StartseiteMagazinKolumnenDie Gewinne der Nationalbank

Die Gewinne der Nationalbank

Ist Geld die Wurzel allen Übels oder ist Geld „in Wahrheit der Gipfel der menschlichen Toleranz“, wie dies der israelische Autor und Historiker Yuval Noah Harari* in seinem Bestseller „Eine kurze Geschichte der Menschheit“ beschreibt? Tatsächlich: Wir vertrauen dem Geld, wir vertrauen dem inneren Wert einer Banknote. Wir sind sicher, dass wir mit ihr zahlen können. Wir vertrauen den weltweit aufgestellten Bancomaten, dass sie uns unser Geld aus dem Schlitz hervorbringen, wenn wir mit unserer Kreditkarte den richtigen Code eintippen. Und Harari folgert gar: „Dem Geld ist zu verdanken, dass die Menschen, die einander nie gesehen haben und einander nicht über den Weg trauen, problemlos zusammenarbeiten können.“

Dennoch: Es ist nicht einfach, den Mechanismus zu verstehen, nach dem Geld entsteht, seinen Wert erhält, sich Vermögen auftürmen können. Und es ist insbesondere aktuell nicht einfach zu verstehen, dass die Schweizerische Nationalbank im vergangenen Jahr einen Gewinn von 49 Milliarden Franken verbuchen kann, über eine Ausschüttungsreserve von 86 Mia. verfügt, ein Eigenkapital von 179 Mia. ausweist. Der Gewinn rührt daher, dass die Nationalbank mit grossen Mitteln eine Aufwertung des Franken zu verhindern trachtete. Sie kaufte im grossen Stil ausländische Devisen auf und investierte die Gelder in Gold, in Finanzprodukte wie Aktien, Obligationen, die 2019 historisch grosse Gewinne abwarfen. Mit der aktuellen Ausschüttungsreserve könnte sogar ein Jahresbudget der Eidgenossenschaft von rund 75 bis 80 Mia. Franken in den nächsten Jahren mehr als gedeckt werden. Und nicht zu vergessen, die AHV könnte sofort und auf Jahre hinaus saniert werden.

Gegenüber dem Bund und den Kantonen hat sich die Nationalbank verpflichtet, eine Gewinnausschüttung auch für 2019 und 2020 von je 2 Mia. vorzunehmen. Nun hat sie letzte Woche verlauten lassen, dass sie von sich aus die Ausschüttung um eine Mia. erhöhen könnte. Und siehe da, das blieb nicht ohne heftige Reaktionen. Während die Gewerkschaften, die SP, Seniorenverbände (im Text der VASOS) Geld für die AHV fordern, wollen die Grünliberalen Geld für Umweltmassnahmen. Die Freisinnigen dagegen sehen bei solchen Massnahmen die Unabhängigkeit der Nationalbank in Gefahr und weisen auf die Zukunft hin, bei der die Nationalbank, wie auch schon, Verluste bis zu 100 Mia. machen könnte und sie deshalb auf eine grosse Ausschüttungsreserve angewiesen sei.

Richtig ist aber auch, dass die Nationalbank mit den Negativzinsen, wie sie auf grosse Vermögen, wie auf Pensionskassen-Gelder erhoben werden, einen Gewinn von rund 2 Mia. Franken (je nach Berechnungen auch mehr) Gewinn verbuchen konnte. Diese müssten eigentlich in die zweite Säule zurückfliessen, die entgegen der 1. Säule einen weit grösseren Sanierungsbedarf aufweist. Einfacher und politisch vertretbarer ist die Zuweisung aber an die AHV, weil damit allen in der Schweiz das Geld zugute käme. Unterstützung können die Gewerkschaften und die Sozialdemokraten von der SVP erwarten. Der ehemalige Aargauer SVP-Ständerat und spätere Nationalrat Maximilian Reimann hat in einer parlamentarischen Initiative gefordert, dass die Gewinne der Nationalbank aus den Negativzinsen der AHV zugute kommen sollten. Die SVP hat am Wochenende an ihrer Tagung am Bodensee die Forderung erneut bekräftigt.

Diese Forderung ist gerechtfertigt, weil das Geld einerseits zurückfliesst, wo es gewonnen wurde, bei der Vorsorge, und andererseits, weil damit die Unabhängigkeit der Nationalbank bei einer Ausschüttung von rund zusätzlichen 2 Mia. bei einem Gewinn von 49 Mia. Franken nicht ernsthaft tangiert wird. Die Diskussion ist also eröffnet.

Mit Geld lässt sich nach Harari „ein Land in Loyalität, Gerechtigkeit in Gesundheit, Gewalt in Wissen verwandeln“. Zweifellos: An Geld fehlt es uns in der Schweiz keinesfalls. Im Gegenteil. Aber haben wir auch die politische Kraft, damit das zu tun, was wir wollen: eine solidarische Gemeinschaft, eine gelebte Eidgenossenschaft? Die Schweizerische Nationalbank ist eine spezialrechtliche Aktiengesellschaft, zu 55 Prozent in der Hand der Kantone und ihrer Institutionen. So gehört sie zur Mehrheit auch uns. Halten wir, hält stellvertretend Bundesbern für uns also Augenmass. Achten wir alle aber darauf, dass die Gewinne dorthin fliessen, wo sie zur Solidarität beitragen, zur AHV.

*Yuval Noah Harari: „Eine kurze Geschichte der Menschheit“, erschienen bei Deutsche Verlagsanstalt München, ISBN 978-3-570-55269.8

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