So eindrücklich, so schön, diese Gesten des allabendlichen Applauses in den Städten, das Singen und Musizieren von den Balkonen herab in die Gassen, Häuser und hoffentlich hörbar bis in die Spitäler für das Pflegepersonal, für Spitexfrauen und für Ärztinnen und Ärzte – als Ausdruck von Dankbarkeit und Solidarität. Allein schon beim Schreiben darüber kriege ich Gänsehaut.
Ja, das Corona-Virus stellt alles auf den Kopf – und es krönt und anerkennt endlich sicht- und hörbar die enormen Leistungen, welche in unserem Gesundheitssystem erbracht werden – dies angesichts dieser Pandemie unter Gefährdung der eigenen Gesundheit und unter wachsender Belastung von Tag zu Tag. Spitäler organisieren ihre Notaufnahmen um, machen mehr Intensivbetten frei, bereiten Abteilungen auf den Krisenpeak vor, mobilisieren alle nur erdenklichen Ressourcen, auch im Militär und bei Pensionierten.
Doch wie kann die Gesundheit der Pflegenden, Ärztinnen und Ärzten in ihrem Grosseinsatz geschützt werden? Bund und Kantone müssen das Gesundheitspersonal unbedingt mit besonderen Massnahmen unterstützen, verlässlich Entlastungsmöglichkeiten und die Kinderbetreuung organisieren. Denn Gesundheitsfachpersonen arbeiten schon im heutigen Normal-Betrieb sehr oft an der Grenze der Belastbarkeit. Zu knapp sind die Stellenpläne, zu häufig die Überstunden und zu kurz im Allgemeinen die Zeit der Verweildauer im Beruf.
Wir laufen seit Jahren auf einen Notstand in der Pflege zu. So braucht unser Gesundheitssystem jedes Jahr 6000 neue Pflegekräfte – aber die Schweiz bildet nicht einmal die Hälfte davon aus. Die fehlenden Arbeitskräfte werden aus dem Ausland rekrutiert – dabei wären viele Junge interessiert, den Beruf zu wählen, wenn für die Pflege genügend Personal eingesetzt würde, wenn die Arbeitsbedingungen familientauglicher wären und der Pflegeberuf nicht länger mehr das Schattendasein eines Hilfsberufes fristen müsste.
Wir müssen mehr in die Pflege investieren – das wird eine der ersten Lehren sein, die wir aus der aktuellen Situation ziehen sollten. Sparen beim Pflegepersonal, wie es die Schweiz schon seit Jahren tut, ist am falschen Ort gespart. Damit ist unser Gesundheitssystem in dieser Situation ganz besonders gefordert. Vor allem aber die medizinischen Fachpersonen, die – sie leisten Enormes und stehen vor der besonderen Herausforderung, nun noch Ausserordentlicheres leisten zu müssen.
Mit dem Danke sagen ist es sicher nicht getan – aber viel mehr lässt sich aktuell nicht machen. Ausser in Eigenverantwortung dazu beizutragen, dass sich das Tempo der pandemischen Ausbreitung etwas verlangsamt – und unsere Wertschätzung für die enormen Leistungen mit Applausaktionen und Musik aus allen Gassen und Häusern zu zeigen. Und wenn wir diese Pandemie einst überstanden haben, muss die Politik die Pflege stärken und das Gesundheitssystem krisenfester machen.
Bea Heim, ehem. SP-Nationalrätin, Co-Präsidentin VASOS, Vereinigung aktiver Seniorinnen- und Seniorenorganisationen
Die Frage ist,wie packen wir das an und wer führt diese wirklich notwendigen Schritte an und durch?
Es ist ja höchste Zeit dazu!