StartseiteMagazinGesellschaftDas lange Leben leben – aber wie?

Das lange Leben leben – aber wie?

Eine gute Frage, der sich vier Fachleute aus unterschiedlichen Disziplinen im soeben erschienenen Buch «Das lange Leben leben – aber wie? Interdisziplinäre Blicke auf Altern heute und morgen» stellen! Gelangen sie zu Erkenntnissen, welche die Lebenspraxis alternder Menschen positiv beeinflussen können?

Der wohl bekannteste unter den vier Autoren ist der Gerontopsychologe Hans-Werner Wahl (geb. 1954), der bis 2017 die Abteilung der psychologischen Alternsforschung an der Uni Heidelberg leitete und als Autor, Co-Autor und Herausgeber in mehr als 360 Publikationen präsent ist. Er wird begleitet von Hans Förstl (geb. 1954), der bis zu seiner Pensionierung (2020) an der TU München als Prof. für Neurologie und Psychiatrie/Geriatrie tätig war und viel über Demenz geforscht und geschrieben hat. Ines Himmelsbach (geb. 1977), Professorin für soziale Gerontologie an der katholischen Hochschule Freiburg, beschäftigt sich mit Fragen der Bildung und des Wohnens im Alter, aber auch mit psychosozialer Beratung bei Sehverlust im Alter. Die vierte im Bunde ist Elisabeth Wacker mit dem gleichen Jahrgang wie die beiden Männer. Sie ging 2020 in Pension, nachdem sie nach einem Studium der Theologie und Soziologie u.a. als Professorin für Rehabilitationssoziologie (TU Dortmund) und für Diversitätssoziologie (TU München) gewirkt hat. Auffällig sind ihre Arbeiten zu Behindertenrecht, Behindertenarbeit, Behindertenpolitik. Seit 2011 hat sie den Vorsitz des Wissenschaftlichen Beirats zum Bericht der Bundesregierung über die Lebenslagen von Menschen mit Behinderung.

Mutiges Projekt

Wie kann ein interdisziplinäres Buchprojekt gelingen, wenn die Forschungsschwerpunkte der Beteiligten so unterschiedlich sind. Am einfachsten wäre gewesen, den zwei Autorinnen und zwei Autoren jeweils ein Kapitel zur Titelfrage zu geben. Aber nein – auf den 117 Seiten erscheint ein gemeinsamer Text, unterbrochen von drei kurzen persönlichen Statements der vier Autorinnen und Autoren zur Frage des «Für und Wider der Langlebigkeit» (S. 28/29), zur Frage «Dürfen wir im Alter noch ‘Gewinne’ erwarten?» (S.42/43) und zur Frage «Steuern wir unser Altern selbst?» (S.103/104). Zur letzten Frage gefällt mir die Bemerkung von Hans-Werner Wahl am besten, der sagt, dass Entwicklung und Altern auf mehreren Ebenen (z.B. «der biologischen, psychologischen, sozialen, psycho-geriatrischen, ökonomischen und kulturellen Ebene») von den eigenen Zielen und Präferenzen «getrieben», aber auch stets «in externe Bedingungen eingebunden und kulturell überformt» ist.

Läuft die Zeit ab oder läuft er die Zeit ab?

Wie der Text zu lesen sei…

Auf dem Texteinband steht der Satz «Altern besitzt viele Facetten und ist vielleicht die schillerndste Lebensphase». Dem kann ich nur zustimmen und Lesende können in all ihren Facetten «schillern». So gesehen kann der Text – von Seite zu Seite oder herauspickend – im Bett, im Lesesessel oder im Zug gelesen werden von Menschen, die beispielsweise ein «lebenszugewandtes, zufriedenes, kompetentes, konstruktives, aktives, gelingendes, gutes, produktives, sinnerfülltes, gesundes und erfolgreiches» Konzept des Alterns personifizieren oder aber als beeinträchtige, pflegebedürftige Personen versuchen neue Horizonte abzuschreiten, wenn ihnen vorgelesen wird oder im Gespräch Sätze aus dem Buch eingestreut werden, je nach den wechselnden Bedingungen, intern und extern.

Wie ein langes Leben zu leben sei…

Wahl’s Bemerkung kann vielleicht auch dazu dienen, sich der eigenen Ziele und Präferenzen je nach wechselnden Umständen zu vergewissern und sich bei Bedarf neu zu orientieren, sich anzupassen oder einzufinden. Welche störenden internen und externen Bedingungen lassen sich ändern und wo ist es ratsam, Geduld, Nachsicht und Gelassenheit gegenüber sich selbst, den andern oder den Umständen einzuüben.

Mach mal Pause!

Cicero zum Schluss

Jedes Kapitel wird eingeleitet mit einem Zitat Ciceros aus seiner Schrift «Cato der Ältere über das Greisenalter» aus dem Jahre 44 v. Chr. Hier ein paar «Müsterchen», beispielsweise als «Bettmümpfeli»:

  • «Wer lange lebt, sieht vieles, was er nicht begehrt. Und vieles vielleicht, was er begehrt.»
  • «Aber denkt bei all dem immer daran, dass ich nur ein solches Alter lobe, für das die Jugend eine feste Grundlage geschaffen hat.»
  • «Die besten Waffen des Alters sind in jedem Fall (…) die Wissenschaften und die rastlose Übung der sittlichen Kräfte.»
  • «Im Alter fehlen die Körperkräfte, aber man verlangt auch nicht Körperkräfte vom Alter.»
  • «Denn bei sehr grosser Armut kann das Alter nicht leicht sein, nicht einmal für einen Weisen.»
  • « ‘Aber mürrisch, misstrauisch, jähzornig und schwer zufriedenzustellen sind alte Leute.’ Ganz recht, und wenn wir weitersuchen, auch geizig. Aber das sind Fehler des Charakters, nicht des Alters.»
  • «Nicht durch Kraft und körperliche Behendigkeit und Schnelligkeit werden grosse Leistungen vollbracht, sondern durch besonnenen Rat, das Gewicht der Person, gereiftes Urteil: Eigenschaften, die im Alter nicht verlorengehen, sondern sogar noch zu wachsen pflegen.»

 Wem das Altern «schillernd» oder beschwerlich erscheint, kann ich das Buch wärmstens empfehlen zum Herauspicken dessen, was im Moment und auch im kommenden Jahr orientierend wirken kann.

 Wahl, Hans-Werner; Förstl, Hans; Himmelbach, Ines; Wacker, Elisabeth: Das lange Leben leben – aber wie? Interdisziplinäre Blicke auf Altern heute und morgen. Kohlhammer Verlag, Stuttgart 2021, 117. S., ISBN: 978-3-17-038757-7

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