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Bern plant Museumsquartier

Für 250 Millionen Franken soll im Berner Kirchenfeldquartier eine «Museumsinsel» entstehen. Mit der Gründung eines Vereins und der Eröffnung einer Geschäftsstelle beginnt im seit Jahren ehrgeizigsten Projekt der Bundesstadt eine neue Phase. Corona zum Trotz.

«machs na» schrieb der vierte Baumeister des Berner Münsters, Erhart Küng, der Nachwelt ins Stadtbuch und forderte sie auf, Grosses zu tun. Die Burgergemeinde, die Stadt und der Kanton Bern nahmen den Appell wörtlich und veröffentlichten vor zwei Jahren eine Machbarkeitsstudie für ein neues Museumsquartier. Nach dem Vorbild anderer Metropolen sollen hinter dem Helvetiaplatz, im Kirchenfeldquartier, elf Institutionen, darunter mehrere Museen, Archive, ein Konzertsaal und ein Gymnasium, zu einem Kulturprojekt von gesamtschweizerischer Bedeutung vereinigt werden.

Die von den drei Initiantinnen finanzierte Projektstudie basiert auf der freiwilligen Selbstverpflichtung der Institutionen mit unterschiedlicher Tiefe und Intensität. Durch die Einrichtung eines Museumsparks mit gemeinsamem Eingang, einem koordinierten Fundraising und Marketing sowie einer Abstimmung der Ausstellungen sollen mehr Besucherinnen und Besucher aus ganz Europa angelockt und damit die Bundesstadt Bern als Kulturstandort aufgewertet werden. Teil des Projekts ist eine dringend notwendige Renovation des historischen Museums sowie die Schaffung eines gemeinsamen Lagers.

Übersichtsplan des neues Museumsquartiers. Quelle: Projektleitung.

Anfang März hat nun der Präsident der Steuerungsgruppe, Christophe von Werth, Mitglied der zahlungskräftigen Burgergemeinde, die Rakete gezündet: Die Idee habe bei den Direktionen der Kulturinstitutionen eingeschlagen, der Funke sei übergesprungen, teilte er in einem Interview mit. Treibende Kraft des Museumsquartiers seien neu die Museumsdirektoren. Zur Realisierung des Vorhabens würden in diesem Jahr ein Verein sowie eine gemeinsame Geschäftsstelle gegründet. Der Geschäftsführer, welcher noch gesucht wird, soll die Stelle im Juni antreten.

Quartierbevölkerung wird einbezogen

Mitglieder des Vereins werden primär die beteiligten Kulturinstitutionen. Um das Quartier einzubinden, sollen auch ein Quartiervertreter und das Gymnasium Kirchenfeld in der Vereinsversammlung Einsitz nehmen. In einem ersten Schritt könnten, so von Werdt, die Fläche zwischen dem Historischen Museum, dem Schützen-, dem Historischen Museum und dem Museum für Kommunikation für gemeinsame Veranstaltungen genutzt werden. Hierzu müssten die Hecken und Zäune entfernt und eine «experimentelle Kulturoase» geschaffen werden.

Das Kirchenfeldquartier aus der Vogelpespektive. Foto: Projektleitung.

Die eigentliche Lancierung des Museumsquartiers mit gemeinsamen Programmschwerpunkten ist für 2022 geplant. Parallel dazu wird eine Umgestaltung des Quartiers in die Wege geleitet. 2024 ist ein Architekturwettbewerb geplant. Als Kernstück schwebt den Initianten ein neuer Museums-Kubus vor, in welchem das Alpine Museum einquartiert würde. In dem Verein wollen auch die Burgergemeinde, die Stadt und der Kanton Bern mitwirken.

Das Museum für Kommunikation. Foto MFK.

Für den amtierenden Stadtpräsidenten Alec von Graffenried stellt das Projekt die einmalige Chance dar, «das Bern ein Museumsquartiert von internationaler Ausstrahlung erhält.» In den kommenden Monaten und Jahren gehe es nun um die Konkretisierung. Burgergemeindepräsident Bernhard Ludwig sieht das «feu sacré» entfacht: «Es handelt sich um ein einmaliges Projekt, dessen Mehrwert für die Stadt, den Kanton und die Berner Wirtschaft ungleich grösser ist als die Investitionskosten.» Christine Häsler, grüne Regierungsrätin und kantonale Kulturministerin, hofft, dank der Museumsinsel auf «positive touristische Impulse für den ganzen Kanton Bern.» Das Museumsquartier werden sich mit entsprechenden Vorbildern in London, Berlin oder Wien müssen können.

Das Bernische Historische Museum. Foto BHM Alexander Gempeler.

Die Berner Bevölkerung gibt sich erfreut und überrascht. Es fehlt nicht an skeptischen Stimmen. Die Zweifel betreffen primär die Finanzierung. Gerade hat die linksgrün regierte Stadtregierung ein gewaltiges Sparpaket verkündet, von dem auch die Kultur nicht verschont bleibt. Sparen muss auch der Kanton. Ob die finanzkräftige Burgergemeinde zum Hauptsponsor des ehrgeizigen Projekts werden möchte, muss bezweifelt werden.

Eine Nummer zu gross?

In den Leserbrief- und Kommentarspalten der lokalen Medien liest man das Wort «grössenwahnsinnig». Bern sei weder Paris noch London oder Wien. Die Ausstellungen der hiesigen Museen spielten nicht in der ersten Liga. Das werde sich auch mit der Schaffung einer Museumsinsel für 250 Millionen Franken nicht ändern. Wer glaube, mit einer solchen Mega-Investition neue Museumsbesucherinnen und -besucher anzulocken, sei naiv, schreibt ein Kommentator.

Zum Glück gibt es auch andere Stimmen: Die Kooperation der Museen sei richtig, wichtig und interessant, meint ein Beobachter. Und ein anderer Berner findet, gerade nach Corona sei die Museumsinsel die richtige Investition in die Zukunft der Bundesstadt.

Mit der Grundsteinlegung des Berner Münsters haben die Baumeister vor 600 Jahren Grosses getan. Die Initiatoren der Museumsinsel zeigen Mut, in einer schwierigen Zeit ein weiteres grosses Projekt zu lancieren. Erfolg ungewiss.

2 Kommentare

  1. Die Kooperation der Berner Museen und eine effiziente gemeinsame Vermarktung sind sicher wichtig. Schaut man die Verlautbarungen aus Bern etwas genauer an, sieht man alledings, dass es «bloss» darum geht, die im Kirchenfeld ohnehin fast Seite an Seite stehenden Museen besser miteinander zu verbinden und teils baulich zu erneuern.
    Das Paul Klee Museum, das Kunstmuseum und diverse kleinere Museen in der Innenstadt (Einsteinhaus, Blasinstrumentemuseum, etc.) bleiben an ihren Standorten.
    All das zusammen und insbesondere die Weltkulturerbe-Altstadt machen die Attraktivität von Bern aus. Ob diese durch einige Ausbauten im Kirchenfeld vergrössert wird, wäre noch zu untersuchen.

  2. Ich sehe das als grosse Chance für die Stadt Bern, wie auch den Kanton, sowie die ganze Schweiz. Ein Zentrum der Museen am gleichen Ort und leicht erreichbar, zu Fuss oder mit ÖV Zug -Tram – Bus – Velo, ist ideal für viele Familien. Wenn es dann auch weiterhin so interessant und Vielseitig ist, das Natur Historische Muesum…! Mit Neuheiten, wie einem begehbaren Simulator für Bewegung = Fitness im Alter, sowie Shuttle Einsicht im Inneren und High Speed Helikopter etc. Viel Glück und gutes Gelingen.

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