StartseiteMagazinKulturSchwarzer Humor im Luzerner Kunstmuseum

Schwarzer Humor im Luzerner Kunstmuseum

Roee Rosen (*1963, Israel) liebt den künstlerischen Tabubruch und kennt keine politischen Berührungsängste. Seine Werke sind im Kunstmuseum Luzern bis am 5. Februar 2023 ausgestellt.
Selbstironisch und bildgewaltig dekonstruiert er die intellektuellen Übeltäter der abendländischen Kultur, will Kafka für Kleinkinder aufbereiten und persifliert Shakespeare. In einem Interview erläutert Roee Rosen: «Als ich aufwuchs, schien es, als würde die Kunst allen Widerständen zum Trotz existieren.»


Roee Rosen, Kafka for Kids, 2002, Videostil. Foto: Goni Riskin

Es ist dieser offene Ungehorsam, dem sich Rosee Rosens Kunst verschrieben hat. «Er lässt nicht locker, legt seinen Zeichenstift auf die gesellschaftlichen Wunden, richtet seinen geschärften Blick in die dunkelsten Ecken unserer Welt: auf israelische Internierungslager, die Gewaltherrschaft Wladimir Putins, unsere Illusion einer geordneten und planbaren Existenz,» schreibt die Direktorin des Kunstmuseums Fanni Fetzer.


Kafka for Kids, 2019-2021 26 Gouachen

Er bemächtigt sich Franz Kafkas berühmter Erzählung «Die Verwandlung», macht einen Film daraus, nennt ihn «Kafka for Kids», und richtet sich aber nur vermeintlich an Kinder damit. Denn Rosen führt Kafkas Erzählung vom unglücklichen Familienernährer, der sich in einen Käfer verwandelt, in eine juristische Untersuchung der krassen Ungleichbehandlung israelischer und palästinensischer Jugendlicher in den besetzten Gebieten.


Justine Frank – Ciel malde, 1941-1942, Öl auf Leinwand

Die Ausstellung im Kunstmuseum Luzern zeigt Werke des multidisziplinären Provokateurs aus drei Jahrzehnten Schaffenszeit, darunter auch den Film The Dust Channel, der schon an der documenta 14 für Gesprächsstoff sorgte. Hier wird der Staubsauger Dyson DC07 als Symbol absoluter Reinheit  vor dem Hintergrund eines bürgerlichen Haushalts besungen. Störfaktor sind wiederholte Nachrichtenbilder aus einem Internierungslager für Migranten.


Filmszene

Beim Film «Hilarious» wiederum erwartet den Besucher eine bitterböse Parodie auf die amerikanische Stand-Up-Comedy – in einer Aneinanderreihung missratener Witze sowie rassistischer und misogyner Stereotype.


Justine Frank, La guilde de Frank, 1938 Öl auf Leinwand

Ein absolutes Highlight an intelligentem Witz ist sicher Roee Rosens Spiel mit der von ihm erfundenen Figur der Justine Frank (1900-1943). Gouachen, Fotografien und ein Film, in dem der Künstler selbst mit gelockter Perücke in die Rolle einer Kunsthistorikerin schlüpft, beziehen sich auf Justine Frank, jüdische Surrealistin und Feministin, deren Schlüsselwerk sich provokativ mit Sexualität, Mystizismus und jüdischer Identität befasst. Das ist abgrundtief kluge und witzige Kunst.


Gregor’s Bedroom , 2017, Gregor’s Floor 2020, Gouache auf Papier

Roee Rosen hat in den 1980er-Jahren in Tel Aviv Philosophie und Vergleichende Literaturwissenschaften studiert, in New York später einen Abschluss in Bildenden Kunst gemacht. Diese Fächerkombination bildet den zentralen Pfeiler seines künstlerischen Werks: das Geschichten-Erzählen, die Literaturgeschichte, das verweben von philosophischen Gedanken mit der komplexen gesellschaftlichen Realität

Begleitend zur Ausstellung erschein bei Sternberg Press die Publikation Roee Rosen. Kafka for Kids. Das zweisprachige Buch vereint Texte der Kurator:innen Fanni Fetzer und Sergio Edelsztein, des Filmkritikers Jean-Pierre Rehm sowie das Skript zum gleichnamigen Film.

Fotos: Josef Ritler

Das Buch: ISBN 978-3-95679-662-3

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