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Das gefühlte Alter

Ist man so alt, wie man ist, oder ist man so alt, wie man sich fühlt? Die Antwort ist genauso einfach wie komplex. Und weil die Frage ein so weites Feld öffnet, gibt es auch keine allgemein verbindliche Antwort darauf. Ausgehen bei der Beantwortung dieser ganz grossen Frage kann man eigentlich nur von einem: von sich selbst. So hat jede oder jeder die eigene Antwort auf diese Lebensfrage.

Am Morgen bin ich manchmal so alt wie ich bin, gar müde, abgespannt, bald 76 Jahre alt. Am späteren Nachmittag bin ich nach einer anstrengenden Wanderung manchmal purlimunter, ganz besonders aufgestellt, gefühlt weit jünger, obwohl ich den ganzen Vormittag schon an einem Artikel, an einem schwierigen Bericht, an einem Protokoll herumgewerkelt habe. Der Widerspruch ist offensichtlich, aber ganz schnell erklärt. Der Tag war einfach gut verlaufen. Das Protokoll war endlich erstellt, einmal mehr war eine Last wie selbstverständlich abgetragen. Die Wanderung war schlicht erbauend, die Sonne schien durch den jetzt ergrünten Wald, die Wiesen rochen nach dem frisch gemähten Gras, der leichte Schweiss auf der Stirn lieferte den Beweis, dass der Weg es in sich hatte. Und die Rast am angestrebten Ziel war weit mehr als eine Verschnaufpause. Es war ein Einkehren zu mehr: zum verdienten Lunch mit einem gekühlten Bier zum Start und ergänzt mit einem Roten im Glas zum Mahl.

Und trotz alledem: Seit dem 16. März gehören wir alle ab 65 zu der umsorgten Risikogruppe. Vielen tat und tut das weh, weil nicht sein kann, was nicht sein darf, älter werden nämlich. Dennoch ist es unumkehrbar, nicht veränderbar. Dem Spannungsfeld zwischen dem eigentlichen und dem eben gefühlten Alter haben wir uns zu stellen, es ist schlicht auszuhalten. Je bewusster wir das Spannungsfeld erkennen, uns mit ihm auseinandersetzen und je besser wir schliesslich mit ihm umzugehen verstehen, je weit besser können wir jetzt oder auch später mit beginnenden Mängeln, mit Bresten, mit einer eingeschränkten Mobilität beispielsweise, zu Rande kommen. Wir können uns mit dem arrangieren, was uns Erleichterung verschafft, sei es auch nur ein besseres Schuhwerk, sei es auch, wenn wir uns mit den neuen digitalen Kommunikationsmitteln laufend auseinandersetzen, sei es, dass wir uns mit den gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Ereignissen und Begebenheiten konfrontieren lassen, sei es auch, dass wir uns mit dem Ende der eigenen Geschichte zu befassen beginnen.

Wir können uns aber auch wehren, wenn in der Gesellschaft das Älterwerden, wie jetzt im Ansatz zu spüren, zu einer Belastung wird. Dem haben wir selbstbewusst entgegenzutreten, im eigentlichen, aber auch im gefühlten Alter.

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3 Kommentare

  1. Bin auch 44er. Ich bin ernsthaft überzeugt und glaube daran, dass ich 122 Jahre alt werde. Ich plane also mein Leben für die nächsten 40 Jahre…Organisiere die Seniorenakademie Seegemeinden, spiele Int. Tennisturniere, bewirtschafte mit meiner Frau ein grosses Grundstück am See in Weggis…
    http://www.karlhoppler.ch

  2. Ist man so alt, wie man ist, oder ist man so alt, wie man sich fühlt?
    Mein Körper ist alt und hat je länger je weniger Energie! – Die wachsende Bewusstheit über unser wirkliches Sein löst sich langsam von all den vergeblichen Anstrengungen des Verstandes das Leben verstehen und meistern zu wollen. Diese Einsichten stellen sich nicht automatisch mit fortschreitendem Alter ein, sondern erfordern intensive Bemühungen (z.Bsp. Meditation) um den Sinn des Lebens ergründen zu wollen.
    Im Gegensatz dazu ist gerade jetzt während der «Corona-Zeit» die vorherrschende Stimmung Angst-Macherei der Medien, die uns, vor allem uns Oldies (ich bin 80) mit «2m-Abstands-u. Hygiene-Regeln u. Expertenwissen»retten u. bevormunden wollen! Mein Bruder (84) lebt in einem Heim für geistig Behinderte u. ist quasi seit über 2 Monaten in «Halbgefangenschaft», obwohl das natürlich von der Institution nicht so deklariert wird. Er ist relativ gesund u. mobil und unternehmungslustig, darf uns aber nicht besuchen. Ich bin sicher, dass er sich nicht mehr so alt fühlt, wie er ist, sobald man ihm seine sowieso beschränkte Freiheit wieder lässt.

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