StartseiteMagazinKolumnenDas darf doch nicht wahr sein!

Das darf doch nicht wahr sein!

Jede fünfte, vielleicht sogar jede dritte in der Schweiz lebende Person über 65 ist von Gewalt betroffen. So steht es im Bericht „Gewalt im Alter verhindern“, den der Bundesrat dieser Tage publiziert hat.

Die Autoren gehen dabei von einer beträchtlichen Dunkelziffer aus. Das Thema werde tabuisiert, schreiben sie, Betroffene scheuten davor zurück, Pflege- und Betreuungspersonen, welchen sie ausgeliefert sind, anzuzeigen, besonders wenn  es sich dabei um Familienangehörige handle. Hilflos und verloren in ihrer Abhängigkeit würden sie resignieren und zögen es vor zu schweigen. Oft wollten sie selbst nicht wahrhaben, was ihnen passiert sei und klammerten sich an die Hoffnung, dass es nicht wieder geschieht.

Es geht beileibe nicht darum, über den Pflegenden den Stab zu brechen. Die intime Betreuung und Pflege von Betagten stellt eine enorme Herausforderung dar, welche leicht in Überforderung mündet

Der Bericht zeigt vieles auf, auch Naheliegendes und Vermutetes, vor allem aber den unbestreitbaren Handlungsbedarf – zum Schutz der Älteren, zum Schutz der Pflege- und Betreuungspersonen – und er ist ein Weckruf für uns alle. Wie gehen wir als Gesellschaft mit dem Altern um?  Diese Frage betrifft viele Bereiche, von der Beschäftigung älterer Arbeitskräfte, der Tendenz zur Rationierung in der Gesundheitsversorgung, der Vernachlässigung des Alters in der medizinischen Forschung bis hin zur sozialen Sicherheit.

Es brauchte viel Zeit und Ausdauer, um auch den Bundesrat von der Dringlichkeit des Problems zu überzeugen. Noch 2010 behauptete er, das Problem sei erkannt, mehr als schon gemacht werde brauche es nicht. Jetzt scheint er selbst ob der Realität zu erschrecken und fragt sich, ob ein „Impulsprogramm“ nötige wäre (!)  – dieweil viele Menschen weiter Gewalt, Erniedrigung, Vernachlässigung und Diskriminierung aufgrund des Alters erdulden müssen. Ein schwacher Trost auch für eine hartnäckige Alt-Nationalrätin, deren Vorstösse die Regierung zurückgewiesen hat.

Was es tatsächlich braucht, ist eine Nationale Strategie zur Bekämpfung von Gewalt gegenüber älteren Menschen, mit einem verbindlichen Aktionsplan gegen die Diskriminierung des Alters.


Bea Heim, ehemalige SP-Nationalrätin, Co-Präsidentin VASOS (Vereinigung Aktiver SeniorInnen- und Selbsthilfeorganisationen Schweiz)

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2 Kommentare

  1. Überarbeitete und unterbezahlte Angestellte die aufgrund von Mangel an qualifizierten Personal zu viel Leisten müssen. Die mag ein Grund sein warum es so viele schwarze Schafe gibt, aber sicher keine Entschuldigung. Leider passiert in dieser Angelegenheit noch viel zu wenig und leiden müssen die Alten.

  2. Als Beistand mehrerer älterer Menschen (89plus) habe ich den Bericht des Bundesrates aufmerksam gelesen und stelle einmal mehr fest (wie bei vielen anderen Aufgabenbereichen in unserem Land), dass wir vor lauter Bäumen (verschiedenste einzelne Organisationen, die sich mit dem Thema beschäftigen) den Wald (einfache Uebersicht der Angebote) nicht mehr zu erkennen vermögen. Deshalb braucht es jedoch keine «Nationale Strategie von Gewalt gegenüber älteren Menschen inkl. verbindlichem Aktionsplan», wie sie Frau Heim fordert. Vielmehr muss das die Bewusstseinsförderung in der Familie, in den Schulen, in den Ausbildungsstätten, an den Arbeitsplätzen einsetzen. Grundlagenpapiere mit Aktionsplänen auf der Basis von Altersleitbildern haben wir nämlich auf allen Ebenen genug. Wo wir jedoch alle gefordert sind, ist der Bereich des Hinschauens und Reagierens, dass Gewalt bei älteren Menschen möglichst verhindert und behoben werden kann.

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