StartseiteMagazinGesundheitIm Zentrum: Ernährung, Bewegung, psychische Gesundheit

Im Zentrum: Ernährung, Bewegung, psychische Gesundheit

Der Kanton Zürich verzeichnet ein Jahresbudget von 18 Milliarden Franken. Rund 2 Milliarden fliessen in die Gesundheitsdirektion. In der Gesundheitsdirektion kümmern sich rund 450 Personen insbesondere um die Spitalplanung und -finanzierung, das Tarifwesen, die Prämienverbilligung und um die Prävention und Gesundheitsförderung.

Ein Teil der Prävention und die Gesundheitsförderung wird im Auftrag vom Institut für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention der Universität Zürich wahrgenommen. Chefin ist Sibylle Brunner (56.) Ihr stehen 14 Mitarbeitende zur Seite. Sie verfügt über einen Kantonsbeitrag von rund 3 Millionen Franken. Die Fragen an Sibylle Brunner (Titelbild) stellte Anton Schaller:

Sibylle Brunner: Sie haben den Auftrag der Zürcher Regierung, sich im Rahmen ihrer Tätigkeit am Institut Epidemiologie, Biostatistik und Prävention der Universität Zürich für die Gesundheit der Zürcherinnen und Zürcher einzusetzen. Wahrlich eine grosse Aufgabe. Können sie sich voll und ganz auf diese Aufgabe konzentrieren oder haben sie noch andere Aufgaben?

Sibylle Brunner: Der Auftrag meiner Abteilung ist die Weiterentwicklung und Koordination der Gesundheitsförderung und Prävention nicht übertragbarer Krankheiten bei der Bevölkerung des Kantons Zürich. Unsere Arbeit hat grob gesagt drei Themenbereiche im Fokus: Die Bewegung, die Ernährung und die psychische Gesundheit. Zu letzterem gehören insbesondere auch die Suizidprävention und die Suchtprävention. Wir arbeiten bei der Entwicklung und Umsetzung von Programmen oder Angeboten eng mit Fachorganisationen, Forschungsinstitutionen, Gemeinden und kantonalen Ämtern zusammen. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Suchtprävention. Da gibt es regionale Stellen vor Ort, die eng mit den Schulen und Gemeinden zusammenarbeiten, und kantonsweit tätige Fach- und Amtsstellen für gewisse Themen oder Zielgruppen. Wir haben den Lead in der Öffentlichkeitsarbeit und in der Koordination und Weiterentwicklung des Verbunds aller Stellen für Suchtprävention im Kanton Zürich.

Und wie weit werden sie personell unterstützt und finanziell getragen? Und von wem, ausser vom Auftraggeber, dem Kanton Zürich?

Prävention und Gesundheitsförderung Kanton Zürich, eingegliedert am Institut für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention der Universität Zürich, ist ein Team von Fachpersonen mit unterschiedlichen fachlichen Hintergründen. Unseren Kernauftrag finanziert die Gesundheitsdirektion (GD). Unsere Programme hingegen sind unterschiedlich organisiert und finanziert. Bei den kantonalen Aktionsprogrammen für Kinder und Jugendliche sowie für den Altersbereich stammen die Gelder von der GD, von weiteren kantonalen Direktionen und von Gesundheitsförderung Schweiz. Das Tabakpräventionsprogramm wird ausschliesslich aus Geldern des Tabakpräventionsfonds finanziert. Die Suchtprävention wird durch die Gemeinden, den Kanton und durch Mittel aus dem Alkoholzehntel alimentiert. Die Suizidprävention wiederum wird von verschiedenen kantonalen Direktionen getragen. Beim betrieblichen Gesundheitsmanagement, dem Forum BGM Zürich, sind nebst der GD und Gesundheitsförderung Schweiz auch die Suva, die SVA Zürich, der kaufmännische Verband Zürich und Arbeitgeber Zürich beteiligt. Fachlich werden wir zudem von nationalen Organisationen wie Gesundheitsförderung Schweiz, dem BAG oder Sucht Schweiz auch mit Know-how unterstützt, etwa mit Grundlagenwissen oder Evaluationen. Auch die interkantonale Vernetzung und der Austausch mit Fachorganisationen, wie etwa im Altersbereich mit der Rheumaliga oder Pro Senectute, sind für uns wichtig. Wir können viele Synergien nutzen und voneinander lernen. Und nicht zuletzt profitieren wir natürlich von unserer Eingliederung an der Universität Zürich: Die Nähe zur Forschung bringt uns fachlich weiter.

Aufgrund Ihrer Website ist die Suizidprävention im Kanton Zürich ein Schwerpunkt ihrer Aufgaben. Das Programm soll die Anzahl der Suizide sowie Suizidversuche im Kanton Zürich langfristig senken. Sie koordinieren 12 Projekte zur Unterstützung von Menschen in Not sowie ihrem Umfeld und führen massenmediale Kampagnen durch. Wie muss man sich das konkret vorstellen, ein Beispiel?

Das Programm, dessen Aufbau vor 7,5 Jahren begann, hat wichtige Angebotspfeiler aufbauen können. In der Suizidprävention sind sehr unterschiedliche Player relevant: stationäre und ambulante psychiatrische Dienste, niedergelassene Psychotherapie und Psychiatrie, Sozialdienste, Gemeinden, Seelsorgende, Psychiatriespitex, Polizei, Schulsozialarbeit, Institutionen der Altersarbeit oder auch Fachpersonen für bauliche Sicherheitsmassnahmen etc.

Uns ist es gelungen, Netzwerke mit diesen Akteuren aufzubauen, die wir nun pflegen und nutzen. So können übergeordnete präventive Massnahmen entwickelt und umgesetzt werden. Ein konkretes Beispiel dafür sind die regionalen Suizidrapporte, wo sich oben genannte Player regelmässig treffen. Die unterschiedlichen Perspektiven und Erfahrungen helfen, voneinander zu lernen und die jeweiligen Angebote zu verbessern. Bis auf einen Bezirk konnten wir dieses Angebot flächendeckend aufbauen. Ein weiteres Projektbeispiel sind Schulungen, die wir für verschiedene Berufsgruppen, etwa für HR-Fachleute und Führungskräfte oder auch für höhere Schulstufen anbieten. Da geht es darum, suizidale Krisen frühzeitig zu erkennen und adäquat darauf reagieren zu können. Wir haben bis Ende 2021 insgesamt 177 Schulungen durchgeführt, mit denen wir 3’967 Fachpersonen unterschiedlicher beruflicher Richtungen erreicht haben. Auch 2022 haben wir etliche Schulungen durchgeführt.

Ein weiteres Beispiel: Wir haben eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die sich dem anspruchsvollen Übergang von Patientinnen und Patienten vom stationären ins ambulante Setting widmet. Die multiprofessionelle Arbeitsgruppe hat in letzten Jahren Empfehlungen und Massnahmen ausgearbeitet und deren Umsetzung begleitet. Vertretende der psychiatrischen Kliniken und niedergelassen Verbände haben dabei mitgewirkt. Wir konnten unter anderem die Implementierung von ASSIP (Attempted Suicide Short Intervention Program), eines Kurztherapieprogramms nach Suizidversuchen, im Kanton Zürich unterstützen und damit vorantreiben.

Wenn Sie jetzt, Ende 2022 Bilanz ziehen, sind sie auf dem Weg, damit die Zahl sinkt?

Wenn wir unsere verschiedenen Massnahmen mit den Empfehlungen der WHO für effektive Suizidprävention vergleichen, sind wir auf Kurs. Auch die Entwicklung der Zahlen stimmt uns zuversichtlich. Hierzu muss angefügt werden, dass die Suizidrate multifaktoriell bedingt ist, d.h. viele Faktoren beeinflussen neben der Prävention die Suizidzahlen, wie z.B. Versorgungsituation oder die wirtschaftliche Lage. Ein Wirksamkeitsnachweis des Programms auf der Ebene der Anzahl Suizide ist aufgrund der Fallzahlen (unter 100 Personen) im Kanton Zürich grundsätzlich schwierig. Es kann Schwankungen geben, die kaum erklärbar sind. Da jeder Suizid mit hohen direkten und indirekten Kosten wie dem grossen Leid von den hinterbliebenen Angehörigen verbunden ist, lohnen sich die Investitionen in ein solches kantonales Programm volkswirtschaftlich rasch.

Ein weiteres zentrales Vorhaben Ihrer Organisation ist die Prävention und Gesundheitsförderung im Alter. Sie wollen es älteren Menschen ermöglichen, möglichst lange selbstständig zu Hause zu leben und ihre Gesundheitskompetenz zu stärken? Wie wollen Sie das Ziel erreichen?

Damit ältere Menschen ihre Selbstständigkeit möglichst lange erhalten und chronischen Erkrankungen vorbeugen können, sind regelmässige Bewegung, eine ausgewogene Ernährung und eine gute psychische Gesundheit wichtig. Günstige Rahmenbedingungen und passende Angebote können das Risiko von funktionellen Einschränkungen im Alter um fast die Hälfte senken.

Im kantonalen Aktionsprogramm «Prävention und Gesundheitsförderung im Alter», das wir im Kanton Zürich koordinieren, setzen wir vielfältige Massnahmen auf verschiedenen Ebenen um. Wir unterstützen niederschwellige Angebote und Kurse für ältere Menschen und ihre Bezugspersonen wie zum Beispiel «Café Balance». In diesem Rhythmik-Kurs können ältere Menschen ihre Mobilität und ihre geistige Fitness stärken und dadurch ihr Sturzrisiko um bis zu fünfzig Prozent reduzieren. Die anschliessende Kaffeerunde gibt Gelegenheit, Kontakte zu knüpfen und sich mit den anderen Kursteilnehmenden auszutauschen.

Auf der Website www.gesund-zh.ch, in Broschüren oder in Zeitschriften und Zeitungen vermitteln wir älteren Menschen zudem gesundheitsrelevantes Wissen und geben konkrete Tipps zur Stärkung ihrer Gesundheitskompetenz. Meist findet der Lebensalltag älterer Menschen primär in der Gemeinde oder im Quartier statt. Deshalb unterstützen wir bewegungs- und begegnungsfreundliche Angebote und Projekte in Gemeinden. Der öffentliche Raum soll so gestaltet sein, dass er für ältere Menschen ausreichend Bewegungsmöglichkeiten bietet, Stürzen vorbeugt und Begegnung und Austausch fördert. Des Weiteren koordinieren wir die Vernetzung und die Schulung von Fachpersonen in den Themenbereichen «Bewegung», «Sturzprävention», «gesunde Ernährung» und «psychische Gesundheit».

Sie entwickeln und koordinieren verschiedene Projekte in den Bereichen Sturzprävention, Bewegungsförderung, ausgewogene Ernährung sowie psychische Gesundheit und soziale Teilhabe? Welcher Bereich steht im Vordergrund?

Um die Gesundheit, die Lebensqualität und die Selbstständigkeit im Alter möglichst lange zu erhalten, ist es zielführend, älteren Menschen Know-how und konkrete Tipps rund um die Themen «Ernährung», «Bewegung» und «psychische Gesundheit» zu vermitteln. Schwerpunkte sind für uns die Stärkung der psychischen Gesundheit, die Bewegungsförderung sowie die Sturzprävention. Es zeigt sich, dass gerade Massnahmen zur Bewegungsförderung und Sturzprävention im Alter eine hohe Wirkung haben in Bezug auf die Gesundheit und die Selbstständigkeit. In der Sturzprävention unterstützen wir einerseits Massnahmen, die sich direkt an die ältere Bevölkerung richten wie beispielsweise die Kampagne «sicher stehen – sicher gehen», andererseits koordinieren wir Massnahmen auf der Versorgungsebene. Da die körperliche und die psychische Gesundheit untrennbar miteinander verbunden sind, erweist es sich als besonders wirksam, wenn Bewegung und Begegnung in Angeboten für ältere Menschen kombiniert werden. Ein gutes Beispiel ist ZÄMEGOLAUFE. Es handelt sich dabei um ein Angebot in verschiedenen Gemeinden, bei dem sich Menschen ab 60 Jahren zum gemeinsamen Spazierengehen und Austausch treffen können.

Sie versuchen, die älteren Menschen über verschiedene Informationskanäle zu erreichen, über Broschüren, Inserate in Print-Produkte, Veranstaltungen, wie mir scheint mit Schwergewicht per Websites. Einmal über die der Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich, dann über die ihrer Organisation «Prävention und Gesundheitsförderung» und speziell über www.gesund-zh.ch. Verfügen Sie über Zahlen, wie die Seiten besucht werden, insbesondere www.gesund-zh.ch?

Auf der Website www.gesund-zh.ch finden ältere Menschen aus dem Kanton Zürich Informationen und konkrete Angebote, welche das Wohlbefinden stärken, regelmässige Bewegung fördern und eine gesunde Ernährung ermöglichen. Die Website ist seit September 2020 online. Seit Beginn konnten wir die Zugriffe um das Vierfache steigern, was für uns natürlich zufriedenstellend ist. Aktuell verzeichnet die Website jeden Monat mehrere Tausend Zugriffe. Wichtig sind für uns nebst den Informationskanälen, die Sie nennen, auch die Kanäle unserer Partnerorganisationen. Ein Beispiel: Während dem Lockdown konnten wir über den Spitex Verband Kanton Zürich und über den Mahlzeitendienst von Pro Senectute Kanton Zürich Flyer in die Haushalte von betagten Menschen verteilen.

Auf der Website www.gesund-zh.ch wird auf Projekte wie «ZÄMEGOLAUFE», Rhythmik Kurse «Café Balance», «Heb dir Sorg» hingewiesen. «Heb dir Sorg» ist beispielweise ein kostenloser Kurs, der Strategien vermittelt, um Verhalten zu ändern. Die Kurse werden in verschiedenen Gemeinden angeboten. Ist an flächendeckende Angebote im Kanton Zürich gedacht? Wird das Angebot ausgeweitet?

Im Online-Kurs «Heb dir Sorg» können pflegende und betreuende Angehörige ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden stärken. Dieser Kurs ist nicht auf gewisse Gemeinden beschränkt, sondern kann von allen Menschen im Kanton Zürich besucht werden, die eine nahestehende Person pflegen oder betreuen. Mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln können wir nicht die gesamten Kosten von Angeboten finanzieren. Auch ist es nicht möglich, flächendeckend in allen Gemeinden gleichzeitig der Aufbau von Angeboten zu finanzieren. Der Ausbau geschieht jeweils in Etappen und richtet sich nach den Interessen und Bedürfnissen der jeweiligen Gemeinden.

Die je kantonale Organisation der Pro Senectute und des Schweizerische Roten Kreuzes bieten ähnliche Kurse für ältere Menschen an. Stehen Sie in Konkurrenz mit ihnen oder ergänzen sie sich bewusst?

Für uns ist es ein wichtiges Anliegen, dass wir bei der Umsetzung von Angeboten oder Kursen die Angebotsvielfalt der bestehenden Organisationen im Kanton Zürich ergänzen und in teils enger Zusammenarbeit mit diesen Organisationen umsetzen. So binden wir bei der Planung neuer Massnahmen jeweils verschiedene Kooperationspartner ein, um eine möglichst bedarfsgerechte Weiterentwicklung des Programms zu gewährleisten. Im Programm Alter fördern wir auch Projekte von verschiedenen Organisationen wie beispielsweise der Pro Senectute Kanton Zürich, indem wir sie finanziell unterstützen oder bewerben.

Welche finanziellen Mittel stehen Ihnen insgesamt und im Besonderen für den Bereich «Prävention und Gesundheitsförderung im Alter» zur Verfügung?

Die Gesundheitsdirektion Kanton Zürich und Gesundheitsförderung Schweiz finanzieren das kantonale Aktionsprogramm «Prävention und Gesundheitsförderung im Alter». Einzelne Projekte werden durch andere Organisationen oder die Gemeinden mitgetragen.

Eine letzte Frage: Wenn Sie Ende 2022 Bilanz ziehen: Was ist Ihnen gelungen, was nicht und wo werden Sie im kommenden Jahr ein Schwergewicht setzen?

Bezogen auf das Programm Alter konnten wir 2022 wiederum eine breite Palette an Massnahmen und Angeboten für unterschiedliche Bevölkerungsgruppen sowie für Fachpersonen umsetzen. Hervorheben möchten wir Projekte, die wir partizipativ mit den Zielgruppen angehen konnten. So gab es beispielsweise im Rahmen des Projekts «Lokal vernetzt älter werden» in sieben Zürcher Gemeinden Mitwirkungsveranstaltungen, an denen insgesamt rund 460 ältere Personen ihre Ideen und Vorstellungen einbringen konnten. Daraus entstanden Arbeitsgruppen, in denen Seniorinnen und Senioren aktiv bei der Weiterentwicklung und Umsetzung der Ideen mitwirken können. Auch im nächsten Jahr planen wir Angebote, die wir für die Zürcher Bevölkerung und mit ihr umsetzen wollen.


Sibylle Brunner (56) ist seit bald acht Jahren Beauftragte des Kantons Zürich für Prävention und Gesundheitsförderung. Zuvor setzte sie sich in ihrer Arbeit auf nationaler Ebene für die Stärkung der gesundheitlichen Ressourcen von verschiedenen Bevölkerungsgruppen ein. Sie besitzt einen Master of Public Health und studierte Sozialpsychologie an der Universität Zürich.

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