StartseiteMagazinLebensart«Voll im Wind» oder voll gegen den Wind

«Voll im Wind» oder voll gegen den Wind

Auf der Website des Blaukreuz Verlags könnte man das Buch «Voll im Wind» mit 0 bis 5 Sternen bewerten. Aber das ist nicht so einfach, und zwar aus folgenden Gründen:

«Voll im Wind» umfasst 22 Geschichten, von denen einige einigen gefallen oder missfallen. Textstellen können anregen oder kalt lassen, Formulierungen können nerven, herausfordern oder Fragen aufwerfen.

21 Autor*innen

Franz Hohler eröffnet die Textsammlung mit «Die sprechende Kastanie» und schliesst sie ab mit «Die schönste Erinnerung», zwei Texte, beide nicht mal je zwei Seiten lang, aber einmal gelesen, erheitern sie jedes Mal das Gemüt, wenn man sich an sie erinnert … oder rufen bei tieferer Betrachtung andere Emotionen und Erkenntnisse hervor. Die andern 20 Geschichten stammen von 20 Autor*innen. Über den jüngsten, Sven Süss, mit Jahrgang 2001, steht nach seinem Text «Und er bewegt sich doch» der Satz: «Das Letzte, was er vorhat, ist: mit dem Schreiben aufzuhören.» Auch die andern mehr oder weniger bekannten Autor*innen unterschiedlichen Alters werden in wenigen Zeilen kurz skizziert oder es wird auf deren Website verwiesen, so dass man plötzlich mit bis anhin unbemerkten Schriftsteller*innen Bekanntschaft schliessen kann.

Themen

Alle Geschichten handeln von Erfahrungen im Alter, also von einer Zeit, in der man «voll im Wind» sein Leben möglichst selbstbestimmt leben will, aber womöglich von Altersbeschwerden oder persönlichen oder finanziellen Verlusten heimgesucht wird. Man hat plötzlich viel Zeit, wird kreativ, freut sich daran oder vertrödelt Tag um Tag und verfällt der Langeweile oder depressiven Verstimmungen. Eine Lebensphase voller Übergänge, von der Erwerbsphase ins Rentenalter, vom Familienmensch zum Bewohner eines Hauses, wo aus den Kinderzimmern kein Jauchzen, Lachen oder Schreien mehr zu hören ist. Sinnfragen spitzen sich zu: Wie will ich/kann ich meinen Alltag verbringen, mit wem, auf welche Weise, wie lange noch – also Fragen, die auch in andern Lebensphasen bedeutsam sind, aber oft aus dem Hamsterrad herausfallen. Das heisst, auch für Jüngere sind die Themenkreise äusserst anregend.

Lesen oder Vorlesen?

Die gesammelten Geschichten sind als Vorlesetexte gedacht. Sie sind kurz, in maximal einer Viertelstunde vorgelesen, und dann können Vorleser*innen und Zuhörer*innen miteinander ins Gespräch kommen, zu zweit, als Paar, zwischen Vater/Mutter und Sohn/Tochter oder Enkel*in. Auch in einem Erzählcafé können die Geschichten als Eröffnung einer Gedankenreise dienen, im Kreis von Freund*innen oder in einem Pflegeheim.

Die ganze Geschichte vorlesen oder zwischendurch darüber reden?

Beim Vorlesen kann immer unterbrochen werden, beispielsweise wenn jemand «Ameisen füttert», «nicht mehr essen» will, sich den «Schenkelhals gebrochen» hat oder ein Glöcklein am linken Handgelenk trägt, «damit man mich hört.» Unterbrechungen haben Vorrang und was sich aus vorgelesenen Sätzen im Gespräch ergibt, hat Vortritt.

Stimmungen

Alle Geschichten berühren, rufen Emotionen und Assoziationen hervor, laden ein zum Sinnieren oder Lachen und Lächeln, zum Geniessen oder Staunen – all dies wird verstärkt, wenn sie vorgelesen, im Schweigen nachempfunden oder im Gespräch vertieft werden.

Vorwort

In einem kurzen Vorwort macht Susanne Kast vom Institut Alter der Berner Fachhochschule auf die Geschichten neugierig und lädt «Angehörige, Freiwillige, Pflegefachpersonal und Aktivierungsfachleute» zum Vorlesen ein.

Informationsteil

Das Buch wird abgeschlossen durch einen von den Masterstudentinnen Soziale Arbeit, Michelle Bütikofer und Kathy Haas, erstellten Informationsteil zu folgenden Themen, die in den Geschichten aufgegriffen werden: Bewegung und Ernährung; Altersbilder; Veränderung und Einsamkeit; Selbstbestimmung und Hilfe annehmen; Finanzen; Sucht: Alkohol und Medikamente; Depression, Demenz und psychische Gesundheit. Die Informationen werden ergänzt durch Verweise auf weiterführende Websites und unterstützende Institutionen.

Mein Urteil

Von mir erhält der Blaukreuz Verlag für «Voll im Wind» die Maximalpunktzahl, also fünf Sterne, vor allem weil das Buch nicht nur zum Lesen, sondern auch zum Vorlesen und zur Vertiefung der Themen im Gespräch einlädt. Und dieses Gespräch kann sich «voll gegen den Wind» entwickeln.

Urteilen Sie selbst!

Wenn Sie die Geschichten lesen oder vorlesen, stolpern Sie gelegentlich auch über Vorurteile über das Altern im Text oder in Ihnen selbst. Egal, wo Sie auf Vorurteile stossen – Sie werden gerade durch das Bemerken dieser Vorurteile in den unermesslichen Reichtum des Alterns und des Lebens hineingeführt.

Sollten Sie das Buch jemandem schenken, Freund*innen oder einer Pflegeeinrichtung, weisen Sie beim Schenken darauf hin, dass es ein Buch zum VORLESEN ist und genügend ZEIT für das Gespräch über das Gelesene eingeplant werden sollte.


Blaues Kreuz Schweiz (Hrsg.)(2020). Voll im Wind. Geschichten von A wie Altersheim bis Z wie Zwetschgenschnaps. Bern: Blaukreuz-Verlag.  ISBN: 978-3-85580-549-5, Fr. 22.90

 

 

 

 

 

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