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Afrikas starke Frauen

Sophia Bogner und Paul Hertzberg berichten seit vier Jahren aus Afrika. Im Buch «Jenseits von Europa» stellen sie vierzehn innovative Menschen, davon acht Frauen, vor, die erfolgreich Firmen gegründet haben.

Afrikanische Frauen sind versierte Händlerinnen. Sie verkaufen auf dem Markt Gemüse oder brutzeln am Strassenrand Bananen oder Fleischspiesschen. Ihre Einnahmen sind allerdings so gering, dass sie Working Poor bleiben. Doch daneben gibt es äusserst erfolgreiche Geschäftsfrauen, die sogenannten Mama Benz, die sich einen Mercedes-Benz leisten – bis heute das Statuszeichen für Erfolg.

Das Autorenpaar ist während einem halben Jahr quer durch Afrika gereist und besuchte acht Unternehmerinnen und sechs Unternehmer, die ihnen Einblicke in ihr Business gewährten. Diese erzählten von ihrer ersten Million, ihren grossen Visionen, von dem was sie hoffen und dem was sie verzweifeln lässt. Neben diesen Porträts vermitteln zusätzliche Reise- und Situationsbeschreibungen ein lebendiges Bild vom afrikanischen Alltag.

Simbabwes Queen of Security 

Eine der erfolgreichsten afrikanischen Unternehmerinnen, die zu den Top 10 der CEOs in Afrika zählt, ist Divine Ndhlukula. Sie ist Gründerin der Holdinggesellschaft Securico Security Services in Simbabwe. Ihr Unternehmen macht alles, was mit Sicherheit zu tun hat: stellt bewaffnetes Wachpersonal für Industrie, Botschaften, NGOs oder Privatleute, verkauft und installiert Sicherheitssysteme, Überwachungskameras, Stacheldraht- und Elektrozäune, Alarmanlagen und, weil der Strom so häufig ausfällt, auch Solaranlagen und trainiert Wachhunde. Zudem bewegt die Firma im ganzen Land tonnenweise Bargeld für Unternehmen, die ihre Mitarbeiter und Projekte bezahlen müssen. Das Vertrauen in Securico ist grösser als in die Banken.

Ndhlukula kam 1960 in Gutu, einem Dorf in der damals britischen Kolonie Rhodesien, zur Welt. Ihr Vater betrieb eine Farm und zwei Läden. Seit der Unabhängigkeit, 1980, heisst das Land Simbabwe. Damals zog die Familie mit acht Kindern nach Harare, wo Divine Buchhaltung studierte, «über den Erfolg entscheiden am Ende die Zahlen», meint sie.

Divine Ndhlukula gründete 1998 das einzige Sicherheitsunternehmen in Simbabwe mit 4000 Arbeitsplätzen, das mit dem international anerkannten Qualitätsmanagementsystem ISO zertifiziert ist. Foto: Wikimedia Commons

Divine arbeitete in der Buchhaltung des Versicherungskonzerns Old Mutual und probierte daneben verschiedene Geschäfte aus: verkaufte und designte Kleider, gründete ein Catering-Unternehmen für Firmenkantinen, kaufte einen LKW und vermietete ihn tageweise an Umzugs- und Bauunternehmen. Als Old Mutual sie nach Südafrika und Ägypten schickte, war sie beeindruckt von den Sicherheitsmännern, den hohen Mauern und Elektrozäunen rund um die Gebäude.

Frauen gewährleisten die Sicherheit

Simbabwes Security-Leute waren schlecht ausgebildet und korrupt. Divine fand, «das kann ich besser». Sie kündigte ihren Job und baute Securico zu einem umfassenden Sicherheitsbetrieb auf. Zudem unterstützt sie Unternehmerinnen, etablierte eine Handelskammer für Frauen und stellt selbst möglichst viele Frauen an. Uniformiert und bewaffnet sind sie Teil von Securicos Truppe, denn «Frauen sind weniger korrupt als Männer, weniger kriminell, weniger brutal», sagt Divine. Frauen in Uniform ist ihre Antwort auf die Probleme der Sicherheitsindustrie, und der Erfolg gibt ihr von Anfang an recht. Ganze Familien arbeiten für sie: Grossmütter, Mütter, Töchter, alle in grüner Uniform von Securico.

Heute wird die Unternehmerin wie ein Pop-Star gefeiert, die ganze Welt berichtet über Divine Ndhlukula, und natürlich lässt sie sich im neuen Mercedes, goldmetallic, in E-Klasse, herumchauffieren.

Frauen übernehmen das Steuer

Divine ist nicht die Einzige, die auf Mitarbeiterinnen setzt. Ihre Verlässlichkeit haben auch andere Unternehmen entdeckt. In Äthiopien sitzen Taxifahrerinnen am Steuer für Ride, ein Fahrdienst-Vermittler ähnlich wie Uber. Diese grösste Taxi-App des Landes wurde vor sieben Jahren von einer Frau, Samrawit Fikru, eingeführt. Inzwischen hat Ride mehrere Zehntausend Fahrer, davon mehrheitlich Fahrerinnen. Sie werden geschult, geprüft und die Fahrzeuge gepflegt und gewartet. Wie die junge Programmiererin Samrawit Fikru, die jahrelang nicht ernst genommen wurde und mit Ride zum Erfolg kam, ist eine erstaunliche Geschichte.

In Ghana setzt William Tewiah ebenso auf Frauen. 2010 trat er mit seiner Firma Zen Petroleum gegen internationale Ölfirmen an. Im ganzen Land eröffnet er Tankstellen und eines seiner Erfolgsrezepte ist: Die Toiletten müssen alle hygienisch und sauber sein. 2017 gründete er Ladybirds Logistics, das einzige Tanklaster-Logistikunternehmen der Welt, das ausschliesslich mit Truckerinnen arbeitet. «Seit wir nur noch mit Frauen fahren, wird nichts mehr gestohlen, es gibt keine schweren Unfälle mehr, alles kommt pünktlich an», so sein Fazit.

Brazzaville und das unerreichbare Kinshasa

Den letzten Besuch stattete das Autorenteam dem heute zweigeteilten Kongo in Brazzaville in der Republik Kongo ab. In einer Bar traf es auf lauter smarte Gründerinnen und Gründer junger Unternehmen, die ihre Start-up-Visitenkarten verteilten. Sie schwärmten von Kinshasa auf der anderen Seite des Flusses, wo die Szene viel grösser, aber ein Hinüberkommen fast unmöglich sei. Genau dieses Problem stellte sich auch für die beiden erfahrenen Afrikareisenden, die trotz grösster Anstrengung keine Visa für die Demokratische Republik Kongo erhielten. Sie werden es wieder versuchen, und dann hoffentlich wieder in einem spannenden Buch darüber berichten.

Sophia Bogner/Paul Hertzberg, Jenseits von Europa. Was afrikanische Unternehmerinnen und Unternehmer besser machen. Econ Verlag, Berlin 2022. ISBN 9-783-430-21056-0

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