StartseiteMagazinGesellschaftGrönland 1912 – Wie die Gletscher schmelzen

Grönland 1912 – Wie die Gletscher schmelzen

Wie die Gletscher in Grönland und in der Schweiz schmelzen, zeigt das Forum Schweizer Geschichte in Schwyz in einer Ausstellung, die bis 12. März 2023 dauert.

Grönland 1912 – Albert de Quervain und die Klimaforschung. Er war einer der ersten Klimaforscher weltweit. Die Daten, die er auf seiner Grönland-Expedition 1912 sammelte, sind für die Wissenschaft bis heute von Bedeutung. Auch die Schweiz betreibt in Grönland Gletscherforschung und leistet damit einen wichtigen Beitrag zu einem der zentralsten Themen unserer Zeit: der Klimaerwärmung.


Blick in die Ausstellung «Grönland 1912» Schweizerisches Nationalmuseum

Die Klimaerwärmung und somit die schwindenden Gletscher beschäftigen die Wissenschaft und die Menschheit seit diesem Sommer mehr denn je. Der Rückzug der Eisriesen schreitet unaufhaltsam voran. Bereits vor gut 100 Jahren standen die Gletscher im Fokus der Klimaforschung. Allerdings unter anderen Voraussetzungen: Im 19. Jahrhundert befürchtete man eine neue Eiszeit.


Messung der Luftströmung mit dem Theodolit

Unter diesen Umständen war die «Schweizerische Grönland Expedition», welche Alfred de Quervain 1912 unternahm, etwas ganz Besonderes. Nicht nur die noch junge Klimaforschung interessierte sich für die Daten des Geophysikers aus Bern, auch die Gesellschaft gierte nach abenteuerlichen Geschichten aus dem hohen Norden.

Anorak, Frauenhosen, Handschuhe und Tabakbeutel aus Robbrnfell, Uringefäss und Messer zum bearbeite von Fellen: Solche und weitere Objekte wurden bei den Expeditionen benutzt

Da der Bundesstaat sich nicht an den Kosten der Expedition beteiligte, schloss der Abenteurer einen Vertrag mit der Neuen Zürcher Zeitung ab. Diese bezahlte einen Drittel der Aufwände und sicherte sich im Gegenzug das Recht, exklusiv über de Quervains Expedition im hohen Norden zu berichten. Davon profitierte die Zeitung. In der Schweiz brach mit der Berichterstattung ein regelrechtes «Polarfieber» aus.

Der Forscher und Abenteurer Alfred de Quervain war bereits 1909 im ewigen Eis von Grönland unterwegs gewesen. Drei Jahre später kehrte er dorthin zurück, um die Insel zu durchqueren. Das hatte vor ihm erst einer geschafft: Fridtjof Nansen. Und wie es sich für den Schweizer Eismann gehört, musste seine Strecke länger und schwieriger sein als jene des Norwegers, der Grönland 1888 weiter südlich überquert hatte.


Mit diesem Theodolit wird der Aufstieg eines Wetterballons genau vermessen

Und das war sie! De Quervain und seine drei Mitstreiter legten mit Skiern und Hundeschlitten in vier Wochen rund 650 Kilometer zurück. Dabei gingen sie oft an die Belastungsgrenze und mussten gegen Ende ihrer Reise fast alle der 29 mitgenommenen Hunde erschiessen. Das war besonders bitter, da ihnen die Tiere bei der Überquerung treue Dienste geleistet hatten.

Klimabotschaften aus dem ewigen Eis

Die meteorologischen und glaziologischen Daten, die Alfred de Quervain und seine Mitstreiter 1912 gesammelt hatten, waren für die Wissenschaft enorm wertvoll. Bis heute gilt das von ihm erstellte Höhenprofil des Inlandeises als Referenz für wissenschaftliche Studien. Beispielsweise für die Erforschung des Grönländischen Eisschilds, der als zweitgrösster Wasserspeicher der Erde gilt. Durch die Klimaerwärmung ist er in den letzten 15 Jahren stark geschrumpft. Besonders problematisch ist dabei, dass das Schmelzwasser nicht mehr aufgenommen und später wieder zu Eis wird, sondern in den Ozean abfliesst. Dadurch schwinden die Süsswasserreserven und der Meeresspiegel steigt an. Dies haben übrigens Schweizer Forscher 2016 herausgefunden.

Globale Erwärmung: Besuch eines Gletschers in 3D

 Mit Originalexponaten und wunderschönen historischen Fotografien beleuchtet die Ausstellung Alfred de Quervains Expedition im ewigen Eis und schlägt einen Bogen zur heutigen Klima- und Gletscherforschung. Mit dem virtuellen Erlebnis im Hochgebirge «Expedition 2 Grad»* erfahren die Besucherinnen und Besucher, was es konkret heisst, wenn sich die Temperatur global um zwei Grad erwärmt. Mit einer 3D-Brille ausgerüstet, können die Auswirkungen auf den Grossen Aletschgletscher in einer virtuellen Welt erlebt werden.


Der Aletschgletscher im Jahre 1900


Der Aletschgletscher im Jahre 1921


Der Aletschgletscher im Jahre 2015

Ein breites Rahmenprogramm – darunter Workshops für Familien u.a. mit der Swiss Polar Class, Expertenführungen mit Historikerinnen, Polarführerinnen und Glaziologen, dem Huskyweekend auf der Hofmatt mit der Erlebniswelt Muotathal sowie diverse öffentliche und virtuelle Führungen – begleiten die Ausstellung und erlauben vertiefende Einblicke rund um Grönland und die Polarforschung.


Glaziologe Martin Lüthi mit dem Radarsystem

Der Glaziologe Martin Lüthi (55), der jedes Jahr mit einer Gruppe nach Grönland reist und forscht, beantwortet Seniorweb einige Fragen.

Wie messen sie den Rückgang des Eises?

Wir messen die Veränderungen des Eises vor Ort mit einem Radarsystem. Dazu stellen wir das Gerät auf einen festen Untergrund oder auf einem Felsen und messen millimetergenau die Veränderung während mehreren Wochen. Die Daten werden dann mit Hilfe eines Computerprogramms ausgewertet.

Wie lange geht es noch, bis Grönland kein Eis mehr hat?

Das geht sehr lange.

Wird das Eis auch wieder wachsen?

Mit den jetzigen Bedingungen ist das nicht möglich. Das bestimmt die Temperatur.

Wie lange geht es, bis es in der Schweiz keine Gletscher mehr hat?

Ganz genau kann man das nicht sagen. Ein grosser Teil der Gletscher wird in 50 Jahren nicht mehr da sein.

Was für Auswirkungen hat das auf die Bewohner?

Alles wird anders, die Vegetationsgrenzen gehen hinauf, der Wasserhaushalt wird anders sein. Viele Bäche haben kein Wasser mehr. Im Sommer gibt es wahrscheinlich eine grosse Wasserknappheit.

Was können wir dazu beitragen, dass es nicht so schlimm wird?

Eigentlich ist der Zug schon lange abgefahren. Man kann schauen, dass es nicht noch viel schlimmer wird.

Titelbild – Dieser Inuit trainiert die Expeditionsmitglieder im Kajakfahren.

Bilder: Schweizerisches Nationalmuseum und Josef Ritler

Siehe auch: Ruth Vuilleumier, Abenteuer im ewigen Eis

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