StartseiteMagazinLebensartStephanusritt – ein Segnungsbrauch

Stephanusritt – ein Segnungsbrauch

Ein festlicher Brauch wird am Stephanstag im nahen Allgäu gefeiert.

Ross und Reiter werden für die traditionelle Reiterprozession herausgeputzt. Unter Musikbegleitung zieht der Zug vom Dorfplatz zur idyllisch gelegenen Stephanus-Kapelle. In den Raunächten zwischen Weihnacht und Dreikönig gibt es vielerorts Bräuche, in denen Mensch und Tier, Haus und Hof gesegnet werden. Besonders beeindruckend ist am zweiten Weihnachtstag der Ritt um die kleine Stephanuskapelle. Sie steht in Argenbühl, im Ortsteil Eisenharz in Oberschwaben zwischen den Städten Isny und Wangen.

Die Kapelle im prächtigsten Mittagslicht

Die Kapelle ist der Mittelpunkt eines alten Brauchs mit einer gebrochenen Tradition. Lange war es Sitte, einzeln, zu zweit oder in kleinen Gruppen, zum heiligen Stephanus nach Eisenharz zu reiten. Bis der Brauch dann zwischen den Jahrhunderten verwilderte, gar auszugehen drohte. Nur noch einzelne Rossknechte, im Stallhäs sprengten um die Kapelle.

Gebetstafel mit Segenswunsch

Vor bald 100 Jahren setzten sich einige Eisenharzer Bauern und ein Kaufmann dafür ein, den alten Ritt wieder zu erneuern und auch den Pfarrer, der mit dem alten heidnischen Brauch nichts zu tun haben wollte, dafür zu gewinnen. Man lud Reiter aus der Nachbarschaft ein und konnte am Stephanstag 1927 eine erste feierliche Reiterprozession mit Beteiligung des Ortsgeistlichen durchführen. Im folgenden Jahr wurde dann die Stephansreitergruppe Eisenharz als Verein gegründet. So viel aus dem Infozettel gemäss Schriftführer Hans Briegel.

Der kleine Altar mit der Legende über den heiligen Hufschmied Eligius

Die Stephanskapelle stammt aus dem 16. Jahrhundert. Der Märtyrer wurde von seinen Verfolgern gesteinigt. Er gilt als Patron der Pferde und Kutscher. Vermutlich war sie eine Pestkapelle, verbunden mit dem Brauch, dass Reiter im Galopp die Kapelle umrundeten. Der jetzige Altar stammt aus der Zeit des frühen Barock (um 1700). Auf den Altarbildern ist unten der heilige Bischof Eligius dargestellt, wie er einem störrischen Pferd das Bein abschneidet und es dann wieder wundersam ansetzt, um so den Huf doch noch beschlagen zu können.

Bei den beiden Figuren am Altar handelt es sich links um einen nicht näher bestimmten Bischof, gekennzeichnet durch Pontifikaltracht, Mitra, Bischofsstab und Buch. Die rechte Figur stellt den Pestheiligen Sebastian dar, der mit entblößtem Oberkörper an einen Baum gebunden und mit Pfeilen beschossen worden war (nach Brigitte Hecht-Lang, Diplom-Restauratorin, 2009).

Pferde und Reiter sind marschbereit.

Es ist ein Vorteil, dass wir schon früh dort sind. Von Osten her ziehen Wolken auf und die Prognose für den Nachmittag verheisst ausgiebigen Regen. Im einzigen offenen Gasthaus des Dorfes, in der Krone, ist jeder Tisch besetzt bis auf zwei Plätze am Stammtisch. Es sind Reiterinnen und Reiter, die sich vor dem Ritt stärken. Hinten an der Wand altes Werkzeug aus dem bäuerlichen Arbeitsalltag: Dreschflegel, Sense und Sichel. Wir kommen ins Gespräch mit einem Reiter, der von einem Streit nach dem 2.Weltkrieg erzählt. Es ging damals darum, wer den Zug anführen dürfe, die Bauern oder die Herrschaften, von denen viele Nazis waren.

Kurz vor dem Aufbruch unter festlichem Glockengeläut

Unterdessen hat es zu regnen begonnen. Den Strassen entlang stehen die Zuschauer. Angeführt vom Bürgermeister und dem Chef der Stephansreitergruppe und begleitet von einer grossen Musikkapelle formiert sich die Prozession.

In grosser Besetzung und in Tracht die Musikkapelle Eisenharz

Punkt 13 Uhr setzt sich der Zug in Bewegung. Im gemessenen Schritt geht es durchs Dorf hinaus zur Kapelle des Heiligen Stephanus.

Früh übt sich auf dem Pony.

In den beiden vergangenen Covid-Jahren fiel die Prozession aus. Früher waren es bis 200 Reiterinnen und Reiter, die mitmachten. Dieses Jahr nehmen 90 Pferde aus 15 Reitervereinen teil. Besondere Aufmerksamkeit bekommen einige Ponys, von Kindern geritten.

Bei strömendem Regen auf der grossen Tour durch die Gegend.

Wie schon in der Zeit der großen Pest, als dieser Brauch entstand, umrundet der Zug die Kapelle und bittet um göttlichen Segen und Beistand.

Ein Bild wie aus dem Mittelalter. Der Umzug umrundet die Stephanuskapelle.

Auf einem Rundkurs führt der Ritt weiter über einige Höfe und kehrt zurück zur Wiese vor der Kapelle. Es regnet und windet. Die Ehrendamen tragen Schirme. Die Musikanten spielen trotz des garstigen Wetters ungeschützt weiter.

Ehrendamen und Musikkorps im Eilschritt

Von der Kapelle aus segnet der Pfarrer die Vorbeireitenden. Anschliessend hält er eine kurze Predigt. Er begrüsst in traditioneller Reihenfolge, zuerst die Pferde und als zweite Gruppe ihre Reiter – auch er ein Pferdefreund.

Der Priester segnet Ross und Reiter

Die Pferde sind tropfnass. Sie beginnen unruhig zu werden. Der Bürgermeister lädt die Reiterinnen und Reiter zum Imbiss ein. Und im Allgäuer Heiligenhimmel wird sich Stephanus ob so viel Ehre sicher freuen.

Bilder: Justin Koller

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