieren.

Louis de Boccard, Englischer Segler auf hohem Meer, 9. Februar 1893. tirage à l’albumine.Grand album bleu, fonds Louis de Boccard.

Das Musée gruérien konzentriert sich in der reichhaltigen, gut präsentierten Ausstellung CONQUISTADOR auf die unveröffentlichte, zufällig wiedergefundene Hinterlassenschaft von Louis de Boccard. Wir sehen alte Fotografien und neu erstellte Abzüge, viele Texte und Briefe, teilweise über dezente Lautsprecher in der Ausstellung hörbar gemacht, – wir tauchen ein in die Welt des reisenden Forschers, den es immer wieder in neue Expeditionen zieht, der aber den Kontakt mit seiner Heimat nicht verlieren möchte.

Nicolas Savary, Hotelzimmer in Asunciòn 2014

Es war Nicolas Savary, 1971 in Bulle geboren und in der Romandie als Fotograf und Lehrer in seinem Fach geschätzt, der de Boccard und sein Archiv 2010 in Buenos Aires wiedergefunden hatte. Mit einem Stipendium konnte er sich 2014 seinem Projekt CONQUISTADOR widmen, er fotografierte aus seiner Warte und stellte visuelle, poetische Verbindungen her, die aus unserer Zeit auf die Dokumente in Schrift und Bild aus der Epoche von Louis de Boccard verweisen. Über seine Zeit in den Archiven erzählt Nicolas Savary: «Mir war, als ginge ich rückwärts, und als würde hinter meinen Fersen nichts mehr sein wie zuvor.»

 

 

Selbstportrait Louis de Boccard, aus seinem Nachlass (ohne Datum)

Als Louis de Boccard am 20. Mai 1889 südamerikanischen Boden betritt, notiert er in seinem Reisetagebuch: «Was für ein reges Leben und Treiben in diesem grossen Hafen der ersten Stadt Südamerikas und welche Aktivität in den endlosen, schnurgeraden Strassen dieser Grossstadt.» Aber die Metropole gefällt ihm nicht, er stört sich an «in aller Regel holpriger Strassenpflasterung und hässlichen Bauten, schlechter Bedienung und viel Schmutz in den Restaurants», im Sommer ist es ihm zu heiss. Er lebt vor allem in Bragado und Gualeguay, das ländliche Argentinien liegt ihm mehr, das Land der Gauchos, die sich selber überlassenen Viehherden in der Pampa, die Kleinstädte mit ihrer Kolonialarchitektur und ihren spanisch geprägten Traditionen.

 

 

Hier befanden sich Fotografien und schriftlicher Nachlass von Louis de Boccard. Nicolas Savary, Nationalarchiv in Buenos Aires 2014

Louis de Boccard ist häufig unterwegs, tätigt Geschäfte, beteiligt sich an Expeditionen und fertigt darüber viele Notizen an. Durch seine häufigen Briefe mit der Familie bleibt er, so gut es geht, in Kontakt mit seiner Freiburger Heimat. Diese Briefe, im Archiv in Buenos Aires gelagert, sind sorgfältig nummeriert, eine Notiz auf dem Umschlag nennt den Inhalt sowie das Aufgabe­ und das Empfangsdatum. De Boccard schildert die politische Lage, Alltagsbegebenheiten, seine Expeditionen, seine Beziehungen, fragt nach dem Alltag seiner Verwandtschaft in Europa und Südamerika. Besuch erhält er von zwei seiner Vettern, die beide eine Zeitlang in Lateinamerika leben. Die Freiburger Familie bleibt ihm lebenslang eine wichtige – auch finanzielle – Stütze. Seine Kinder wachsen nach dem Tod der Ehefrau in Europa auf, wohin de Boccard oft zurückreist.

De Boccard begleitete verschiedentlich Viehherden zu den Dörfern von Schweizer Auswanderern. – In den Unterlagen von Boccard finden sich auch Fotos anderer Fotografen, vermutlich: Samuel Rimathé (1862-1941), Kuhherde in der Pampa, tirage à l’albumine, ca. 1890. Grand album bleu, fonds Louis de Boccard.

Seine Reisen – damals vielmehr abenteuerliche Expeditionen – führten de Boccard auch zu den berühmten Iguassu-Fällen und zu den Ureinwohnern, «Indianerstämme» nennt er sie, die zunehmend ausgerottet, deportiert oder in Reservate verbannt werden. Wie damals üblich, ist Louis de Boccards Bild dieser Völker vom europäischen Kolonialismus beeinflusst.

Louis de Boccard inmitten des Volkes der Caingas (obere Parana), Postkarte, ca. 1900, 1931 versandt. Fonds Louis de Boccard.

Er fotografiert die Ureinwohner, ja setzt sie regelrecht in Szene und tauscht dann mit ihnen Objekte aus, um Waffen und anderes für seine Sammlung zu erhalten. Er hat eine gute Nase für kleine Sensationen: «Indianerbilder» können in Form von Postkarten verkauft werden, das erweitert seine Bekanntheit und seinen Kundenkreis.

Was es 2014 zu entdecken gibt: Nicolas Savary, Mustang auf einer Strasse. La Boca Buenos Aires 2014

 

Die Ausstellung CONQUISTADOR ist eine Koproduktion zwischen dem Musée gruérien und dem Musée de l’Elysée in Lausanne nach einem Konzept von Nicolas Savary.
Am 24. Februar 2019 14 Uhr findet eine Führung statt.

Bis 21. April 2019

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