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Bericht aus der Wandelhalle

Es war eine bürokratische Verpflichtung, die mich in der letzten Woche ins Bundeshaus führte, natürlich auch etwas verbunden mit journalistischer Neugier, so kurz vor der Wahl zweier neuer Bundesrats-Mitglieder. Seit über 50 Jahre gehe ich dort ein und aus. Früher als Journalist, später als Bundeshaus-Korrespondent, jetzt ausgestattet mit einem Badge als ehemaliges Mitglied des Nationalrates.

Doch diesmal war alles anders. Es begann, als ich das Bundeshaus zwar durch den Haupteingang betreten konnte, aber nicht weiterkam und sah, dass keine Eintrittskontrollen mehr dort stattfinden. Eine hallende, kaum verständliche Stimme gab mir Anweisungen, was zu tun sei. Also runter über die Bundeshaus-Terrasse in das neue Foyer des Bundeshauses. Lange Kolonne vor dem Eingang. Seniorengruppen und Schulklassen, aufgereiht wie auf den Flughäfen in abgegrenzten Zugangsstreifen. Als ich es dann schaffte, das Foyer voller Sicherheitsleute betreten konnte, den Sicherheitscheck überstand, tröstet mich eine junge Polizistin: «Das nächste Mal können Sie an den Kolonnen vorbei direkt eintreten.» Es blitzte bei ihr ein kurzes Lächeln auf, als ich erwiderte: «Sicherheit muss doch sein.»

Angekommen an der Rezeption, einer ähnlichen Anlaufstelle der Parlamentsdienste im Vorraum zur Wandelhalle, meldete ich meine Wünsche an: zuerst Gerhard Pfister, später Stefan Müller-Altermann möchte ich treffen. «Beide sind anwesend, einer an einer Sitzung ausserhalb des Saales, der andere gerade engagiert an der aktuellen Debatte. Können Sie etwas warten?» «Natürlich», so der kurze Dialog.

Ich setze mich in der Wandelhalle auf eine der Bänke, lese am Handy die neuesten Nachrichten, Blicke auf, beginne ein Geschehen zu beobachten, das mich plötzlich nicht mehr loslässt. Irgendwie ist alles anders als früher, geht es mir durch den Kopf. Die Stimmung, die Kleider, die Auftritte, alles biederer, gar gewöhnlich, jede Würde scheint abhandengekommen, jede Eleganz aussen vor zu sein. Und inhaltlich kommt das Parlament den grossen Fragen eh gar nicht mehr nach, in der Vorsorge-, in der Gesundheitspolitik; es ist offensichtlich gegenüber früher überfordert.

Doch siehe da: Eine Gruppe bewegt sich durch den Raum. In der Mitte ein Herr in einem eng geschnittenen, eleganten dunklen Anzug mit lackglänzenden Schuhen: Hans-Ueli Vogt, Bundesratskandidat der SVP, begleitet wohl von seiner Pressesprecherin, meine ich. Beim genaueren Hinsehen erkenne ich die Frau: Sibel Arslan, linksgrüne Nationalrätin aus Basel-Stadt. Auch sie über die «neuen» Kleidernormen hinaus sehr gut gekleidet. Sie stellt Vogt so im Vorbeigehen links und rechts Frauen und Männern in der Wandelhalle vor, wohl auch als ihren Bundesratskandidaten. Sie arrangiert mit einem Kinder-TV-Team ein Interview, setzt Vogt ins richtige Licht. In bin erstaunt, eine stramme linke Frau und ein strammer rechter Mann führen in der Wandelhalle tatsächlich ihre unheilige Allianz vor. Später im BundeshausCafé Vallotton fällt mir in der rechten Ecke eine Frau auf, umringt, wie mir scheint, von Weinbauern aus der Westschweiz. Sie wirkt auf mich auf Anhieb sympathisch: SP-Ständerätin Elisabeth Baume-Schneider, die zweite Frau der SP auf dem Bundesrats-Ticket. Aufmerksam, locker hört sie zu, stimmt ein ins Lachen der Männer. Eine linke Frau unter eher rechten Männern, und die Diskussion dreht sich tatsächlich um Genuss, um den Wein, wie ich so vernehme. Eva Herzog, die Favoritin um den SP-Bundesratssitz, begegnet mir zweimal an diesem Vormittag. Jedes Mal huschte sie vorbei, unterwegs, leicht angestrengt. Bundesrats-Kandidatin zu sein, ist so leicht wohl nicht, vor allem als Favoritin. Auf einen Mann bin ich an diesem Vormittag nicht gestossen: Albert Rösti. Zu sehr Favorit, zu sicher, um noch antichambrieren zu müssen?

Natürlich hörte auch ich mich um, fragte nach Prognosen zum Ausgang der Wahlen. Das Resultat: Eva Herzog und Albert Rösti werden danach das Rennen machen, schnell so gegen 125 bei einem absoluten Mehr von etwa 123 auf sich vereinigen können und damit gewählt sein. Baume-Schneider und Vogt werden aber auch viele Stimmen erhalten, so gegen oder auch gar über 90 Stimmen, vor allem Vogt. Ab Montag werden sie sich noch bei Hearings einzelnen Parteien zu stellen haben. Und am Mittwoch, ab 08 Uhr, wenn die Vereinigte Bundesversammlung sich im Nationalratssaal trifft, wird es ernst für alle vier.

NB: Noch zur bürokratischen Verpflichtung: Gerhard Pfister gehört dem Verwaltungsrat der Seniorweb AG an. Im Zuge der Vereinfachung der Struktur übernimmt künftig der Stiftungsrat die Funktionen des VR. Die bisherigen VR-Mitglieder rücken in den Stiftungsrat nach. Das bedingt beglaubigte Unterschriften, und Gerhard Pfister muss seinen akademischen Titel nachweisen, um im Handelsregister als Dr. aufgeführt zu werden.

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