StartseiteMagazinKolumnenMüssen wir uns ständig belehren lassen?

Müssen wir uns ständig belehren lassen?

Lebenslanges Lernen ist die Devise. Im Netz tummeln sich unendlich viele Forscher auf diesem Gebiet und natürlich hat auch die Ratgeberbranche das Thema für sich entdeckt.

LLL ist zwar nicht neu, aber seit sich Unesco, OECD und Europarat die Devise „Lifelong learning“ auf die Fahne geschrieben haben, besetzt auch die Forschung dieses ergiebige Feld. Der Begriff ist dabei sehr weit gefasst. Gemäss Definition der Europäischen Kommission kann darunter „alles Lernen während des gesamten Lebens, das der Verbesserung von Wissen, Qualifikation und Kompetenzen dient“, verstanden werden.

Lernen in jungen Jahren ist selbstverständlich, und fachliche Weiterbildung im Berufsleben ist eine unerlässliche und meist auch begrüsste Begleiterscheinung. Aber wenn ich pensioniert bin, könnte ich mich doch einfach zurücklehnen und dem Müssiggang hingeben (sofern ich das nicht längst verlernt habe).

Doch kaum im Ruhestand tritt LLL wieder auf den Plan. Überall begegnen mir Slogans mit drohendem Unterton, was mir blüht, wenn ich meinen Geist nicht ständig fordere, wobei Sudoku und Kreuzworträtsel – mögen sie noch so anspruchsvoll sein – gar nicht zählen. Hinzu kommt die Vielzahl von Angeboten für Kurse, Vorträge, Schreibwerkstätten etc. Bei dieser Überfülle (und unterschwelligen Nötigung) könnte man leicht in die Haltung von Melvilles Bartleby, dem Schreiber, verfallen, nämlich in die totale Verweigerung „I prefer not to“. Aber vielleicht sollte man sich diesen Vorsatz für Sinnvolleres vorbehalten wie Fliegen oder unnötiges Produzieren von Abfall.

Nachbarinnen und Bekannte, Freunde und Kolleginnen verbringen Stunden und Tage damit, sich mit neuem Wissen einzudecken, und scheinen auch noch Spass daran zu finden. Warum investieren all diese Menschen im Ruhestand so viel von ihrer neu gewonnenen Frei-Zeit ins Lernen. Henry Ford hat die Antwort schon vor mehr als 100 Jahren formuliert „ Wer aufhört zu lernen, ist alt. Er mag zwanzig oder achtzig sein“. Das trifft in der heutigen Zeit mehr denn je zu. Wenn man nicht gesellschaftlich abgehängt werden möchte – und wer möchte das schon -, lohnt es sich, die vielseitigen Möglichkeiten zu nutzen, die sich heute bieten. Zwar können wir unsere Enkel nicht mehr einholen im Umgang mit digitalen Medien. Aber wir können uns zumindest auf dem Laufenden halten, damit wir später wissen, wie wir mit dem Pflegeroboter kommunizieren müssen.

Und auch Lernen als Selbstzweck oder zum reinen Vergnügen tut gut und ist laut Studien sinnvolles Brainfood. Warum nicht Chinesisch lernen, Philosophieren oder sich mit Vogelkunde befassen? Es gibt so vieles zu entdecken, wenn man sich eine gesunde Neugier bewahrt hat.

Also stürzen wir uns mit Genuss in die neue Phase des LLL.

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