StartseiteMagazinKolumnenFünf Tage in der Klinik…

Fünf Tage in der Klinik…

…und die Welt kommt zu Dir. Es ist kurz vor 8 Uhr, mit strammem Schritt erscheint sie im Zimmer, aufrecht, vor sich hertragend das Tablett mit dem Morgenessen: «Haben Sie gut geschlafen? Einen wunderschönen Tag wünsche ich Ihnen. Wollen Sie am Tisch oder im Bett frühstücken, ist alles dabei, was Sie sich wünschen?», vorgetragen im breitesten Züridütsch. Ich bin darüber etwas erstaunt .«Können Sie mir das Brötchen aufschneiden, mein Gehänge am Arm behindert mich etwas?» «Das ist die Aufgabe der Pflege.» Sie tut es aber dann doch. «Übrigens, ich bin Dominique, stamme aus Trinidad, bin bei meinen Adoptiveltern im  Zürcher Oberland aufgewachsen.» Welch selbstverständlicher Auftritt. Bin irgendwie leicht beschämt.

Gegen 9 Uhr. Zwei Pflegerinnen erscheinen, stellen sich vor: «Ich bin die Miranda, einfach Miranda, ich bin im Hintergrund tätig, direkt betreuen wird Sie meine Kollegin.» Etwas scheu murmelt die wohl Jüngere ihren Namen. Ich frage nach. «Sagen Sie einfach Pica, das ist eine eigene Abkürzung eines etwas komplizierten Namens. Ich erahne aufgrund der Sprache und den für mich kaum lesbaren Namensschildern ihre wahrscheinliche Herkunft: Balkan. Bin wiederum etwas von mir selbst irritiert: mein Gwunder, ihre Zurückhaltung.

Gegen Mittag, bemerkenswerter Auftritt des Chirurgen mit einem seiner engsten Mitarbeiter. Die Untersuchung erfolgt äussert präzis, zielsichere Handgriffe, kurze, knappe Fragen. Wir kennen einander seit den Vorgesprächen, den Voruntersuchungen, der ersten Operation. Die osteuropäische Herkunft spielt keine Rolle, er ist weit über Zürich hinaus bekannt und höchst anerkannt. Er ist sehr zufrieden, verstreut Zuversicht: «Das kommt gut.» Er verabschiedet sich und sagt noch: «Mein Kollege wird mit Ihnen die heute anstehenden Massnahmen besprechen und vereinbaren. Wir sehen uns morgen wieder.» Der junge Chirurg stand bis jetzt im Hintergrund. Ich sehe ihn zum ersten Mal. Er tritt an mein Bett, stellt sich vor und ergänzt: «Ich bin Finne.» Ich bin weder irritiert, noch erstaunt, sondern fürs Erste erfreut. Nachdenklich werde ich erst später.

In den nächsten Tagen wechselt das Pflegteam immer wieder. Neue Menschen, neue Namen, neue Herkunftsländer, aus anderen Kontinenten gar. Diesmal ein schwarzer Mann im Hintergrund, eine junge Frau aus Heidelberg im Vordergrund. «Ich bin die Dagmar». Ja, die Dagmar.

Sie ist äussert mitteilsam, erzählt von sich aus, wie gut es ihr hier in der Schweiz gehe. «In Deutschland hatte ich 24 Patientinnen und Patienten allein zu betreuen, hier sind es 12, dafür ist der Lohn doppelt so hoch. Sie sei wegen der Liebe in die Schweiz gekommen, aber nicht nur. Sie wolle mit ihrem Freund hier heimisch werden.

Unbestritten: Unser Gesundheitswesen ist erstklassig, aber auch sehr teurer. Rund 84 Milliarden geben wir miteinander jährlich dafür aus. Für Familien – selbst im Mittelstand – sind die Krankenkassen-Prämien eine grosse Belastung geworden. Bundesrat Berset versuchte an allen Ecken und Kanten zu reformieren, faktisch ohne Erfolg. Es braucht eine Reform an Haupt und Gliedern, mit einer umfassenden Koordination zwischen allen Dienstleistern,  sichergestellt über ein Patientendossier, mit Familien gerechten Prämien und von uns allen: massvolle Ansprüche.

Schauen wir vor den Wahlen am 22. Oktober genau hin: Wählen wir die Politikerinnen und Politiker ins Parlament, die davon etwas verstehen und den Mut zu tiefgreifenden Reformen aufbringen. Und es ist ja nicht ausgeschlossen, dass die neue Gesundheitsministerin oder der neue Gesundheitsminister im Bundesrat das Gesundheitswesen in diesem Sinne reformieren wird.

Unser Gesundheitswesen ist auch schon lange nicht mehr schweizerisch, es ist international ausgerichtet mit Fachkräften, mit wunderbaren Menschen aus der ganzen Welt. Es hat so schon längst die Grenzen der Schweiz gesprengt. Die medizinische  Fachwelt ist zu unserem Nutzen bei uns heimisch geworden. Fünf Tage in der Klinik reichen aus, um das hautnah zu erleben.

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5 Kommentare

  1. BEWEGUNG, BEWEGEN LESE ICH IMMER:
    ich war ein Bewegungsmensch
    war immer so 3 x pro Woche aquafitten.Ich würde mich so gerne bewegen,aber ich habe jetzt Sauerstoff (nie geraucht)
    und auch sonst keine Kraft mehr.ich habe im Rücken 1 kg Stahl ein Pusch von einem Professor.
    Also bin ich steif,nach 4 x den ganzen Rücken öffnen.
    WIE KANN ICH MICH NOCH BEWEGEN—ich habe Physio einmal pro Woche

  2. Es kommen immer zu viele… Diese Aussage hört man immer wieder. Auch das: Die Einwanderung müsse begrenzt werden. Dieser Artikel zeigt es auf eindrückliche Art und Weise auf: Plötzlich ist man froh und dankbar, dass so viele gekommen sind, welche diejenigen Arbeiten erledigen, wo Schweizerinnen und Schweizer fehlen. Deshalb muss das «es kommen zu viele» relativiert und gut überlegt werden, welchen Parteien wir im Herbst die Stimme geben.

  3. ich war eben 3 wochen im beirksspital in biel. meine erfahrungen decken sich 1zu 1 mit dem, was anton schaller erzählt.
    bedenkt bitte, bei den wahlen nicht die einthemenpartei zu wählen, deren politik sich gegen die ausländerInnen richtet.

  4. Ich war jetzt auch eine Woche im USB (Universitätsspital) Basel, aber ich bin grundversichert. Deshalb kam ich nicht in den Genuss von persönlicher fast privater Pflege. Habe das auch nicht erwartet. Aber ich kann mir gut vorstellen, dass wenn ich besser versichert wäre, das in Basel auch so gemacht wird, wie Sie das beschreiben. Immerhin ich wurde gepflegt und bin froh, wieder zuhause zu sein, wo ich mich auskurieren kann.

  5. Zwischen Ihnen Herr Schaller und mir zeigt sich die weit offene Schere in der medizinischen Behandlung. Bei meinem letzten Spitalbesuch (neues Kniegelenk) in einem Privatspital in einem Zweibettzimmer erlebte ich, als nur Grundversicherte, die volle Wirkung der Zwei-Klassen-Medizin. Ebenso bei meinem Besuch auf der Notfallstation (Koliken) des Regionalspitals dieses Frühjahr. Unzureichende Aufklärung und Betreuung durch das medizinische Personal, schlechtes Essen und sogar Belustigung auf meine Kosten. Akteure waren überwiegend Ausländer*innen. Nur weil Personalmangel an Spitälern herrscht, müssen wir noch lange nicht jede/n ins Land lassen. Meine Meinung.

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