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Unabhängig auch in Zukunft?

Seit der Kalenderwoche 11-2023 steht die Krise einer Schweizer Bank und deren Rettung im Zentrum aller Debatten und Diskussionen. Die 167-jährige Credit Suisse stand praktisch vor dem «Zahlungsausfall». Verwaltungsrat und Management ignorierte angeblich weitgehend ihre eigene Verantwortlichkeit, im CS-Web steht: «Unsere grösste Verantwortung als weltweit agierender Finanzdienstleister besteht darin, unser Unternehmen erfolgreich zu führen. Das kommt unseren Kunden, Aktionären und Mitarbeitenden sowie der Gesellschaft insgesamt zugute.» Darum waren zwingende Massnahmen notwendig, damit nicht eine Schweizer Bank Auslöser einer internationalen Finanzkrise wird.

Der Schweizer Regierung und die Bank-Aufsichtsbehörden standen unter erheblichem Druck, die Lage zu stabilisieren und die Credit Suisse zu stützen. Weitgehend verständlich, weil die CS eine der weltweit grössten Verwalter ist und zu den 30 global systemrelevanten Banken gehört, deren Ausfall das internationale Finanzsystem negativ tangiert hätte.

Am 19. März 2023 verkündeten Bundesrat, SNB, Finma und die Führungen von UBS und CS das Ende der Credit Suisse. Vorausgegangen war ein das ganze Wochenende dauernder Verhandlungsmarathon, an dem die Beteiligten der beiden Banken sowie Spitzenvertreter von Politik und Aufsichtsbehörden teilgenommen hatten. Die Traditionsbank wird von der Konkurrentin UBS übernommen! Die Nachricht von der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS hat weit über die Schweiz hinaus ein mediales Erdbeben ausgelöst.

Die UBS zahlt drei Milliarden Franken für die Credit Suisse. Der Bundesrat sieht in der Übernahme durch die UBS die beste Lösung, wie Bundespräsident Alain Berset und Finanzministerin Karin Keller-Sutter sagten. Der Schweizer Bundespräsident Alain Berset bemerkte, Credit Suisse habe Vertrauen der Kunden verloren, Liquidität habe gewährleistet werden müssen. Um die Fortführung der Geschäftstätigkeit der Credit Suisse bis zur Umsetzung der Übernahme sicherzustellen und die Kosten für die Schweizer Volkswirtschaft zu reduzieren, hat der Bundesrat zusätzliche Liquiditätsmassnahmen beschlossen. Es wird, anders als damals bei der UBS-Rettung, zwar kein Geld des Bundes direkt ausgegeben. Aber die Schweiz stellt für die Rettung der Credit Suisse 209 Milliarden Franken in Form von Liquiditätshilfe-Darlehen der Nationalbank und Ausfallgarantien für Risikopositionen bereit – ein Teil davon ist vom Bund abgesichert. Dieser stelle die nötigen Rahmenbedingungen. Die Transaktion sei wichtig für die Stabilität des schweizerischen Finanzplatzes.

Für den Wirtschaftsdachverband Economiesuisse hat der Bundesrat eine Destabilisierung des Schweizer Finanzplatzes mit unabsehbaren Folgen verhindert. Für den Verband Schweizerischer Kantonalbanken (VSKB) schafft die getroffene Lösung angesichts der sich in den vergangenen Tagen zuspitzenden Unsicherheiten am Markt Klarheit. Sie trage dazu bei, das Vertrauen in den Finanzplatz Schweiz im In- und Ausland zu erhalten.

SNB-Präsident Thomas Jordan betonte, dass die Reputation für die Volkswirtschaft der Schweiz zentral sei. Colm Kelleher, Verwaltungsratspräsident UBS Group, bemerkte: «Das ist eine Riesenchance für uns.» Dies versteht sich, denn die Kombination beider Banken stärkt die Position der UBS. Die Übernahme der zweitgrössten Bank Credit Suisse durch die UBS ist die bedeutendste Bankfusion in Europa seit der Finanzkrise vor 15 Jahren.

Internationale Notenbanken begrüssten die Massnahmen. Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, betonte, das rasche Handeln und die Entscheidungen der Schweizer Behörden seien «entscheidend für die Wiederherstellung geordneter Marktbedingungen und die Gewährleistung der Finanzstabilität». Der Chef der US-Notenbank Fed, Jerome Powell, und US-Finanzministerin Janet Yellen sprachen von einem Schritt zur Stützung der Finanzstabilität. Auch die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) begrüsste die Übernahmelösung sowie die vom Bund und der Schweizerischen Nationalbank (SNB) ergriffenen Massnahmen.

Ausserordentliche Session der Eidgenössischen Räte

Die am 19. März 2023 beschlossene Fusionsabsicht Credit Suisse und UBS soll bis Ende 2023 abgeschlossen sein. Zwischenzeitlich wird die Credit Suisse als unabhängige Institution weitergeführt. Mit der Thematik der Zusammenführung von UBS und CS ist im Mai eine ausserordentliche Session des Parlaments geplant. Die FDP verlangt beispielsweise, dass der Bund die Voraussetzungen schaffen müsse, die CS in Zukunft eigenständig weiterzuführen. Offene Fragen, vor allem hinsichtlich der Anwendung des Notrechts, sind anderseits Gegenstand der Kritik. Gemäss einer Umfrage von «Sotomo» steht eine Mehrheit der Schweizerbevölkerung zwar hinter dem Entscheid des Bundesratzes. Keinen Rückhalt finden hingegen die Anwendung des Notrechts und der Ausschluss der Aktionäre der CS. Die Übernahme der CS durch die UBS, ohne dass die Aktionäre mitentscheiden konnten, wird im Rechtsstaat Schweiz als fragwürdig eingestuft. Das stelle eine Enteignung der Aktionäre dar, kritisiert auch HSG-Rechtsprofessor Peter Hettich.

Credit Suisse soll eine unabhängige Bank bleiben

Der starke Leader der neuen Bank «UBS/CS» ist der UBS-Präsident Colm Kelleher, der die CS zum Schnäppchenpreis erhalten hat. Man weiss aber auch, so wie es die NZZ kürzlich schrieb, dass Kellehers «Horizont weit über die jenen des gemeinen Bankers hinausreicht». Der Bankprofi mit einer makellosen Karriere und erwiesener Menschlichkeit, krisenerprobt, aber auch loyal, ist sich bewusst, dass die mehr oder weniger aufgedrängte «Zwangsheirat» zweier Banken über den «Hochzeitstag» hinaus vor grossen organisatorischen Aufgaben steht. Die «Fusion» der beiden Banken mit verschiedenen Kulturen wollte grundsätzlich weder die UBS noch die CS. Die Politik und gemäss Umfragen auch die Schweizer Bevölkerung wollen verhindern, dass die UBS zur Monsterbank wird.

Die öffentliche Meinung darf der UBS nicht egal sein. Ein negatives Image kann zu Vertrauensverlust führen. Direktbetroffen sind mittelfristig auch Kunden, Mitarbeitende beider Banken und auch die Schweiz. Vertrauen und Hoffnung richten sich an den UBS-Verwaltungsratspräsidenten Colm Kelleher und seinen Vizepräsidenten Lukas Gähwiler, die vielleicht beide Banken im Geiste der «Gütertrennung» als eigenständige Banken weiterführen werden. Im Interesse der Schweiz und der internationalen Finanz- und Bankenwelt würden beide autonomen Grossbanken Union de Banques Suisse (UBS) und Credit Suisse (CS) erhalten bleiben.

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2 Kommentare

  1. UBS ernennt Sergio Ermotti zum neuen CEO

    Als Ergänzung zu meiner gestrigen Kolumne folgendes: Heute Mittwoch, 29.3-2023, vernehmen wir, dass die Grossbank UBS Sergio Ermotti zurückholt. Er übernimmt erneut den CEO-Posten und wird damit auch die neue Bank nach der geplanten Übernahme der Credit Suisse leiten. Begründet wird dies mit den neuen Herausforderungen, welche der Zusammenschluss mit sich bringt.

    Der jetzige CEO Ralph Hamers habe sich bereit erklärt, im Interesse des kombinierten Unternehmens, des Schweizer Finanzsektors und des Landes zurückzutreten, teilte die UBS am Mittwoch mit. Er werde während einer Übergangsphase noch beratend zur Seite stehen, um einen erfolgreichen Abschluss der Transaktion und eine reibungslose Übergabe zu gewährleisten.

    Bereits nach der UBS-Generalversammlung am nächsten Mittwoch übernimmt der Ermotti das Ruder bei der grössten Schweizer Bank als Konzernchef.

    Es versteht sich, dass «Dank dieser einzigartigen Erfahrung und seiner tiefen Kenntnisse der Finanzdienstleistungsbranche in der Schweiz und weltweit sei Ermotti bestens geeignet, die Integration der Credit Suisse umzusetzen. Ermotti selbst sagte, er fühle sich geehrt, die UBS in diesen Zeiten leiten zu dürfen. Die anstehende Aufgabe sei dringend und herausfordernd, er wisse um die Verunsicherung, die es jetzt gebe. Er verspreche aber, sich vollständig darauf zu konzentrieren, das beste Ergebnis für die Kunden, die Mitarbeiter, die Aktionäre und die Schweizer Regierung zu erzielen.»
    Es könnte durchaus zutreffen, dass Sergio Ermotti, der international anerkannte Bankier, für die mehr oder weniger aufgedrängte «Zwangsheirat» zweier Banken mit verschiedenen Kulturen, die weder die UBS noch die CS wollten, über den Hochzeitstag hinaus einen Weg finden könnte, im Geiste der «Gütertrennung» die beiden Banken als eigenständige Banken weiterzuführen könnte. Ein Aktionariat aus UBS, CS, CH -Nationalbank, CH-Kantonalbanken, CH-Raiffeisenbanken und weiteren Finanz- und Wirtschaftskreisen der Schweiz, könnten mit von der Partie der unabhängigen, neuen Credit Suisse sein. Ja, der der Schweiz und der globalen Finanz-Welt würden beide autonomen Grossbanken Union de Banques Suisse (UBS) und Credit Suisse (CS) damit erhalten bleiben.

  2. Natürlich wäre das schön. Und wahrscheinlich auch sinnvoll. Der Bund hätte diese Lösung verwirklichen können, indem er die CS nationalisiert hätte, um sie dann nach und nach, Teil für Teil, zu privatisieren. Das hätte den Bund nicht weniger an Bürgschaften gekostet als die heutige Lösung. Gemäss BR Keller-Suter sei das geprüft, aber als untauglich verworfen worden. Die genaue Begründung dieses Entscheids bleibt offenbar Staatsgeheimnis. Er ist aber gefällt worden und zu respektieren.
    Bleibt bloss zu hoffen, dass das Parlament während seiner Sondersession (für Parteifunktionäre und andere quasi Berufspolitiker kein finanzielles Problem, für Parlamentarier, die ihr Leben durch ehrliche Arbeit verdienen müssen hingegen schon) nicht dazu beiträgt, nun auch noch die UBS weltweil in Schwierigkeiten zu bringen!

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