Nach mehr als 10 Jahren Arbeit ist die Abtei von Payerne wieder für die Öffentlichkeit zugänglich. Ab Samstag, 11. Juli tauchen die Besucherinnen und Besucher mit der Technologie des 21. Jahrhunderts auf dem neu konzipierten Museumsrundgang in die Geschichten und Geheimnisse dieses tausendjährigen Gebäudes.
Die Abtei von Payerne, ein Meisterwerk romanischer Kunst in der Schweiz, ist am Samstag, 11. Juli wieder für die Öffentlichkeit zugänglich. Die Wiedereröffnung bildet den Abschluss eines ehrgeizigen Renovierungsprogramms, das 2007 anfing. Mit der Renovation der Abtei nutzte man zugleich die Gelegenheit, das historische Zentrum, den Marktplatz von Payerne, neu zu gestalten und eine innovative Museumsführung zu konzipieren. Die Anwesenheit von Isabelle Chassot, Direktorin des Bundesamts für Kultur, sowie den weiteren politischen Persönlichkeiten unterstreicht die Relevanz dieses Projekts für die Schweiz. André Bersier, Gemeinderat für Stadtplanung und Bauarbeiten: «Die Abteikirche ist ein integraler Bestandteil des Lebens der Bürgerinnen und Bürger von Payerne und das Symbol unserer Stadt. Und sie ist auch für die Schweiz ein aussergewöhnlicher Ort, nämlich die grösste romanische Kirche unseres Landes. Wir sind stolz darauf, das Ergebnis dieses verrückten Projekts so vielen Menschen zugänglich zu machen.»
Die Abtei von Payerne in neuem Glanz.
Hochpräzisionstechnik und Bautradition
Die Idee für ein grosses Restaurierungsprojekt wurde im Jahr 2007 geboren: Die Abtei von Payerne drohte, in sich zusammenzufallen. Es mussten dringend Massnahmen ergriffen werden. Von den ersten Studien über die Konservierungsarbeiten bis hin zur Präsentation und Neugestaltung der Stätte sind 13 Jahre vergangen. Mehr als 1000 Arbeiterinnen und Arbeiter aus 100 spezialisierten Unternehmen arbeiteten daran, die Schäden zu reparieren und den Glanz der Abtei wiederherzustellen.
Der für die Arbeiten verantwortliche Architekt, Ivan Kolecek: «Zunächst müssen wir diejenigen ehren, die uns diese Kirche übergeben haben. Es ist ein aussergewöhnliches Erbe!» Bei dieser Renovierung liessen sich die Handwerker von der Tradition der Baumeister inspirieren, kombiniert mit den neuesten Techniken. «Die Fassaden, die durch den Gewölbedruck gefährlich auseinandergedrückt wurden, hat man mit metallenen Zugstangen stabilisiert, die millimetergenau bis auf 25 Meter Höhe in die Wände und den Boden gebohrt wurden – eine Verankerungstechnik, die zum ersten Mal in dieser Grössenordnung an einem historischen Denkmal angewandt wurde.» Die Fassade der Abtei konnte mit Hilfe eines Laserstrahls gereinigt werden. Dadurch brachte man die romanischen Ornamente in ihrer Reinheit wieder zum Vorschein. Die Dächer, ein Teil des Gewölbes und die Innenmalereien wurden ebenfalls renoviert.
Ein interaktiver Rundgang
Um die Abtei von Payerne auf spielerische Art und Weise (wieder) zu entdecken, wurde ein immersiver und interaktiver Rundgang entwickelt. An 20 Schlüsselpunkten können die Gäste in die Geschichte und die Geheimnisse dieses tausendjährigen Gebäudes und seiner ursprünglichen Charaktere eintauchen. Zudem gibt es Kuriositäten und den spektakulären Aussichtspunkt zu entdecken. Der Audioguide und die Szenografie wurden vom Museographen Michel Etter entworfen: «Wir bieten einen neuen Blick auf die Abtei von Payerne und ihre Geschichte. Heute können wir nicht einfach Objekte ausstellen und uns Erklärungen vorlesen lassen. Wir bieten einen immersiven und interaktiven Rundgang an, bei dem die Besucherinnen und Besucher die unglaubliche Geschichte der Kaiserin Adelaide kennenlernen. Als Tochter von Königin Bertha knüpfte sie dank ihrer politischen, kulturellen und religiösen Allianzen eine Verbindung mit der Benediktinerabtei Cluny und war somit Wegbereiterin für die Entwicklung der Stadt Payerne.»
Blick ins Innere der Abtei mit ihren Ornamenten und Innenmalereien.
Ein Denkmal von nationaler Bedeutung für alle
Die Abtei von Payerne steht seit 1900 unter Denkmalschutz. Sie ist die grösste romanische Kirche der Schweiz und Zeuge von grossen geschichtlichen Umwälzungen in unserem Land: Ihren glanzvollen Zeiten mit der königlichen Familie von Transjurane Burgund folgten nach der Reformation schwierige Zeiten. So fungierte die Abteikirche auch als Glockengiesserei und Lagerhaus. Heute hat die Kirche wieder ihren Glanz erlangt. «Wie die Abtei, die vor einem Jahrtausend in mehreren Etappen und mit einigen Planungsänderungen gebaut wurde, mussten auch wir unsere Pläne für die Einweihung anpassen», sagt die Direktorin und Kuratorin der Abtei von Payerne, Anne-Gaëlle Villet. «Die für diesen Frühling geplante grosse Eröffnungsfeier musste wegen Covid-19 abgesagt werden. Aber jetzt ist alles bereit, um diesen Ort am 11. Juli wieder für das grosse Publikum zu öffnen.»
Eine öffentlich-private Partnerschaft
Insgesamt wurden fast 20 Millionen Franken in die Renovierung der Abteikirche und ihrer Umgebung investiert. Der Bund, der Kanton Waadt, die Gemeinde Payerne und private Partner (darunter die Loterie Romande, die Zuger Ernst Göhner Stiftung und der Verein für die Restaurierung der Abtei Payerne) trugen zur Finanzierung der Arbeiten bei. Für den Waadtländer Staatsrat Pascal Broulis, Vorsteher des Departements für Finanzen und Aussenbeziehungen, ist «die Finanzierung durch viele verschiedene Partner beispielhaft. Der Kanton Waadt hat sich nicht nur in einem aussergewöhnlichen Masse finanziell an den Renovationsarbeiten beteiligt, sondern war auch für die gesamten archäologischen Arbeiten zuständig, damit dieses Denkmal als solches erhalten bleibt.»
Die Abteikirche mit ihren romanischen Bögen. (Fotos: Pauline Stauffer und Rémy Gindroz)