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Warum ein Ja zur Medienförderung

Selten ist über eine Abstimmungsvorlage mit so unterschiedlichen Zahlen gestritten worden wie jetzt über das Gesetz «Massnahmenpaket zur Förderung der Medien». Werden die reichen Verlage, die reichen Familien Coninx (Tagesanzeiger-Gruppe) und Ringier (Blick-Gruppe) noch reicher? Und all die Kleinen? Gehen die vor die Hunde oder werden gerade sie davon profitieren? Es braucht schon eine gute Portion staatspolitisches Interesse, gar Verantwortungsbewusstsein, um da schlüssig zu werden. Natürlich profitieren auch die Grossen, zwar massvoll, und es sind vor allem die Kleinen, insbesondere die im Online-Bereich, die etwas entlastet werden, künftig mit Staatsgeldern eher überleben können.

Es waren in der letzten Zeit nicht so sehr das Geld, die umstrittenen Zahlen, die im Mittelpunkt der Diskussionen über die Medienförderung standen, als vielmehr eine Redewendung, die bei den Stimmbürgerinnen und Stimmbürger zu verfangen scheint: «Wes Brot ich ess, des Lied ich sing». Fragte mich doch kürzlich eine politisch versierte Frau: «Stimmt das wirklich, steht ihr Journalisten tatsächlich im Solde der hohen Politik, wie die Gegner der Vorlage behaupten?»

Ich bin nun seit 60 Jahren in diesem Geschäft, habe viel erlebt im Aus- wie im Inland, an der Front als Reporter wie im Innenleben verschiedener Redaktionen, sei es als Redaktor, als Chef grosser Redaktionen. Immer wieder standen wir, stand ich unter Druck. Als junger Journalist war es die Atomkraftlobby, die Ende der 60er, Anfang 70er Jahre um das geplante Kernkraftwerk Kaiseraugst eine massive Beeinflussungs-Strategie verfolgte, zu Besichtigungsreisen einlud, um zu zeigen, wie sicher Atomkraftwerke beispielsweise in Frankreich seien. Es war der rechtskonservative Hofer-Club um Professor Walter Hofer (SVP), der uns systematisch durchleuchtete und nicht vor Verunglimpfungen zurückschreckte, um Einfluss auf die Berichterstattung zu nehmen. Es war selbst Bundesrat Kurt Furgler, der mich vor dem TV-Studio im Bundeshaus, umringt von Journalisten, öffentlich zur Rede stellte und über meinen Kollegen Marc-Roland Peter (späteres SVP-Exekutivmitglied in der Stadt Bern) herzog, der in der Tagesschau einen Jura-Beitrag aus der Sicht Furglers viel zu bernfreundlich präsentiert hatte. Als ich mich wegduckte, mich der Schelte entzogen hatte, rief er an und lud mich in sein Büro ein, wo er sich entschuldigte und mir zum Abschied den Apfel überreichte, den ihm seine Frau für den schweren Arbeitstag im Bundeshaus mitgegeben hatte. Im Umfeld der UNO-Abstimmung war es für mich kaum möglich, im Entlebuch, in meinem Heimatkanton Luzern, ein Restaurant aufzusuchen, ohne unangenehm behelligt zu werden. Und nicht viel anders war es im Umfeld der EWR-Abstimmung. Für die finale Abstimmungssendung war es schier unmöglich, einen adäquaten Gegner für Christoph Blocher zu finden. Der Druck auf mögliche Kandidaten war von den EWR-Gegnern derart gross, dass sich fast alle duckten. Dass Carlo Schmid, der damalige CVP-Ständerat aus dem Kanton Appenzell Innerrhoden, es nach langem Zögern dann dennoch wagte, rechne ich ihm auch heute noch hoch an.

Kurz: Der Druck von Seiten der Politik, der Wirtschaft war und wird immer gross sein. Gerade deshalb braucht es starke Medien, die dem Druck widerstehen können. Es braucht Medien, die einen unabhängigen Journalismus auch wirtschaftlich pflegen können. Es braucht Journalisten, die selbstbewusst und vor allem kompetent sagen können «was ist», wie das Rudolf Augstein als Leitmotiv beim «Spiegel» einforderte. Es braucht also auch Verleger, die dem Druck Stand halten, eine unabhängige Informationsvermittlung zulassen können und nicht «aus dem letzten Loch pfeifen». Gerade sie sind gewaltig unter Druck. Die Werbeeinnahmen gingen seit 2010 von zwei auf eine Milliarde Franken zurück, sie gingen und gehen ab zu den US-Giganten Google und Facebook und werden nie mehr zurückkommen.

Was ist zu tun? Sicher ist: Staatliche Gelder sind weit weniger verdächtig als Gelder von Milliarden schweren Geldgebern wie Blocher, Tettamanti, die Medien kaufen, um sie auf Kurs, auf ihren Kurs zu bringen, oder Journalisten voranstellen, wie etwa Roger Köppel bei der Weltwoche.

Warum sage ich als Mitverantwortlicher für seniorweb.ch Ja zur Medienförderung? Weil ich überzeugt bin, dass wir in unserem kleinen Land starke, unabhängige Medien für das Funktionieren unserer direkten Demokratie unbedingt brauchen. Dass wir nicht in die Abhängigkeit grosser internationaler Player geraten dürfen. Das müsste doch gerade den Herren um das Referendums-Komitee, den Männern Weigelt, Köppel, Somm, Gut ein ganz besonders Herzensanliegen sein, weil für sie die Unabhängigkeit der Schweiz ihre publizistische Leidenschaft bestimmt.

Ich will nicht verschweigen, dass auch seniorweb.ch von einem Ja profitieren würde, weil wir in den Genuss von einer ganz bescheidenen Subvention kommen würden. Der Zuschuss würde es uns ermöglichen, seniorweb.ch den technologischen Ansprüchen, welche die Nutzerschaft heute an eine Interplattform stellt, laufend und vor allem besser gerecht zu werden. Nicht mehr, nicht weniger. Aber immerhin.

Und zur Information: seniorweb.ch wird von der Stiftung Pro Seniorweb getragen, zuständig für den Betrieb ist die Sozialfirma Seniorweb AG. Eine Sozialfirma, weil alle Mitarbeitenden ehrenamtlich tätig sind. Es entspricht unserem Selbstverständnis und dem Stiftungszweck, dass wir einen Beitrag dazu leisten wollen, damit die älteren Menschen über eine Internet-Plattform verfügen, auf der ihre Themen aus allen Bereichen behandelt werden. Über die sie Zugang finden zu Informationen über die sozialen Medien, ihren technologischen Geräten, auf der sie sich auseinandersetzen können über die Politik, die Gesellschaft, die Gesundheit, aber auch über die schönen Seiten des Lebens. Wie das Andreas Herren tut, unser wohl aktivster Kommentator aus der Nutzerschaft, der jeweils gut recherchiert, aber immer mit einer fast ultimativen Meinung versehen, auf unsere Artikel reagiert. Wenn es am 13. Februar zu einem Ja zur Medienförderung kommt, wird letztlich selbst der Platz für seine Kommentare ganz klitzeklein subventioniert sein. Gut so.

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4 Kommentare

  1. Nein, es darf nicht sein, dass der Staat immer noch mehr Industriezweige mit Steuergeldern subventioniert! Das ist in höchstem Masse ungerecht und führt zu Marktverzerrungen. Auch die Medienunternehmen müssen den digitalen Wandel selber bewältigen, genau so wie der grosse Rest der Privatindustrie auch! Markt und Wettbewerb sind da hilfreich. Und es stimmt eben nicht, dass Reiche Sponsoren (Blocher, Tettamanti usw.) mit ihren Millionen sehr viel erreichen können. Die klägliche Auflage von noch etwas über 40’000 für die von den vorgenannten gesponserte Weltwoche, beweist das. Ein Blatt, das als frühere liberale Wochenzeitung noch Auflagen von über 300’000 gesehen hat. Zwei Jahre Corona Pandemie haben einen fatalen Dammbruch bewirkt, indem nun alle nach dem Staat rufen, er solle alles in einer Vollkaskomanier wieder richten. Wir haben bereits zuviele Sündenfälle an Staatsinterventionismus. Die Vollkaskomentalität der Bauern, die zwei Drittel ihres Einkommens vom Staat beziehen (!!). Eine SRG mit viel zu hohen Zwangsgebühren, die trotzdem nicht mal in der Lage ist, ihren Grundauftrag der objektiven Newsvermittlung zu erfüllen und vorallem linksgrüne Propaganda betreibt. NEIN jetzt muss ein Stop für jeglichen weiteren Staatsinterventionismus gesetzt werden! Wir werden als Bürger eh schon massive neue Aufgaben, die mit dem Klimawandel, der schon jetzt gescheiterten Energiewende, die explodierende Energiekosten bringen wird usw. zu Schultern haben. Wenn wir diesem Trend jetzt nicht mit einer bürgerlich liberalen Vernunft entgegentreten, wird die Schweiz zu einem sozialistischen Staat und damit als Standort verlieren und den Wohlstand von uns allen vernichten!

  2. Andreas Herren spricht mier aus dem Herzen! Ojektive Information über «Entwicklungs»hilfe, Verkehrs-, Energie- und Klimafragen ist aus dem Hause SRG schon lange nicht mehr zu haben. Das nur als Beispiel. Allein die Tatsache, dass die geplante Subventionsgiesskanne auch das Seniorweb tränken würde, zeigt die Absurdität der Vorlage.

  3. Natürlich hat Hr. Herren vollkommen recht. In allen diktatorischen Systemen werden Medien kontrolliert. Die Subventionen sind der erste Schritt zu Medienkontrolle und damit zu Diktatur. Ich bin im kommunistischen Jugoslawien aufgewachsen und habe es miterlebt. Damals haben wir die Schweiz bewundert, weil wie meine Mutter öfters sagte, die Schweiz klein ist aber trotzdem frei. Ich habe den Eindruck, dass die Schweiz ihre Freiheit Stück für Stück aufgibt.

  4. Mr. „Das ist der Punkt“ (DidP) erstaunt mich immer wieder von Neuem. Gerade er, der dermassen in CB‘s Diensten steht, kämpft für Unabhängigkeit der Medien. Absurd oder pervers oder beides.

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