Wahlkampf pur

Eigentlich war alles klar: Die bürgerliche Mehrheit im Nationalrat wollte bei den Krankenkassen eine Erhöhung der Franchise auf 500 Franken, dann eine reduzierte auf 350 Franken, die aber laufend der Kostenentwicklung im Gesundheitswesen hätte angepasst werden können und bald einmal die Höhe von 500 Franken erreicht hätte. Und dann bekam die SVP-Fraktion kalte Füsse und mit ihr auch die meisten CVP-Parlamentarierinnen und -Parlamentarier. In der Schlussabstimmung am letzten Freitag versenkten sie gemeinsam mit der linken Ratsseite die Erhöhung. Die SVPler hatten den Ruf ihrer Klientel vernommen, hatten wohl erfahren, dass bei den Bauern, bei den Gewerbetreibenden nicht gut ankam, was sie grossmehrheitlich und lautstark gefordert hatten: Mehr Selbstverantwortung. Aber noch viel wichtiger war der SVP wohl auch, dass sie vor den Wahlen im Herbst ihrer Widersacherin, der SP, nicht das politische Feld überlassen wollte. Die Genossen hatten ja bereits das Referendum angekündigt, hatten klargemacht, was sie nicht wollten, dass nun auch noch bei der Krankenversicherung der staatliche Sparhebel angesetzt wird, dass auch in der Gesundheitspolitik die einzelne Bürgerin, der einzelne Bürger verstärkt zur Kasse gebeten wird. So bleibt zumindest vorerst die tiefste Franchise von 300 Franken unangetastet. Und der SP konnte ein Wahlkampfhit aus den Händen geschlagen werden.

Dennoch wird die SP die Karte Gesundheitspolitik im Wahlkampf ausspielen. Sie will mit ihrer Initiative die Prämienlast auf maximal 10 Prozent des verfügbaren Einkommens senken. Das Ziel werde erreicht, indem Bund und Kantone mittels Prämienverbilligungen tiefe und mittlere Einkommen besser unterstützen müssten. Das sei auch sozialer: Denn die Prämienverbilligungen würden mit Steuergeldern finanziert und würden so den unsozialen Charakter der Kopfprämien abfedern, lässt Christian Levrat, der SP-Parteipräsident, im Magazin „seniorin“ verlauten.

Da will die CVP nicht hinten anstehen und lancierte eine eigene Initiative. Gerhard Pfister, der CVP-Präsident, legt im Magazin „seniorin“ dar, dass 1996 Familien 8 Prozent des Einkommens für ihre Prämien bezahlten, heute seien es schon bis zu 19 Prozent. Die CVP will deshalb mit ihrer Kostenbremsen-Initiative erreichen, dass die Gesundheitskosten und damit die Prämien nicht massiv schneller steigen können als die Gesamtwirtschaft und die Löhne. Diese Kostenbremse schiebe dem ungehinderten Kostenanstieg den Riegel vor. „Nur so bleibt das Gesundheitswesen finanzierbar“, begründet Gerhard Pfister im gleichen Magazin seine Initiative.

Natürlich hat auch die SVP Vorstellungen darüber, wie die Kosten im Gesundheitswesen gesenkt werden könnten. Sie fordert eine gesamtheitliche Betrachtung der Gesundheitspolitik: Kassen, Ärzte, Kantone, Spitäler und die Pharmaindustrie, eben alle, müssten ebenfalls einen Beitrag zur Kostensenkung leisten und nicht nur die Patienten, ist ihre Position.

Das ist ein Allgemeinplatz, der im Wahlkampf nicht weit helfen wird. Denn: Das sagen schlicht alle, von links bis rechts. Nur wer nimmt die gesamtheitliche Betrachtung wirklich an die Hand. Bundesrat Alain Berset will im Herbst weitere Massnahmen ankündigen. In einem Paket will er auch den von SVP-Nationalrat Heinz Brand verlangten „Experimentierartikel“ sowie den von CVP-Nationalrätin Ruth Humbel vorgeschlagenen Innovationsartikel im Krankenversicherungsgesetz KVG in irgendeiner Form aufnehmen; er will zu neuen, zu innovativen Lösungen schreiten. Mit den beiden Artikeln könnte die notwendige Koordination aller an einem Krankheitsfall Beteiligten finanziert werden. So könnte beispielsweise das von der Pro Senctute des Kantons Zürich lancierte Projekt CareNet+ erfolgreich umgesetzt werden, in dem die darin praktizierte, aber auch aufwendige Fallkonferenz über das KVK abgerechnet werden könnte.

Ebenso erfolgversprechend wäre wohl ein «offizieller runder Tisch», eine ähnliche Kommission wie die bei den Pensionskassen (BVG), in der jeweils ein Konsens, eine Lösung beispielsweise beim Umwandlungssatz zuhanden des Bundesrates angestrebt und meistens auch erreicht wird. Am runden Tisch müsste ein Konsens erreicht werden. Ein Konsens, der sicherstellt, dass die jährliche Prämienerhöhung bei den Krankenkassen nicht über das Wirtschaftswachstum und das der Löhne hinausreicht, so dass die Krankenkassenprämien nicht mehr als 1,5 bis 2 Prozent pro Jahr im Gleichschritt steigen würden. Alle Leistungserbringer müssten sich am runden Tisch beteiligen, hätten dabei ihre Lösungen einzubringen, zum Konsens beizutragen und dann zu leisten, was vonnöten ist: Eine optimale, aber koordinierte Leistung für alle Patienten, bei der alles Unnötige weggeglassen, Doppelspurigkeiten vermieden, unnötige Anreize ausgeschlossen würden. Die Ärzte, die Kantone, die Spitäler, die Spitex-Organisationen, das Personal natürlich und insbesondere die Pharmaindustrie, aber auch wir als sowohl potentielle als auch wirkliche Patienten hätten sich nicht nur dem Konsens zu unterziehen, sondern ihn auch zu fordern.

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