StartseiteMagazinKulturFlotte Show, aber bitte mit Sahne

Flotte Show, aber bitte mit Sahne

Udo Jürgens «Ich war noch niemals in New York» ist längst ein Klassiker, inzwischen auch als Musical. Nun kann das Musical erstmals open air erlebt werden: bis 24. August auf der Thuner Seebühne. Geboten wird eine flotte Show, aber bitte mit Sahne.

Was die Macher des Jürgens-Musicals auf die Thuner Seebühne zaubern, ist kaum in allen Details zu erfassen. Es passiert so viel. Dabei ist die Handlung relativ simpel gestrickt: ein bisschen Traumschiff, ein bisschen Boulevard-Theater, ein bisschen Komödie. Doch aus dem simplen Stoff erwächst flotte Unterhaltung vor traumhafter Bergkulisse mit Eiger, Mönch und Jungfrau. (Schade nur, dass an der Vorpremiere davon nichts zu sehen war.) Im Endeffekt dient die Geschichte ja ohnehin nur dazu, die Udo-Hits singen und spielen zu dürfen, was die Darsteller und das Live-Orchester unter dem Dirigenten Iwan Vassilevski herausragend hinbekommen.

Hochzeit unter der Freiheitsstatue

Einmal verrückt sein und aus allen Zwängen fliehen! Im Mittelpunkt des Musicals stehen Träume und Sehnsüchte. Die erfolgreiche Fernsehmoderatorin Lisa Wartberg plappert im Fernsehen zwar gerne über den Umgang mit Senioren. Doch ihre eigene Mutter Maria hat sie ins Altersheim abgeschoben. Dort verguckt sich die rege alte Dame in ihren Runzel-Romeo Otto. Die beiden wollen sich ihren Lebenstraum erfüllen: Hochzeit unter der Freiheitsstatue. Heimlich besteigt das Paar ein Kreuzfahrtschiff mit Kurs auf New York. Bei dem Versuch, ihre Mutter aufzuhalten, trifft Lisa gemeinsam mit Costa und Fred, ihren treuen TV-Kollegen, die als schwules Paar ihr Glück bereits gefunden haben, auf Ottos Sohn Axel und dessen Junior Florian. An Bord des Kreuzfahrtschiffes nehmen die Verwicklungen ihren turbulenten Höhepunkt im Aufeinandertreffen der drei Generationen auf hoher See. Während für Maria und Otto der Himmel voller Geigen hängt, lernen Lisa und Axel erst an Bord, was wirklich wichtig ist im Leben: Teil einer Familie zu sein.

Tolle Tanzeinlagen: hier Axel (Patrick Imhof), umschwärmt von verführerischen Damen in Hollywood-Montur.

Ja, am Schluss kriegen sich alle. Doch bis zum Happy End darf amüsiert gestaunt werden, so über die über dem Dampfer thronende Freiheitstatue, die wie eine griechische Gottheit das turbulente Geschehen beäugt und begleitet, über viele vertrackte Aktionen, schön choreografierte Tanzeinlagen in bunten Kostümen à la Hollywood und ulkige Dialoge. So schnarrt Mama Maria etwa, als sie auf dem Schiff über ihre Tochter stolpert: «Die Stimme kenne ich – aus dem Fernsehen!». Und natürlich über die vielen Udo-Hits und -Gassenhauer wie «Griechischer Wein» oder «In diesem ehrenwerten Haus» oder «Siebzehn Jahr, blondes Haar» oder «Vielen Dank für die Blumen» oder «Mit 66 Jahren», die – alle schön intoniert und gesungen – je nach Verlauf des Geschehens einen neuen Dreh bekommen.

Grossartige Darsteller

Grosses Lob verdienen die Darstellerinnen und Darsteller, allen voran Kerstin Ibald als arrogante, hyperventilierte Show-Tante Lisa, Sabine Martin als altersweise, nonchalante und schön schnippische Mutter Maria, Patrick Imhof als lebensfroher  und verführerischer Axel und Hans E. Götzefried als tollpatschiger und gewitzter Vater und Liebhaber Otto. Grossartig auch die beiden Homosexuellen Fred (Nils Klitsch) und Costa (Steven Armin Novak), wie sie sich als schwules Paar outen, der eine Lisas TV-Design gestaltet und der andere sich nach seiner griechischen Heimat verzehrt.

Auf dem Trip von Hamburg nach Genua: Lisa (Kerstin Ibald) und Axel (Patrick Imhof) mit Sohn Florian.

Es gäbe noch viel zu erzählen, von der herrlich kitschigen Lichtregie oder vom abenteuerlichen Trip von Lisa und Axel samt Florian im Schlepptau von Hamburg nach Genua. Aber das Gescheiteste wird sein: Schauen und hören Sie sich`s an. Da kommen Musical-Fans ebenso auf ihre Rechnung wie Musical-Skeptiker.

Seebühne mit Freiheitsstatue vor imposanter Bergkulisse mit Eiger, Mönch und Jungfrau. (Fotos: Thunerseespiele)

Gespielt wird das Musical «Ich war noch niemals in New York» auf der Thuner Seebühne bis 24. August. Mehr unter thunerseespiele.ch

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