StartseiteMagazinKolumnenWer ist reich in der Schweiz?

Wer ist reich in der Schweiz?

Die Debatte um die Ergänzungsleistungen wirft die Frage der Vermögensbemessung auf.

 

„(Keine) Ergänzungsleistungen für Reiche? Eine Frechheit!“*, schrieb Claudia Blumer, Kaderfrau in der Redaktion des Tagesanzeigers. Sie sprach gar ihrem Hausexperten Felix Gächter die Kompetenz ab, beurteilen zu können, wer nun Ergänzungsleistungen beziehen kann und wer nicht. Die Entscheidung des Parlaments, all jenen den Anspruch auf Ergänzungsleistungen zu entziehen, sollten sie 100’000 Franken auf der hohen Kante haben, hatte den Sozialversicherungsexperten Gächter entzürnt, und er schrieb im Tages-Anzeiger von einer “Enteignung des Mittelstandes“.
Wer hat nun Recht? Und wer ist tatsächlich reich in der Schweiz? Ist es Magdalena Martullo-Blocher, deren Familienvermögen so um die 10 Mia Franken geschätzt wird, oder ist es eben auch ein Rentner, der mühsam in seinem kargen Leben 100’000 Frankenangespart hat? In welchem Verhältnis stehen diese Zahlen? Der Vergleich lässt einen erschaudern: 1 zu 100’000.

 

Oder wie steht es um Thomas Matter, den SVP-Nationalrat aus Zürich? Er liess uns in der Arena wissen, dass er weit weniger verdienen würde als Daniel Lampart, Sekretär des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes, der ebenfalls in der Arena anwesend war. Nämlich lediglich 50’000 Franken lasse er sich auszahlen, und das als Besitzer einer Bank. Fast kommt Mitleid auf, aber immerhin bezieht er als Parlamentarier mit Spesen so um die 120’000 Franken, und zusätzlich wird ihm der Beitrag an die 3. Säule ausbezahlt, nochmals6’826 Franken im Jahr. Also kein „Verbarmen“? Und es ist wohl nicht verfehlt anzunehmen, dass er sogar jetzt schon ein beträchtliches Vermögen auf seiner hohen Kante weiss, in der Bank angelegt. Auf die neckische Frage von Jonas Projer, noch Moderator der Arena am Schluss der erwähnten Sendung, wie es denn zu Hause mit dem Putzen sei, meinte der Genfer Gewerkschafter Alessandro Pelizzari, aus Italien stammend, in Genf lebend, auf Deutschschweizer Mundart: „Ich putze gerne“,

und erzielte damit einen grossen Applaus. Thomas Matter hatte vorher verlauten lassen, dass er nie putzen würde. Anscheinend kann es sich mit dem Gehalt von 50`000 Franken immerhin eine Putzhilfe leisten. Soll man da schmunzeln? Das schon. Reich sein ist also zumindest relativ. Oder: Man ist ein gewiefter Steueroptimierer.

 

Aber immerhin, Magdalena Martullo-Blocher und Thomas Matter waren mit von der Partie im Nationalrat, als die Vermögensgrenze bei 100’000 Franken festgelegt worden ist, die von Ergänzungsleitungen für eine Person ausschliesst. Sie beide sind zweifellos nicht betroffen, können wohl kaum ermessen, was es heisst, beispielsweise lediglich mit der AHV leben zu müssen, was es bedeutet, Ergänzungsleistungen zu beantragen, welcheÜberwindung es kosten kann, seine Einkommens- und Vermögenssituation darlegen zu müssen, welche Ängste aufkommen, wenn ein Umzug in ein Pflegeheim ansteht, wenn klar wird, dass der Aufenthalt in einem Pflegeheim 8’000 Franken und mehr kosten wird? Und unklar ist, welche Kosten beim zu Pflegenden hängen bleiben?
Wie wohltuend kann es in dieser Situation sein, wenn noch ein kleines Vermögen vorhanden ist, mit dem man Finanzierungslücken decken, sich noch kleine Wünsche erfüllen, kleine Geschenke an die Enkelkinder machen kann.
Und es ist zunehmend erstaunlich, dass es immer wieder die bürgerlichen Parteien sind, die den Sparhebel ansetzen, wohlverdiente Errungenschaften in unserem Sozialstaat in Frage stellen, bei der Sozialhilfe, bei der Vorsorge, bei den Gesundheitskosten. Wer verteidigt noch den Mittelstand, der die grossen Leistungen für unseren Sozialstaat vollbringt, unseren Sozialstaat letztlich ermöglicht?
Natürlich gibt es bei den Rentnern schwarze Schafe, die ihr Pensionskassengelder beziehen, sich im In-, vor allem im Ausland ein schönes Leben gönnen und verbrauchen, was sie haben und dann an die Ergänzungsleistungen bewusst heranwollen. Da hat der Gesetzgeber genauer hinzuschauen. Missbrauch ist eh zu bekämpfen, wo auch immer. Das gemeinsam Erreichte ist zu sichern, gerade in unserem Land, in dem die Reichen nicht um ihre Pfründe bangen müssen.

(*Beim Zitat von Claudia Blumer setzten wir das «keine» in eine Klammer, um zu verdeutlichen, dass die Autorin Reichen keine Ergänzungleistungen zukommen lassen will.)

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