Sie gilt in der Literatur als Symbol der Romantik. Novalis sah in ihr das Sinnbild für Sehnsucht und Zuneigung, für Joseph von Eichendorff verkörperte sie den Traum von Glück – und jetzt blüht sie in unseren Gärten: die blaue Blume, ein Zeichen für Liebe und Treue. Welche? Jede! Jede ist schön auf ihre Art.
Der Juni gilt als Rosenmonat. Und Rosen, daran verzweifeln die Züchter schon lange, lassen sich einfach nicht blau züchten. Ebenso wenig wie Tulpen oder Dahlien. Und Sonnenblumen schon gar nicht.
Was also soll das mit dem blauen Juni? Sind damit die tiefblauen Enzian gemeint, die im Steingarten lange vor ihren Brüdern in den Alpen blühen? Sind es die Vergissmeinnicht, die trotz Regen jeden Tag mit strahlenden Äuglein begrüssen? Oder die Iris in ihrem Blütenkleid, das wie direkt aus dem Frühsommerhimmel – dem ohne Regen! – geschneidert scheint?
Blaue Iris sind jedes Jahr wieder ein Gartenwunder.
Oder die Akeleien, die Kornblumen, die bald aufblühen, die Jungfer im Grünen, all die blauen Glocken und Glöckchen? Wer blaue Akzente setzen will im Garten, kann jetzt aus dem Vollen schöpfen.
Blau blüht es auch im Sommer
Natürlich ist diese blaue Welle mit dem Juni noch nicht zu Ende. Der stolze Rittersporn blüht erst noch, auch Lavendel lässt sich Zeit, von den Hortensien und Astern ganz zu schweigen. Aber im Sommer geht das Blau unter in der grossen Farbenpracht, bildet höchstens noch kleine Inseln im Blütenmeer.
Weshalb wirken blaue Blüten so exklusiv? Es muss an der Wirkung liegen, dieser leichten Kühle und Distanz. Auch in der Kunst wohnt Blau eine Symbolik inne. Man denke nur an die Blauen Reiter, Picassos Blau, Chagalls Landschaften, Monets Wasser und Segantinis Himmel.
Mariens Mantel auf den Gemälden der Renaissance ist blau und steht als Sinnbild für die Verbindung zwischen irdischem Leben und dem Himmel. Aber auch als Referenz an die Madonnenverehrung, denn Blau war kostbar, wurde aus gemahlenen Halbedelsteinen wie Lapislazuli gewonnen.
Lapislazuli oder Malachit
Was viel einfacher tönt, als es ist. Denn auch wenn der tiefblaue Lapislazuli als Schmuckstein begehrt war – und ist – , gemahlen und vermalt verlor er seine Schönheit und war nur mehr grau. Da mussten dann wieder die Alchimisten ran.
Lapislazuli ist ein auch heute noch beliebter Schmuckstein. Vor allem wegen seiner Farbe, diesem intensiven Blau.
Die alter Ägypter sollen bereits um 2200 vor Christus die Farbe blau «erfunden» haben. Sie mischten Sand und gemahlenen Sandstein mit einem kupferhaltigen Mineral wie Malachit, erhitzten die ganze Sache auf über 1000 Grad und erhielten so ein glasähnliches Produkt, das, fein gemahlen und mit Eiweiss gebunden, als Farbe für Bilder oder Keramik verwendet werden konnte.
Noch heute tragen die Blautöne Namen, die ihre Herkunft verraten: Ultramarin, Kobalt, Ceruleanblau – bei den Impressionisten beliebt – , Indigo. Nur Marine- und Königsblau weisen nicht auf gemahlene Grundstoffe hin …
Zurück in den Garten. Auch hier kann im Juni mit verschiedenen Blautönen gespielt werden, handelt es sich doch in der Regel um eher kleine Pflanzen, die sich nicht konkurrieren. Angefangen bei den Leberblümchen, den Bluebells bis zu den bereits erwähnten Frühblühern.
Sommerblau ist anders
Im Sommer dann ist es anders. Der stolze Rittersporn ist eine Diva und verlangt nach der grossen Bühne. Wenigstens so lange, bis das erste Sommergewitter über ihn hinweggefegt ist. Aber gute Gartenfreunde binden ihn natürlich frühzeitig auf – und ich versuche jeweils zu retten, was noch zu retten ist.
Blaue Glockenblumen läuten den Frühsommer ein.
Der Lavendel hingegen macht nur als Gruppe oder Beeteinfassung etwas her. Nicht, weil seine langen Blütenrispen in klein nicht wirken würden. Aber Lavendel muss in der Sonne so richtig duften, sozusagen die Provence in unsere Gärten holen. Und dafür braucht es mehr als einen Blumenstock. Und Eisenhut, eine sehr spezielle Pflanze, gehört für mich nicht in den Garten, sondern zu den Alphütten von Crevasalvas – und ab und zu in einen Krimi. Aber das ist keine Gartengeschichte.
Kein Wunder, dass Blau meine Lieblingsfarbe ist, bin ich doch im Juni geboren…. Danke für diese duftig leichte, klare Kolumne – und viel Glück im Garten!