StartseiteMagazinKulturDer grosse Schatten des Vaters

Der grosse Schatten des Vaters

Vor 150 Jahren kam in Tribschen bei Luzern Richard Wagners einzige Sohn Siegfried zur Welt. Eine kleine, exklusive Ausstellung erinnert daran.

 

Es waren grosse Fussstapfen, in die Siegfried Wagner von Kind auf hineinwachsen musste. Er war Haupterbe und sollte das Werk seines Vaters und damit auch die von Richard Wagner ins Leben gerufenen Festpiele in Bayreuth weiterführen.

Siegfried Wagner trug nicht nur den Namen eines tapferen Helden, sein Vater Richard schuf auch eine gleichnamige Oper als Teil der Tetralogie «Ring des Nibelungen». (Alle Bilder Josef Ritler)

 

Wundert es da, dass die Biografie des in seiner Jugend gerne als Nibelungenheld mit Fell und Horn dargestellten Siegfried etliche Brüche und Risse aufweist? Tragisch indes ist, dass der vielseitig begabte Stammhalter nach seinem Tod bald in Vergessenheit geraten ist. Wer heute Wagner hört, denkt nur noch an Richard Wagner.

 

Mit «falschem» Namen geboren

In Siegfried Geburtshaus bei Luzern wird mit einer Ausstellung des einzigen Sohnes Richard Wagners gedacht. Des Sohnes, der die ersten 14 Monate seines Lebens nicht richtig existieren durfte, war seine Mutter Cosima doch noch mit Hans von Bülow verheiratet. Und Siegfried sollte doch, anders als seine beiden, auch von Wagner stammenden Schwestern, den Namen Wagner tragen können!

Die Musikwissenschaftlerinnen und Kuratorinnen Verena Naegele und Sibylle Ehrismann und die für die Gestaltung der Ausstellung verantwortlichen  Matthias Niedermann und Daniel Reichlin (von links) vor dem, den Salon dominierende Bühnenbild».

 

Das auf Musikerbiografien spezialisierte Büro Artes, das heisst die Musikwissenschaftlerinnen und Kuratorinnen Verena Naegele und Sibylle Ehrismann, gestaltete im Richard Wagner-Museum in Luzern, idyllisch auf dem Hügel auf der Halbinsel Tribschen gelegen, eine kleine, feine Ausstellung. «So wird mir der Weg gewiesen», steht als Titel über einem Leben, das vorgezeichnet und fremdbestimmt und trotzdem kreativ und künstlerisch geprägt war.

 

Im ersten Stock des Landhauses, in dem die Wagnerfamilie von 1866 bis 1871 lebte, entstand, gestaltet von Daniel Reichlin und Matthias Niedermann von Stellwerkost, Wattwil, das Lebensbild eines Mannes, der sich zwar Zwängen beugte, aber auch ausbrach aus dem engen Familienkorsett und eigene Wege suchte.

 

Diese Wege zeichneten die beiden Kuratorinnen Naegele und Ehrismann an der Vernissage vom Sonntag in einer unterhaltenden Präsentation nach. Sie zeigten auf, wie aus dem kleinen Siegfried, dem schon früh eine visuelle Begabung attestiert wurde, ein Universalkünstler wurde. Er dirigierte, komponierte, studierte auch mal Architektur und organisierte ab 1908 die Bayreuther Festspiele. In den Kriegs- und Nachkriegsjahren fehlten allerdings allzu oft die Mittel.

 

Das Geheimnis, das keines war

Seinen grossen Alleingang aber hatte er im Privaten: Siegfried Wagner war kein strahlender Nibelungenheld im Wagnerschen Sinne. Er war homosexuell. Was jeder in seinem Kreis wusste und trotzdem kaum Gesprächsthema war. Zumal er auf Geheiss seiner Mutter dem Erhalt der Dynastie Tribut zollte, 1915 die Engländerin Winifred Williams heiratete und vier Kinder zeugte.

Siegfried Wagner wurde schon sehr früh als Nibelungenheld zelebriert. Im «Geburtszimmer» steht er als Sechsjähriger in einem Kinderbettchen. Auf dem Familienbild an der Wand ist nur der stolze Erbe mit seinen Eltern zu sehen – seine Schwestern fehlen.

 

Der Rundgang im ersten Stock des Museums beginnt, ganz logisch, im «Geburtszimmer». In einem alten Kinderbettchen steht ein lebensgrosses Porträt des etwa sechsjährigen Buben, der schon als Kleinkind  als Nibelungensiegfried posieren musste. Im nächsten Raum steht ein Paravent. Dahinter verbirgt sich das «geheime Leben» des Wagnersohnes, seine homophile Neigung, dokumentiert mit Fotos und Briefen.

Die Partituren zu den von Siegfried Wagner komponierten Opern sind noch vorhanden. Seine Werke aber sind schon längst von den Spielplänen verschwunden.

 

Im grossen «Salon» nimmt  ein Bühnenbild viel Raum ein, steht für das Leben, für das Siegfried bestimmt war als Nachfolger seines Vaters: Als Repräsentant auf den Opernbühnen und Verwalter des grossen musikalischen Wagnererbes. Auf der Rückseite des Bildes dann die Überraschung: Siegfried Wagner hat selber um die 14 Opern komponiert – die heute alle in Vergessenheit geraten sind.

 

Ein subtiles Farbkonzept

Im letzten kleinen Raum dann versammeln sich die Personen, die Siegfrieds Leben geprägt haben: Seine Eltern, sein Förderer und Lehrer, der Märchenopernkomponist Engelbert Humperdinck und seine Frau Winifred. Hier wird auch das subtile Farbkonzept deutlich, das sich als optische Verbindung durch die kleine Ausstellung zieht: Jedem der Protagonisten ist ineinanderfliessend ein Farbton zwischen rosa, violett bis blau und grün zugeordnet, der sich auch in den Zitatentafeln wiederfindet. Optische Glanzlichter bringen noch mehr Leben in die Exponate, leuchten die einzelnen Stationen dieses aussergewöhnlichen Lebens aus.

 

Der Luzerner Stadtpräsident Beat Züsli zeigte sich erfreut darüber, dass im Geburtshaus Siegfried Wagners nun des ungewöhnlichen Mannes gedacht wird, dem Luzern und Tribschen immer auch Heimat war. Denn schliesslich wurde der kleine Siegfried, als seine Eltern endlich in Luzern heiraten konnten, mit tatkräftiger Unterstützung der Luzerner Behörden legitimiert, das heisst als geborener von Bülow umbenannt in Wagner.

 

Stefan Gallati, Präsident der Richard Wagner-Gesellschaft, erinnerte zudem daran, dass Richard Wagner in der idyllischen Luzerner Umgebung die Oper «Siegfried» und Teile der «Meistersinger» komponiert habe – und zudem ein Musikstück für die Luzerner Feuerwehr.

 

Zur Sonderausstellung  «So wird mir der Weg gewiesen» wird ein Rahmenprogram geboten.

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