StartseiteMagazinKulturAus Grossvaters Schatten getreten

Aus Grossvaters Schatten getreten

Dem Künstler Alexander Klee ist – leider posthum – im Zentrum Paul Klee Bern eine kleine, feine Gedenkausstellung gewidmet «In memoriam Aljoscha Ségard». Sie war noch zu Lebzeiten des Künstlers gemeinsam mit ihm konzipiert worden.

Im weitläufigen Bau von Renzo Piano findet sich neben den grossen Räumen das kleinere Forum für aussergewöhnliche Gelegenheiten – zum Glück! Denn Paul Klees einziger Enkel verstarb überraschend am 1. März dieses Jahres. Schon vorher war eine Ausstellung für ihn geplant worden anlässlich seines 80. Geburtstags im Oktober 2020. Diese musste pandemiehalber verschoben werden.

Alexander Klee wurde 1940 in Sofia / Bulgarien geboren, als sein Grossvater ein paar Monate zuvor gestorben war, und wuchs seit 1948 in Bern auf. Nach Schulabschluss studierte er in Vevey an der Ecole des arts et métiers Fotografie und belegte auch einige Malereikurse. Anschliessend arbeitete er als Pressefotograf in Zürich. Später unternahm er ausgedehnte Reisen durch Nordafrika, Ägypten und die Libysche Wüste.

Aljoscha Ségard in seinem Atelier, 2020. Foto: Monika Flückiger

Seit 1967 lebte er mit Unterbrüchen häufig in Südfrankreich und war als Künstler tätig. Damals wählte er seinen Künstlernamen: Aljoscha Ségard. Wir lesen seinen Kommentar zu diesem Entscheid: «Ich male nicht unter dem Namen Klee – das wäre lächerlich.» Dass er den Namen Ségard wählte, geschah wohl mit einem Schmunzeln, wir erfahren, dass er willkürlich in der Zeitung nach wohlklingenden Namen gesucht habe, ein Herr Ségard sei Gewinner eines regionalen Pétanque-Turniers gewesen.

Hintergründiger Witz – zugleich sanfte Melancholie – zeigen sich in seinen Werken. Da ist ein Kasten, schwarz gerahmt, schwarz ausgemalt, und auf dem Deckglas steht in grosser weisser Schrift «Das war’s». Die Betrachterin grübelt nun, wie endgültig diese zweieinhalb Wörter gemeint sind und mit welchem Gefühl dieser offensichtliche Schlussstrich gezogen wurde. Die Ausstellung zeigt fast nur Werke aus den letzten fünf Jahren. Doch ob das Denken des Künstlers immer nur um das Ende des Lebens kreiste? Dafür gibt es nicht genug Anhaltspunkte.

Aljoscha Ségard: Die Geschichte vom Flügelschiff, 2019; Assemblage 39 x 50 x 8 cm Nachlass Aljoscha Ségard

Erinnerungen allerdings sind ein wichtiges Thema. Bücher, schriftliche Speicher von Wissen und Erfahrungen, kommen als Lebenszeugnisse in den für Ségard typischen Kästen häufig vor. Manchmal sind es nur schmale bedruckte Streifen, manchmal Papierfetzen oder winzige Bücher, die im Ganzen übermalt in die kleinen Assemblagen passen. Oft haben die Objekte keinen Titel, oft sind es Titel, die unsere Fantasie anregen. Wort und Bild ergänzen sich vielfach, sie wirken wie konzentrierte bildgewordene Poesie.

Die kleinen Bücher sind manchmal «Muster» für ein geplantes Buch mit leeren Seiten, manchmal sind die Inhalte überraschend, das Buch in der Assemblage Geschichte vom Flügelschiff heisst De la Communion spirituelle. – Ein mystisches Buch? Vielleicht war dieser Titel gar nicht wichtig oder muss in einem ganz anderen Zusammenhang verstanden werden.

Aljoscha Ségard: Gebrochene Schichtungen, 2018; Assemblage 20 x 25,5 x 5,5 cm Nachlass Aljoscha Ségard

Neben den eher kleinen Formaten der Assemblage-Kästen, die alle dicht beieinander in einem schwarzen Kabinett ausgestellt sind, wirken die grossformatige Kohlezeichnungen links und rechts davon wie Seitenflügel. Es sind abstrakte Werke, ebenfalls sehr poetisch und kraftvoll, sie strahlen Weite aus. Ségard spielt hier mit kleinen, Akzente setzenden Formen neben grossen schwarzen Flächen.

Aljoscha Ségard: O. T., 2019 Kohle 106 x 75 cm Nachlass Aljoscha Ségard

Dass Alexander Klee sich keineswegs von seinem Grossvater distanzieren wollte, zeigt sich darin, wie tatkräftig er seinen Vater Felix Klee unterstützte, als dieser die Sammlung Paul Klee verwaltete, und durch sein eigenes Engagement im Stiftungsrat der Stiftung Paul Klee. Als die Idee eines Zentrums für seinen Grossvater 2005 endlich verwirklicht war, schenkte er wertvolle Archivalien aus dem Besitz der Familie. «Mit Wohlwollen und unermüdlichem Einsatz begleitete und förderte Alexander Klee als Vertreter der Familie das Zentrum seit 2005», dies die Worte, mit denen das Zentrum Paul Klee ihn ehrt.

Zur Ausstellung ist ein Begleitbuch mit einem Vorwort von Fabienne Eggelhöfer und einem Text von Konrad Tobler erschienen. (Till Schaap Edition, Bern 2019; ISBN 978-3-03878-046-5)

«In memoriam Aljoscha Ségard» ist bis 22. August 2021 geöffnet.

Weiterhin im Zentrum Paul Klee:
Paul Klee: «Ich will nichts wissen»
Riesen=Schöpfung. Die Welt von Adolf Wölfli

Titelbild:  Aljoscha Ségard: Federspiel, unbekannt (ca. 2018/19) Assemblage 25,5 x 20 x 5,5 cm Nachlass Aljoscha Ségard

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