Glückliche Geschöpfe, zeichnerischer Witz und viel erzählerische Freude werden im Kunstmuseum Luzern auf 130 Teppichen dargestellt.
Jakup Ferri (*1981) ist der Künstler, dem wir die beeindruckende Kunst auf Teppichen verdanken. Für die Besucher gilt: Schuhe ausziehen und auf leisen Sohlen über Teppiche gleiten.
Der Künstler inmitten seiner Werke
Die Bildwelt ist bunt und voller glücklicher Geschöpfe. Menschen, Tiere und Mischwesen machen Gymnastik, fahren mit dem Velo oder sausen auf dem Rollbrett durch die Bilder.
Vor allem kommen sie zusammen: draussen zum Picknick, am Familientisch, zum Tanz, zum Musizieren oder zum Schachspiel im Park. Jakup Ferri scheint sich beim Zeichnen zu fragen: Was steckt noch in einem Motiv? – Und flugs werden die Knöpfe eines Hemdes zu Körnern, nach denen Vögel picken. Seine Werken sprühen vor zeichnerischem Witz und erzählerischer Freude.
Der kosovarische Künstler hat lange mehrheitlich mit Video gearbeitet, bis er über ein kleines Skizzenbuch zum Zeichnen kam. Noch heute sind ihm die kleinen Formate am liebsten. Meist nutzt er ein Blatt von 11 x 20 cm, selten ein grösseres. Er zeichnet mit dem feinsten Tuschestift direkt, ohne Vorzeichnung und meist auch ohne festen Plan.
Zu Beginn steht oft ein Gesicht. Jakup Ferri ergänzt dieses je nachdem, wie es in die Welt blickt – traurig, fröhlich, schelmisch. Er sucht nach immer neuen Charakteren, als letzte sind Roboter in sein Universum getreten. Eine Bildfindung ruft oft die nächste hervor. Dadurch entstehen Serien, beispielsweise mit Fahr- zeugen wie Velos, U-Booten, Flugzeugen und Helikoptern.
Jakup Ferris Zeichnungen bilden die Basis für seine weiteren Werke. Die Linien stehen deshalb im Vordergrund und fassen die Farben ein, in kolorierten Zeichnungen ebenso wie in Gemälden und textilen Werken.
Seit 2010 lässt der Künstler seine Bildfindungen weben oder sticken. Zur Arbeit mit Textilien haben ihn Marktbesuche in seiner Heimat inspiriert. In Kosovo sowie in den ehemaligen jugoslawischen Staaten war die Textilherstellung und -verarbeitung äusserst populär.
Jakup Ferri hat nach Handwerkerinnen gesucht, die seine Motive nach traditionellem Handwerk sticken. Die erste umgesetzte Zeichnung war zwar motivisch noch unpräzise, aber technisch hat ihn das Ergebnis so sehr begeistert, dass er unterdessen mit zahlreichen Handwerkerinnen in Kosovo und Albanien zusammenarbeitet.
Als Inspiration dienen ihm selten konkrete Erlebnisse oder Bilder, sondern vielmehr Eigenschaften von Volkskunst, Kunsthandwerk sowie Strukturen wie Mikroorganismen oder Pixel von Computerspielen.
So sind die Teppiche in Zusammenarbeit mit seinem Sohn Jip entstanden, der die Muster im Computerspiel Animal Crossing entworfen hat, um damit Mützen und T-Shirts der Spiel-Charakteren zu gestalten.
2022 hat Jakup Ferri den kosovarischen Pavillon an der Biennale von Venedig bespielt. Nun ist sein Werk erstmals in der Schweiz zu entdecken. Für we, we or me installiert der Künstler rund 130 Arbeiten, darunter viele, die er in den letzten Wochen produziert hat. Seine Werke Teppiche, Stickereien, Gemälde – nehmen nicht nur alle vier Wände, sondern auch den Boden ein und überlagern sich zu einem dichten Kosmos voller Geschichten.
Die von Eveline Suter kuratierte Ausstellung, in Kooperation mit Fumetto Comic Festival Luzern dauert bis 28. Mai 2023.
Alle Bilder: Ausstellungsansicht Jakup Ferri, we, we, or me, Kunstmuseum Luzern 2022
Fotos: Josef Ritler