Alltagsgegenstände sind die Vorgaben, die der 77 Jahre alte Brite Fabian Peake in Bilder, Zeichnungen und Handschriften umsetzt. Jetzt stellt der Künstler, kuratiert von Eveline Suter, erstmals mit der Ausstellung «A Swift at the Corner» im Luzerner Kunstmuseum bis 9. Februar 2020 aus.
A Swift at the Corner ist Fabian Peakes erste Einzelausstellung in der Schweiz. Die Präsentation umfasst das ganze Spektrum seines medial vielfältigen Schaffens: Malerei, Zeichnung, Wandgemälde, Stoffobjekte, Reliefs und Skulpturen. Sie verbinden assoziativ frühere Arbeiten mit solchen, die extra für die Ausstellung entstanden. So wird deutlich, welche Themen den Künstler beschäftigen und wie er sie immer wieder aktualisiert.
Für das Holzobjekt setzte sich Fabian Peake mit dem Bootsbau auseinander
Fabian Peake interessiert sich für das, was ihn umgibt, einerseits formal und haptisch, aber auch in Bezug auf die handwerkliche Produktion. So eignet er sich immer wieder neue Kenntnisse und Techniken an. Für seine Stoffobjekte hat er das Schneidern gelernt, mit allen Finessen, die es braucht, um einen Anzug zu nähen. Die Kenntnisse nutzt er, um übergrosse Hosen, Ärmel oder Jacken zu schaffen, die teilweise beschriftet an Schnittmuster erinnern. Gleichzeitig fliessen alt und neu ineinander, beispielweise wenn ältere Stoffobjekte an neuen «Kleiderbügeln» präsentiert werden.
Die Platzierung und Anzahl von Taschen oder Reissverschlüssen verleihen den Stoffobjekten oft einen absurden, humorvollen Aspekt, wie er auch anderen Arbeiten eigen ist.
Für das neuste Holzobjekt, das dieses Jahr für die Ausstellung entstand, setzte sich der Künstler mit dem Bootsbau auseinander. Es gehört zu einer Serie grauer Skulpturen, die den Ausstellungsraum strukturieren. Sie stellen beispielsweise ein Häuschen oder ein Schiff dar, können aber auch abstrakte Formen annehmen, die zwar bekannt wirken, aber nicht völlig zu entschlüsseln sind. Diese ungegenständlichen Objekte erinnern an Kästen und Boxen am Strassenrand, deren Funktion sich dem Laien oft auch nicht erschliesst.
The Coathangers, 2019, Holz, Ölfarbe, Filzstift auf Textil
Der titelgebende Mauersegler flitzt um die Ecke eines Londoner Reihenhäuschens. Die Objekte, die der Vogel dabei vielleicht aus dem Augenwinkel sieht, sind für Fabian Peake Inspiration. Seine Kunst speist sich aus dem öffentlichen Raum: Die unprätentiöse Stadtmöblierung, bestehend aus Strommasten, Beschriftungen und Reklamen, Abfalleimern oder Schachtdeckeln fliesst in Fabian Peakes Formenkosmos ein. Der Künstler versteht die Kunst als illusionistisches, schwer fassbares Phänomen, wie der Vogel, der flugs schon um die Ecke verschwunden ist.
The Storm, 2012-2013, Öl auf Leinwand, 162.50×172 cm
Fabian Peake kombiniert in seinen Malereien und Zeichnungen abstrahierte Formen und Objekte immer wieder neu. Surrealistisch oder träumerisch treffen Dinge aus verschiedenen Sphären aufeinander: Bäume, Lippen, Autos, Krawatten, Barcodes oder rauchende Zigaretten. Der riesige geschnitzte Zopf und die ebensolche Haarnadel könnten direkt einem Mädchen zugehörig sein.
Dazwischen finden sich immer wieder Texte in der Handschrift des Künstlers, kurz oder lang, auch seitenverkehrt oder mit der Bohrmaschine aus Holzplatten getrennt. Literatur ist nicht nur eine wichtige Quelle für Peake, er schreibt auch selbst Kurztexte und Gedichte.
Wall Object (red) 2016, Holz, Ölfarbe, 52x60x35 cm
Gleichzeitig scheint in Peakes Werk eine Welt auf, die an «Alice im Wunderland» erinnert. Mit der Welt dieser Geschichte ist der Künstler aufgewachsen, hat doch sein Vater, Mervyn Peake, unter anderem Geschichten von Lewis Carroll oder den Gebrüdern Grimm illustriert.
I need to know, 213-2014, Öl auf Leinwand. 170×200.50 c
Fabian Peake lebt und arbeitet in London. Er studierte Malerei am Chelsea College of Art und am Royal College of Art. Während er weiter malt, hat sich seine Arbeit in den letzten zehn Jahren diversifiziert und umfasst maßgeschneiderte Wandstücke, Ausschnitte, Fotografien, Zeichnungen und Gedichte.
Yellow Hands, 2019, Ölfarbe auf Papier, 175×248 cn
Fabian Peake unterrichtete Malerei als Dozent am Fine Art Department der Manchester Metropolitan University. Seit 1967 hatte er umfangreiche Lehrtätigkeiten in Grossbritannien, in den USA und Mexiko und regelmässige Einzelausstellungen vor allem in London und anderen Städten Englands, in den USA, in Mexiko und China. 1993 und 1995 nahm er an Gruppenausstellungen an der Biennale in Venedig teil.
Titelbild: The Time of Books, 2013,
Fotos: Josef Ritler