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Eintauchen in eine Welt voller Bücher

«100’000 Bücher entdecken» steht in grossen Lettern vor dem Eingang des Bücher Brocky. Dann tritt man in einen engen Gang, links und rechts Regale voller Bücher, und das Bücherparadies öffnet sich.

Das Bücher Brocky in Bern wurde vor bald elf Jahren eröffnet, im Januar 2011. Seitdem leitet Michael Eberle diese Filiale. Die Zentrale in Luzern blickt auf ihr 25-jähriges Bestehen zurück. Diese Kombination von Second-Hand-Buchhandlung und Antiquariat scheint ihren Platz gefunden zu haben. Zu kaufen gibt es alles, was an Gedruckten gebracht wurde. In gutem Zustand müssen die Bücher sein, keine zerlesenen Taschenbücher, die schon aus dem Leim gehen, keine muffigen, halb verschimmelten alten «Schinken».

Die Wegweiser durch den Bücherwald findet man hinter der Eingangstür.

Dieses sich ständig verändernde, nicht planmässig erworbene Sortiment macht den Reiz des Bücher Brocky aus. Michael Eberle sagt über seine Kundinnen und Kunden: «Diejenigen, die uns Bücher bringen, streifen oft durch die Gänge zwischen den Regalen und finden neue. – Die Katze lässt das Mausen nicht», fügt er schmunzelnd hinzu. Und dann gebe es noch die Büchernarren oder -närrinnen, die alle Filialen, ausser Luzern und Bern noch Zürich, Basel und Aarau, abklappern würden, sie gingen regelrecht auf Jagd nach Trouvaillen.

«Ein Bild, das unserer aktuellen Situation entspricht», kommentiert Michael Eberle sein Foto. – Nur ein Narr ist frei zu entscheiden, ob er sich schminken oder eine Maske tragen will.

Michael Eberle ist gelernter Buchhändler und Antiquar. Er war selbständig, bis vor einiger Zeit, als der Buchhandel und besonders die Antiquariate in eine schwere Krise geraten waren. In den letzten Jahren, erklärt er, hat sich vieles gewandelt, der Buchhandel erlebt einen ungeahnten Aufschwung. Es zeigt sich, dass das Buch nicht untergehen wird, was um die Jahrtausendwende noch viele befürchtet hatten. Gerade junge Leute würden sich für Bücher interessieren, nicht nur zum Lernen, sondern aus Freude am Lesen. – Dafür ist der Standort im Berner Länggass-Quartier ideal.

Im Antiquariat gibt es viel zu entdecken, vieles, was vergessen gehen könnte, wenn sich niemand mehr dafür interessieren würde. In der Abteilung der «alten Bücher» eröffnet sich die immense Weite des Gedachten und Geschriebenen.

Auf die Frage, ob die Buchhändlerlehre sein Traum gewesen sei, antwortet Michael Eberle: «Nein, nicht wirklich, es hat sich so ergeben. Und als Buchhändler genügt es nicht, gern zu lesen, man muss die Bücher auch verkaufen können, im Gespräch mit Kunden bzw. Kundinnen herausfinden, was das richtige Buch für sie ist.» – Ein Büchernarr ist noch kein guter Buchhändler! Michael Eberle erklärt mir: «Im Prinzip kann man jedes Buch verkaufen, man muss nur den passenden Leser oder die Leserin finden. Mich erstaunt manchmal, was alles gelesen wird.» – Zum Glück, kann ich da nur antworten, gibt es so viele Bücher.

Nicht zum Kaufen, aber zum Schmunzeln. Die künstlerische Ausgestaltung in allen fünf Bücher-Brockys hat Luigi Venegoni (Filiale Aarau) übernommen.

Michael Eberle hatte mir gesagt, für ein Gespräch solle ich zwischen 17 und 18 Uhr kommen, da sei es im Laden am ruhigsten. Nicht so an diesem Tag, da kommt der eine und bringt Bücher, die andere kauft ein oder mehrere Bücher. Es sind Menschen aus allen Schichten. Die meisten seien sehr freundlich, ja sympathisch, findet Eberle, viele Menschen, mit denen er gern ins Gespräch kommt. Nur ganz wenige laufen wie Zombies durch den Laden, ohne Grüezi und Ade.

Zur angenehmen Atmosphäre trägt die klassische Musik im Hintergrund bei. Er erhalte zuweilen die Rückmeldung, wie angenehm es im Bücher Brocky sei, verglichen mit den grossen Geschäften, wo das aufdringliche Gedudel nur störe.

An der Theke steht eine ältere Lehrerin, die einen ganzen Stapel Bücher kauft. Sie erzählt, dass ihre Schüler ganz gierig auf Lesestoff seien. Gerade an diesem Tag hatte ein Junge sie gebeten, ob er das Buch, aus dem sie gerade vorgelesen hatte, bekommen könne. Als sie ihm zu bedenken gab, dass es ein ziemlich dickes Buch sei, antwortete er, es sei für seinen Bruder. Der hätte heute Geburtstag und er wolle es ihm schenken. Als nächstes kommt eine junge Kundin, sie hat gerade das Buch gewählt, das Michael Eberle vor einem Moment ins Regal gestellt hatte.

Wer nur auf die Bücher schaut, verpasst etwas. Der Laden ist mit viel Witz dekoriert. Schauen Sie mal in die obere rechte Ecke dieses Fotos. (alle Fotos mp)

Aufwendige Werbung zu machen, scheint nicht notwendig, die Existenz des Bücher Brocky allein lockt Bücherfreunde an. Auch die althergebrachte Mund-zu-Mund-Propaganda wirkt. Noch einmal Michael Eberle: «Wer ein Buch sucht, kann zu uns kommen und schauen, ob er es findet. – Es kann gut sein, dass er ein anderes, unerwartetes findet. Und manchmal höre ich einen Jubelschrei, da hat jemand ein Buch gefunden, das er schon lange gesucht hatte.» – Also, ich bin nicht zum letzten Mal dort gewesen, denn auch wenn ich mein ächzendes Bücherregal entlasten kann, muss ich doch davon ausgehen, dass mein Regal nach meinem Besuch im Bücher Brocky andere Bücher aufnehmen muss, denen ich nicht widerstehen konnte.

Bücher Brocky

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1 Kommentar

  1. Danke für den Artikel. Ich kenne den Laden in Bern und wusste nicht, dass es auch in andern Städten existiert.
    Tolle Fundgrube und jedesmal komme ich mit einem Fundstück von der Bücher Broki nach Hause.

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