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Neuer Kurs beim Zürcher Ballett

Mit einem dreiteiligen Ballettabend startet die neue Ballettdirektorin Cathy Marston in ihre erste Saison am Zürcher Opernhaus. Mit einem Programm, das von unterkühlt über sehr berührend bis zum Broadway- Showtanz reicht. Und vom Publikum begeistert aufgenommen wurde.

Fast alles ist neu am Zürcher Ballett: Die Leitung, einen Grossteil der Compagnie – Cathy Marston konnte ihr Ensemble aus rund 3000 Bewerbungen auswählen – und irgendwie auch der «Sound». Ernsthafter und gradliniger. Was fehlt, sind diese kleinen humorvollen Aperçus, die anspruchsvollen Ballettproduktionen einen Hauch von Leichtigkeit geben können.

In «Infra» bewegen sich Figuren auf dem grossen LED-Band und Tänzerinnen und Tänzer manchmal fats zeitgleich auf der Bühne. (Opernhaus Zürich/Carlos Quezada)

Gestartet wird mit «Infra», einer Choreografie von Wayne McGregor, eine Mischung aus Technik, konzentrierten Bewegungen und sehr viel Distanz. Im Bühnenhintergrund läuft ein LED-Band in, wie es scheint, Endlosschleife, auch wenn Dramaturg Michael Küster vor der Vorstellung betonte, da sei alles individuell von Hand gesteuert. Analog dazu bewegen sich die sechs tanzenden Paare auf der Bühne und eine «Menschenmenge», die erst noch fast synchron mit den LED-Figuren agieren, dann – zum Glück – doch ausbrechen aus dieser Monotonie.

Szenenbild aus «Infra». (Opernhaus Zürich/Carlos Quezada)

Wayne McGregor ist ein Analytiker, der das Thema Tanz sehr klar und stringent angeht. Er, der von der Neurologie her kommt, seziert gewissermassen die Bewegungen der Tanzenden, ihre Interaktion. Der Titel «Infra» leitet sich vom lateinischen «darunter, unterhalb» ab und ist in mehrerer Hinsicht wörtlich zu nehmen. Entstanden 2005 nach den Londoner Bombenanschlägen, verbannt es die Menschen in den Untergrund, wohl einer U-Bahn. Auch die Emotionen, die Verletzlichkeit, werden überspielt durch die Hektik und Anonymität einer Grossstadt, werden unter die Oberfläche verbannt.

Das Bühnenbild von Julian Opie, also das animierte LED-Band, und die Musik von Max Richter mit elegischen Streicher- und Klavierklängen, verbunden mit elektronischen Geräuschen und ab und zu einem Pfiff einer Lokomotive – U-Bahn! – vermitteln zusammen mit den grau bis schwarzen Tenüs der Tanzenden diese Tristesse, die nach dem Attentat in London wohl herrschte. Bis zum versöhnlichen Schluss, wenn die LED-Schiene erlischt und sich ein Paar in einem berührenden Pas de deux findet.

Berührendes Erzählballett

Traurig beginnt auch Cathy Marstons «»Snowblind» nach einer Romanvorlage der amerikanischen Autorin Edith Warthon. Da ist der Mann (Charles-Louis Yoshiyama), gefangen in einer unglücklichen Ehe mit einer kränkelnden, vielleicht auch hypochondrischen Frau (Dores André). Es kommt, wie es kommen muss: Der Farmer Ethan verliebt sich in die junge, lebendige, fröhliche Haushalthilfe Mattie (Shelby Williams) und findet mit ihr ein kleines, verstecktes Glück. Bis Zeena, die Ehefrau die beiden ertappt und Mattie aus dem Haus weist. Mitten in den draussen tobenden Schneesturm.Das Dreiecksverhältnis in «Snowblind» ist banal und aufwühlend zugleich. Cathy Marston inszeniert es als bewegendes Familiendrama. (Opernhaus Zürich/Carlos Quezada)

Bereits in ihrem Opernhaus-Debüt zum Schluss der letzten Spielzeit, «The Cellist», erwies sich Marston als Meisterin des Handlungsballetts. Was sie mit «Snowblind» eindrücklich bestätigt. Ohne Pathos aber mit subtiler Eindringlichkeit bringt sie die an sich banale Dreiecksgeschichte auf die Bühne, setzt Gefühle, Charaktere, Natur in Musik und Bewegung um. Jede Figur spricht ihre eigene Tanzsprache, zusammen erst bilden sie das dramatische Geflecht, das beinahe in eine Katastrophe mündet. Oder ist es die Katastrophe, wenn sich die drei zum Schluss zusammenfinden, miteinander verbunden auch in der Zukunft? Oder aneinander gefesselt.

Lebensfreude und Musicalflair

Eine gute Portion Retro Charme versprüht der dritte Teil des Abend mit «Glass Pieces» des Choreografen Jerome Robbins. 1983 für das City Ballet New York kreiert, ist es eine temporeiche, farbige Mischung aus Ballett und Showtanz mit einer Prise Modern Dance. Der Komponist Philipp Glass gab der Choreografie nicht nur den Namen, die Minimal Music prägt den ganzen Ablauf, gibt die Dynamik, den Rhythmus, den Puls und im Grunde auch das Thema vor. Die Phlilharmonia Zürich mit Daniel Capps am Pult nahm die Impulse auf und setzte sie mitreissend in Szene.

Farbe, Bewegung, Rhythmus und eine reife Ensembleleistung – das sind die drei «Glascs Pieces». (Opernhaus Zürich/Carlos Quezada)

Robbins arbeitete im Umfeld des grossen George Balanchine, war dessen Ballettmeister am New York City Ballet, und dazu ein Bewunderer der altägyptischen Kultur. Diese biografischen Fakten verschmelzen in den dreisätzigen «Glass Pieces». Der erste Teil, «Rubric», thematisiert die Schnelllebigkeit und Anonymität der Stadt, einer Bahnhofshalle. Tänzerinnen und Tänzer gehen ohne Blicke nach rechts oder links ihres Weges, bewegen sich in einem urbanen Rhythmus, der sich wie von selbst steuert.

Fussvolk und die drei «Engel»-Paare in «Glass Pieces». (Opernhaus Zürich/Carlos Quezada)

Es sind drei Paare, «Engel» nannte sie Robbins, in glänzenden Ganzkörpertrikots, die dieses monotone Bewegungsmuster aufbrechen, mit ihren Pas de deux den Tanz in die Hektik bringen. Diese Attitüde wird im zweiten Teil verdeutlich. Während das Corps de Ballet als lebendiges Fries den Hintergrund bildet, tanzen Elena Vostrotina und Brandon Lawrence einen elegischen Pas de deux mit Gesten, wie sie auf Fresken aus dem alten Ägypten zu sehen sind.

Und dann der dritte Teil, so voller Dynamik und Energie, dass man sich in einer alten Broadway- Revue wähnt. Es ist ein Schlussfeuerwerk mit der ganzen, neu zusammengesetzten Compagnie wie aus einem Guss, mittreissend und farbig. Das Publikum war begeistert.

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