StartseiteMagazinKolumnenWorauf setzt der CIA nach Crypto?

Worauf setzt der CIA nach Crypto?

Ganz wenige haben es gewusst, einige haben es geahnt, jetzt wissen wir es alle: Seit 1970, also während beinahe 50 Jahren, gehörte die renommierte, angebliche Schweizer Firma Crypto AG in Steinhausen bei Zug bis ins Jahr 2018 dem US-Amerikanischen Geheimdienst CIA. Und bis 1993 war auch der deutsche Bundesnachrichtendienst BND mit im Aktionariat, wunderbar getarnt durch eine Treuhandanstalt in Liechtenstein.

Wie war das möglich? Wer wusste in der Schweiz davon und was? War Bundesrat Kaspar Villiger involviert, tarnte er bewusst das Unternehmen als ehemaliger Unternehmer? Oder ganz anders: Waren er und auch Georg Stucky, damals ehemaliger Zuger Nationalrat und Verwaltungsrat der Firma, einfach naiv? Oder noch anders: Waren er oder sie beide so durchtrieben und auch fasziniert, dass sie teilhatten an dieser ganz ungewöhnlichen, aber hoch erfolgreichen „Geheimdienst-Operation“? Und Peter Regli, der damalige, umtriebige Geheimdienstchef, der 1999 von Bundesrat Adolf Ogi als Nachrichtenchef entlassen und in eine andere Funktion versetzt wurde, was wusste er in diesem Zusammenhang?

Nach den neusten Enthüllungen soll auch der damalige Justizminister Arnold Koller im Bilde gewesen sein, in dessen Departement die damaligen Untersuchungen liefen.

Ganz sicher ist eines: CIA und BND setzten ein geheimdienstliches, brillantes Bravour-Stück der ganz besonderen Art um. Statt ganz besondere, gewiefte Spione ins Zentrum ausländischer Geheimdienst zu platzieren und damit ein ganz hohes Risiko der Enttarnung einzugehen, platzierten sie einfach Dechiffrier-Maschinen in die Geheimcentern von über 100 Ländern. Crypto-Maschinen, die ganz besonders geheime Papiere/Unterlagen chiffrierten, um sie verschlüsselt an die notwendigen Adressaten besonderer geheimdienstlicher Aktionen zu senden, die dann die Anweisungen, ganze Logistikunterlagen für ganz besondere geheime Operationen vor Ort dechiffrieren und mit Weisungsrecht handeln und umsetzen konnten.

Und unübertroffen ist, dass CIA und BND sich die hochtechnischen Geräte, die metallenen Spione, von den künftig Kontrollierten auch noch fürstlich bezahlen liessen. Die Folge: Die Firma in Steinhausen blühte auf, die Geheimdienste konnten satte Dividenden abkassieren. Die Schweiz war stolz auf die hochtechnischen Geräte aus Zug. Und: Die neutrale Schweiz war immer Rückzugs-, Ruhe-, aber auch Planungs-und eben auch Operationsraum von Geheimdiensten dieser Welt.

Weil die Rundschau schon zu Beginn der 90iger Jahre intensiv um die Firma Crypto herum recherchiert und auch berichtet hatte, stiess der deutsche Journalist Peter F. Müller, dem das 280-seitige Dokument der CIA/BND über die Aktion „Cryto“ im Jahr 2019 zugespielt wurde, im Text auf das Politmagazin des Schweizer Fernsehens. Er teilte das Dokument mit der Rundschau, und diese griff auf, was sie schon im Archiv hatte und setzte ein dreiköpfiges Recherche-Team in Bewegung, das nun am letzten Mittwoch darlegte, was es zusammengetragen und in einer spannenden Dokumentation umgesetzt hatte.

Da wir es jetzt wissen, stellt sich eigentlich nur noch die eine Frage: Wusste Kaspar Villiger davon? Er dementiert, auch nachdem und umso heftiger als er in einer Vorlage von Bundesrätin Viola Amherd als Wissender namentlich erwähnt wird. Und ganz wichtig: Wusste der damalige Schweizerische Nachrichtendienst davon? Profierte er gar direkt davon? Die heutigen Verantwortlich schweigen, noch.

Politbern fiebert, ist in Aufregung. Wohltuend dämpft Alfred Heer, SVP-Nationalrat und Präsident der Geschäftsprüfungs-Delegation der beiden Räte, die erregten Gemüter. Selbstverständlich muss der Sachverhalt vollständig geklärt werden. Auch zu klären ist, ob strafrechtlich relevante Vergehen vorliegen, wie das der international anerkannte Basler Rechtswissenschaftler und Antikorruptionsexperte Prof. Mark Pieth vermutet und deshalb eine Untersuchung durch die Bundesanwaltschaft fordert.

Eine umfassende Klärung kann den angerichteten Schaden mildern, die Reputation der Schweiz, das Vertrauen in unser neutrales Land wieder stärken.

Doch es gibt auch eine ganz andere, bedeutende Aufgabe: CIA hat „Crypto“ aufgegeben, die Firma 2018 verkauft. Die Maschinen sind wohl nicht mehr so wichtig. Der technisch bestausgerüstete Geheimdienst der Welt hat zweifellos einen Ersatz dafür in Aktion. Und überlegen: Der CIA ist allen anderen Geheimdiensten in der Welt technologisch weit überlegen. Selbst dem israelischen Mossad. Russland entsendet immer noch etwas tollpatschige Spione in die Welt hinaus, um wie in Grossbritannien einen ehemaligen Spion und seine Tochter umzubringen.

Der Cyber-Krieg ist in vollem Gange. Und meine bange Frage: Ist der schweizerische Geheimdienst auf der Höhe der Zeit, kann er im Cyber-Krieg adäquat wirken, ist er technisch genügend ausgerüstet, auch genügend eingebunden in die Geheimdienste der westlichen Staaten, gerade mit denen der USA. Schon einmal ist der Schweizerische Geheimdienst vom „Berner Club“ der europäischen Geheimdienst-Chefs ausgeschlossen worden. Damals als Jean-Louis Jeanmaire der UdSSR militärische Geheimnisse verraten hatte. Und in Frage stand, ob die Schweiz Bulgarien Daten von US-Militärgeräten verraten hatte.

Die Geschäftsprüfungs-Delegation der beiden Räte war schon in den 90iger Jahre nicht über alle Zweifel erhaben. Sie hat sich jetzt und sofort den aktuellen Fragen anzunehmen, sie zu klären. Eine parlamentarische Untersuchungskommission PUK könnte später eingesetzt, sich Zeit nehmen, die Crypto-Affäre aufzuklären, sofern sich die alt Bundesräte Kaspar Villiger und Arnold Koller, die ehemaligen Verwaltungsräte der Crypto AG, die FDP-Nationalräte Georg Stucky und Rolf Schweiger, ehemalige Geheimdienst-Chefs wie Peter Regli sich nicht von sich aus outen und zur Klärung beitragen.

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