Die 8. Biennale Weiertal in der Umgebung von Winterthur steht unter dem Titel «Common Ground» und präsentiert ab 21. Mai bis 10. September im idyllischen Garten und in der Galerie Werke von 17 national und international bekannten Künstlerinnen und Künstlern.
«Mit 17 künstlerischen Beiträgen wird der Garten im Weiertal zum Ort der Reflexion – und vielleicht gar zur Keimzelle gesellschaftlicher und politischer Utopien, die von hier aus in die Welt getragen werden.» Eine hehre Absicht. Jedenfalls bietet die 8. Biennale Weitertal künstlerische Positionen, die sich nicht so leicht erschliessen. Neuerdings erhalten die Besucherinnen und Besucher beim Eintritt eine Broschüre, in der die ausgestellten Werke detailliert vorgestellt und erklärt werden. Das erleichtert beim Rundgang die postulierte Reflexion.
Kuratiert hat die Ausstellung die Kunsthistorikerin Sabine Rusterholz Petko, die von 2008 – 2015 das Kunsthaus Glarus leitete und seit 2014 Mitglied der Kommission für Bildende Kunst der Stadt Zürich ist. Vertreten sind vorab jüngere Künstlerinnen und Künstler, die die Kuratorin ausgewählt hat und die in der Kunstszene über einen respektablen Bekanntheitsgrad verfügen. Der Titel der Ausstellung, «Common Ground», ein Begriff aus der Sprachwissenschaft, wurde gewählt, um auf neue Formen der gesellschaftlichen Teilhabe an sozialen und ökologischen Veränderungen aufmerksam zu machen. Als Beispiel nannte die Kuratorin an der Medienkonferenz den gemeinschaftlichen Aufbau urbaner Gärten.
Beim Rundgang dominiert bei den ausgestellten Werken eine öko- und umweltkritische Haltung, meist verbunden mit der Hoffnung, Mensch und Natur wieder in Einklang zu bringen. Nachstehend stellen wir einige Werke mit Bild und Kurztext vor, die Mut machen sollen, «unruhig zu bleiben und unseren Common Ground grundlegend neu zu denken»:
Für den grossen Teich hat Vanessa Billy eine fünf Meter lange, archaisch anmutende Skulptur mit dem Namen «Hellbender» geschaffen, das an ein prähistorisches Amphibium erinnert und vom Wasser an Land steigt. Sie versteht ihr Werk als «posthumanes Gedankenspiel», in der vermeintlich tote Materie zu neuem Leben erweckt wird.
Geräuschvoll geht es beim Werk «Wind of Change» von Nicolas Buzzi und Harmony zu und her. Auf einem dreibeinigen Stativ wurde eine transparente Fahne aus Polyester montiert, das im Wind beunruhigenden Lärm verursacht. In ihrer unüblichen Ausführung soll die als Instrument bezeichnete Skulptur den Raum für «utopische Vorstellungen und spekulative Gedanken» öffnen.
Als Ort für unterschiedliche Nutzungen haben Sarah Hablützel und Marko Mijarovic einen Pavillon aus rezyklierbaren Materialien und einem Stecksystem geschaffen, das einfach auf- und abgebaut werden kann. Das Werk trägt den Titel «Shared Space» und soll zur aktiven Auseinandersetzung mit der Verfügbarkeit von Ressourcen und deren Umgebung verhelfen.
Dunja Herzog präsentiert unter dem Titel «HUM IV» drei Bienenkörbe aus gebundenem Stroh, die im europäischen Mittelalter entwickelt wurden. Damit will die Künstlerin den Bienen im Gegensatz zu den heutigen Kisten aus Holz eine adäquate Behausung geben. Ihre Objekte sollen nicht nur als Skulpturen funktionieren, sondern auch eine zukünftige Nutzung ermöglichen.
Reto Pulfer hat einen ovalen Garten mit künstlich wirkendem Kies angelegt, in dem sich ein mit Brennnesseln und Goldruten bepflanztes Beet schlängelt. Seine Installation nennt der Künstler «Nesselschlange (Regenwurm)». Pflanzen und natürliche Zyklen spielen in Pulfers Schaffen eine zentrale Rolle – sei es als Künstler, Autor, Musiker, Performer oder Gärtner.
Schön aufgereihte ausgediente Autoreifen als florierendes Ökosystem? Für Brigham Baker bieten die Reifen ein utopisches Potential, wonach diese in ein paar Jahren vielleicht einen ökologischen Zweck wie jenen des benachbarten Weihers übernehmen und einen wertvollen Lebensraum für Tiere und Pflanzen schaffen.
Mit seiner steinernen Installation «Healing Pavillon» (Bild links) mit zwei gegenüberliegenden Sitzgelegenheiten will Sam Falls zur Heilung und zum harmonischen Umgang mit der Natur animieren. Die Sitze und Träger sind mit Terrazzo aus Edelsteinen anstelle traditioneller Materialien wie Marmor, Muscheln oder Glas gefüllt.
Thomas Julier hat im Biotop Weiertal mehrere Wildtierkameras installiert. Die geschossenen Bilder werden in der Cloud gespeichert und sind über einen entsprechenden QR-Code einsehbar. Dieser ist auf einem Emaille-Schild an einem Baum im Garten platziert. Mit einem Login können die Besucherinnen und Besucher die Schnappschüsse der Wildtiere, unter anderen Biber, hautnah mitverfolgen.
Erwähnenswert ist noch die Videoinstallation «Baummarder, Biber, Dachs…» im Gartenunterschlupf von Miriam Rutherfoord und Joke Schmid. Untermalt von Autobahnlärm zeigt das Video Szenarien, wie mit einfachen Mitteln (Äste, Tümpel, Gebüsch usw.) zerstörte Wildtierpassagen wiederhergestellt werden können.
Umrahmt wird die anspruchsvolle und durchwegs sehenswerte 8. Biennale Weitertal, die vom 21. Mai bis 10. September dauert, mit einem reichhaltigen Veranstaltungsprogramm mit Führungen, Sommerfest, Diskussionsforen, Lesungen und Film. Mehr Informationen unter www.biennaleweiertal.ch
Bilder: Linus Baur und Kulturort Weiertal