StartseiteMagazinKolumnenDie AHV neu denken

Die AHV neu denken

Alle wissen es eigentlich: Die AHV und auch oder geradezu die zweite Säule, die Pensionskassen, müssen dringend saniert werden. Daran führt kein Weg vorbei. Im Gegenteil: Bei der zweiten Säule drängen sich Sofortmassnahmen gar auf. Und wir sind ja – zu Recht – mitten in der Diskussion. Aber was uns zurzeit vorgeführt wird, ist ein zielloses Hickhack, weil all die ernannten und selbsternannten Experten nur eines im Auge haben: ihre Version der Sanierung.

An sich hat alles ganz gut begonnen und auf einen breiten Konsens, auf einen gangbaren Weg hingedeutet. Die grossen Sozialpartner, der Schweizerische Arbeitgeber-Verband und die nationalen Gewerkschaften, hatten gemeinsam einen Entwurf erarbeitet, den der Bundesrat sich nur zu gerne zu eigen machte.

Nun machen Unterverbände der Arbeitgeber-Seite Stunk. Sie werfen ihrer Verbandsspitze vor, sie hätten sich von den Gewerkschaften über den Tisch ziehen lassen. Sie wollen Korrekturen. Ihnen missfällt, dass auch die Menschen mit grossem Einkommen bei der Übergangsgeneration in den Genuss eines Zustupfs kommen würden. Eines Zustupfs, der die Reduktion des Umwandlungssatzes von heute 6,8 auf 6,0 im obligatorischen Bereich etwas kompensieren könnte. Die Kritiker missachten, dass gerade die grossen Einkommen auch grosse Einzahlungen mit ihren Arbeitgebern zusammen leisten. In der Eidgenossenschaft ist gelebte Solidarität eben keine Einbahnstrasse. Und nun schwenkt auch der Pensionskassen-Verband in der Mehrheit, wie in der Sonntags-Presse zu lesen ist, auf den Oppositionskurs ein.

So zeichnet sich jetzt schon eines ab, was unbedingt verhindert werden müsste: Alle verbeissen sich in die Details, orientieren sich zwar am Vorschlag des Bundesrates, suchen aber krampfhaft nach Änderungen, mit denen sie nach aussen ihre Positionen verdeutlichen könnten.

Was nun Not täte, ist ein Blick weit über die vorliegende Vorlage hinaus. Auch ein Blick nach Kanada beispielsweise würde sich mehr als lohnen, wo die Pensionskassen weit geringere Verwaltungs- und Anlagekosten zu verursachen wissen. Beispielsweise auch auf Wissenschaftler, die sich nicht am Gängigen festbeissen, sondern unbekümmert neue Modelle – zumindest – andenken. Wie der Luzerner Professor Konstantin Beck, der in der NZZ resümiert: „Warum soll in der AHV nicht möglich sein, was im KVG funktioniert: eine generationengerechte Finanzierung, wo die jährlichen Einnahmen mit den Ausgaben ins Lot gebracht werden.“ Mit einer abwehrenden Handbewegung kann dieser Vorschlag vom Tisch gewischt werden, wie es Politiker leider sehr schnell zu tun pflegen. Oder aber, sie steigen auf die Argumente ein, hinterfragen sie und evaluieren seriös, was daraus werden könnte.

Wir haben ein neues Parlament, viele neue Gesichter, auch viele junge Frauen, ihnen ist ein Weitblick zu gönnen. Ihnen ist zu wünschen, dass sie nicht nach gut bezahlten Lobby-Diensten Ausschau halten, sondern ihre Visiere weit öffnen, auch nach Experten Ausschau halten, auf Kennerinnen und Kenner der Materie, die nicht nur im eigenen Interesse handeln, sondern tatsächlich den Sozialstaat Schweiz im Auge behalten. Genauso wie unsere Väter die AHV ersannen, wie sie das Drei-Säulen-Konzept erfanden und auch umsetzten. Sie verdienen es, dass es, neu gedacht, jetzt zu neuem Leben erwacht.

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4 Kommentare

  1. ja immer schön die angst mit der rente schüren .wenn eine wie ich 45 jahre hart gearbeitet hat zusehen muss wie jüngere einfach nichts tun und ich kenne einige denen das gar nichts ausmacht .dann frag ich mich warum die die gearbeitet haben ,die die wirtschaft überhaupt noch am laufen halten mit der rente noch steuern zahlen müssen.man liest immer Geld sei da .für was denn.für waffen? was tun die reichen für ihr Geld ?das Geld ist da für die menschen die sich den arsch aufreissen jeden tag und nicht beim kafi hocken.ich hatte keinen mutterschaftsurlaub geschweige Unterstützung für die Kinder .item das wars liebe grüsse

  2. Weil durch das Steuersystem der Schweiz die Beiträge an die AHV, an die obligatorische berufliche Vorsorge (zweite Säule) und begrenzt auch an die freiwillige private Selbstvorsorge (dritte Säule) nicht besteuert werden. Das gilt auch für die Zins- und Anlageerträge der zweiten und dritten Säule. Daher wird dann der Bezug der Renten voll besteuert (abgesehen vom Kapitalbezug, der privilegiert besteuert wird). «Deshallb wären die Steuerbefreiungen der AHV und der 2. Säule systemwidrig», wie der Bundesrat auf eine Motion im Nationalrat schrieb. Man müsste also das ganze System ändern. Die Beiträge an die AHV und an die 2. Säule werden ja vom Lohn abgezogen, sind letzlich eben auch Einkommen. Die Beiträge fliessen in der Regel über die Arbeitgeber (plus den Arbeitgeber-Beiträgen) direkt an die Sozialwerke.

  3. Man jammert ja immer über die AHV. Ich wohne hier im Tessin. In der Nachbarschaft wohnen
    einige Italiener…… sie waschen privat für dritte (Wäscherei mit Privatlieferdienst, und putzen fremde Hauser, aber immer alles schwarz, und sind erst noch stolz…. haben einen grossen wagen oder zwei sogar. Denken sie seien schlau…… ich finde es Betrug. Aber niemand kontrollier.
    Ich spreche nicht von Pensionierten die sich einige Stunden täglich beschäftigen, sondern von Frauen im besten alter. Aber niemand kontrolliert. Wenn all diese Italiener, Portugiesen, Spanier usw. im bestem Alter ihr einkommen deklarieren würden, und ihre AHV Beiträge zahlen würden, dann hätten wir nicht so ein grosses Loch in der AHV Kasse!

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