StartseiteMagazinLebensartKaffeemuseum sucht ein neues Zuhause

Kaffeemuseum sucht ein neues Zuhause

Dass bei Hölstein im basellandschaftlichen Waldenburgertal unter dem Namen «Coffee Culture» ein einzigartiges Museum rund um den Kaffee existiert, war bis jetzt höchstens unter einigen Kaffee-Aficionados bekannt. Nun ist die Initiantin und Besitzerin Anita Vietri auf der Suche nach einer neuen Bleibe.

Wir stehen vor einer schmucklosen Gewerbehalle im Gebiet Bärenmätten der Gemeinde Hölstein. Würde unser Blick nicht auf das diskrete Schild «Coffee Culture» fallen, wir kämen kaum auf die Idee, dass ausgerechnet hier hinter der metallenen Türe ein Zentrum des Wissens rund um den Kaffee zu finden ist. Beim Eintreten weht uns der Duft von geröstetem Kaffee entgegen, begrüsst werden wir von der Hausherrin Anita Vietri.

Kaffeemühle «Star Mill – Philadelphia» (Ende 19.Jahrhundert)

In zahllosen Gestellen und Vitrinen stehen Kaffeekannen und -kocher, Mühlen, Röstgeräte, Dosen, Kaffeegeschirr und Utensilien jeglicher Art – es sind Hunderte von Exponaten – rund um unseren geliebten Kaffee. Tatsächlich gehören wir Schweizerinnen und Schweizer mit 9,3 Millionen Kilogramm Kaffee zu den fleissigsten Kaffeekonsumenten Europas. 2022 lag der Pro-Kopf-Konsum bei 4,1 Kilogramm. Wir gehören damit nicht zu den heftigsten Kaffeetrinkenden (wie zum Beispiel die Luxemburger, Finnen oder Holländer), aber dennoch zu jenen Landsleuten, bei denen das dunkle Getränk einfach dazugehört.

Sammeln als Leidenschaft und Sucht

Anita Vietri (44) ist mit Haut und Haaren dem Kaffee verfallen. So stark sogar, dass sie scherzhaft sagt: «Vielleicht sollte ich besser in Therapie…» Den Beginn ihrer Sammelleidenschaft verortet sie ins Jahr 2009. Damals sei ihr im Rahmen eines Kurses in Österreich erstmals so richtig bewusst geworden, welch faszinierende Welt Kaffee sei: «Je nach Herkunft, Röstvorgang und Zubereitung tut sich da eine immens vielfältige Welt auf!»

Werbung «Pan American Coffee – USA» (ca. 50er Jahre)

Sie habe sich damals in einen Handröster verliebt, den der Kursleiter dabeigehabt habe, erklärt Anita Vietri. So habe sie sich selber auf die Suche nach diesem «syydigen Instrument» gemacht. Die Halle voller Objekte ist der schlagende Beweis dafür, dass sie die Sammeltätigkeit auch dann fortgesetzt und sogar intensiviert hat, als sie fündig wurde. Sie berichtet: «Zunächst hatte ich zuhause ein kleines Gestell, dann wurde die Wohnung zu klein und ich habe diese Halle gemietet». So entwickelte sich die Sammeltätigkeit zu einer Sucht – «und es war niemand da, der «basta!» sagte…»

Kaffeewelt und Museum

Weil sie nicht einfach Halle voller Sammelstücke anhäufen wollte, begann Vietri vor ein paar Jahren, ihr Konzept von einem Kaffee-Kulturhaus umzusetzen: Sie öffnete die magische Welt des Kaffees einerseits durch das Kaffeemuseum. Andererseits ermöglichte sie Führungen und Events, bot Tagungen, Degustationen und Röstkurse an.

Diverse Kaffeemühlen (Die Rote ist eine «Enterprise aus Philadelphia» (Ende 19.Jahrhundert)

Gleichzeitig liess sich die gelernte Chemielaborantin und diplomierte Lebensmitteltechnologin weiterbilden. Mittlerweile ist sie geprüfte Sommelière in den Bereichen Bier, Sake, Tee, Spirituosen, Kaffee und sogar Wasser.

Eine Zeit lang sah es danach aus, als könne ihr Plan aufgehen und «Coffee Culture» sich entfalten. Doch dann kamen Corona und die Bauarbeiten im Zuge der neuen Waldenburgerbahn. Gleichzeitig brachen der benachbarten Maschinenbaufirma ihres Stiefvaters, der Fematic AG, die Aufträge weg. Sie hatte diese Firma wegen fehlender Nachfolge übernehmen müssen. Fematic hatte Maschinenbauteile für die Automobilindustrie hergestellt; derzeit befindet sie sich in Liquidation.

Schwieriger Transformationsprozess

Plötzlich wurde es schwierig bis unmöglich für Vietri, das Museum zu unterhalten. «Jetzt», macht Anita Vietri deutlich, «jetzt muss ich der fehlenden Einnahmen wegen bremsen». Konkret: Sie sucht für das Museum eine neuen Lösung. Idealerweise möchte sie ihre Sammlung an einen neuen Ort zügeln, wo sie Platz hat und wo die Sammlung integral bleiben kann. «Am liebsten so, dass es neben dem Museum Platz gäbe für einen Degustationsraum, einen Röstraum und ein Café, eventuell noch einen Seminarraum.» Sie möchte einen Ort schaffen, der die Menschen verbindet.

Werbewagen, im Hintergrund ist die Kaffeemühle zu sehen wie auch ein Trommelröster (rechts)

Falls sich keine solche Lösung abzeichnet, kann sich die quirlige Frau höchstens vorstellen, die Sammlung als Ganzes zu veräussern. Auf keinen Fall möchte sie das Museum auseinanderreissen. «Denn mein Ziel war es ja immer, die Geschichte des Kaffees zusammenzuführen!» So komme eine Lösung, Teile zu verkaufen oder zu redimensionieren nur im Sinne eines Worstcase in Frage. Vietri: «Es würde mich zerreissen, die Sammlung zu zerstören.»

«Kaffeelokomotive – England» (ca.1920)

Anita Vietri, die zusammen mit ihrer alleinerziehenden Mutter im Jahre 1985 von Italien in die Schweiz gekommen war, versucht derzeit mit aller Kraft zu retten, was zu retten ist. Zum Glück sei sie Single, verrät sie. So könne sie – ganz mit ihrer Arbeit und der Leidenschaft für Kaffee verheiratet – die Zeit von Montag bis Sonntag hier verbringen. Gesellschaft dabei leistet ihr ein kleiner Hund.

Vietri hat in den vergangenen Wochen einige Anstrengungen unternommen, eine Lösung zu suchen. Leider alles vergeblich bisher. Sie sagt: «Eine Lösung muss es zwingend geben – mit oder ohne mich». Bis eine solche vorliegt, wird sie sich mit der Katalogisierung der Objekte befassen – und eine bezahlte Arbeit suchen. Die Türen zum Museum jedenfalls werden nun eine weile geschlossen bleiben.

Titelbild: Anita Vietri mit Kaffeeröster «Henneman’s» Ende 19. Jahrhundert. Fotos: Christian Roth


Faszination Kaffee

Anita Vietri mit Kaffeebereiter «E.Roch – Frankreich» Ende 19. Jahrhundert.

Stellt man Anita Vietri die Frage, was denn das Faszinierende sei an Kaffee, gerät die Frau ins Schwärmen und als Coffeologin ins Dozieren. Abgesehen von der Tatsache, dass es die zwei wichtigsten Sorten Arabica und Canephora (Robusta) gebe, seien da halt noch zahlreiche Sorten und Varietäten. Zudem existieren 124 wilde Kaffee-Arten auf der Welt. Je nach Röstverfahren, Verarbeitung und Mahlgrad verändere sich das Geschmacksbild ganz gewaltig, sagt Vietri: «Kaffee ist ein wahrer Verwandlungskünstler!» Spannend sei zudem, dass man auch mit dem Mahlgrad, mit den Temperaturen, den Extraktionszeiten und weiteren Faktoren «spielen» kann. Anita Vietri spricht in diesem Zusammenhang von «komponieren und zaubern».

Doch Vietri ist auch von der Geschichte des Kaffees und des Kaffeekonsums fasziniert und den Geschichten, die sich um dieses Getränk ranken. Sie macht ein Beispiel: «Früher hat man Kaffee gestreckt und gefälscht, indem man getrocknete Rinds- und Pferdeleber oder sogar Kupferfarbe beigegeben hat».

Welches ist Ihr Lieblingskaffee, Frau Vietri?

«Beim Espresso bevorzuge ich nussig-herben Canephora aus Brasilien oder Indien, nicht fermentiert und naturbelassen – aber unbedingt mit Zucker.»

Mit Zucker?

«Ja, mit Zucker ist ein Ristretto wie eine flüssige Praline – und das liebe ich!»

Ihr persönliches Spezialrezept?

«An heissen Sommertagen nehme ich einen Espresso, gebe etwas Orangensaft dazu, etwas Safran und Vanille. Dann aufschäumen und kalt servieren – ein Traum!»


 

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